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■ Während Außenminister Klaus Kinkel in der Öffentlichkeit für ein weltweites Verbot von Anti-Personen-Minen eintritt, werden im Bundesetat Mittel für die Minenräumung zusammengestrichenGute Miene zum bösen Spiel

Während Außenminister Klaus Kinkel in der Öffentlichkeit für ein weltweites Verbot von Anti-Personen-Minen eintritt, werden im Bundesetat Mittel für die Minenräumung zusammengestrichen

Gute Miene zum bösen Spiel

Beim Thema Minen macht Außenminister Klaus Kinkel (FDP) gern gute Miene zum bösen Spiel. Weltweit präsentiert er sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit als der Vorreiter zur Ächtung von Landminen. Am 11. Dezember veranstaltet er auf dem Bonner Petersberg eine internationale Konferenz zum Thema Minenräumung mit 100 eingeladenen Experten. Erst im Juli stellte er ein 7-Punkte-Programm zum weltweiten Verbot von Anti-Personen-Minen vor. Dabei rief er: „Dieses Teufelszeug muß weg! Die Frage der Minenräumung muß höchste Priorität erhalten.“ Er wolle sich „trotz bestehender Haushaltszwänge“ persönlich dafür einsetzen, daß Minenräumprogramme weiter und stärker gefördert würden. Das wäre für den Außenminister eigentlich nicht weiter schwer: Schließlich gibt es im Etat des Auswärtigen Amts einen „Sonderfonds Auslandshilfe“, aus dem weltweit Minenräumprojekte finanziert werden: eine Minenräumschule in Kambodascha, Minenräumungen in Mosambik und Nicaragua sowie die Ausbildung Einheimischer in Minenräumtechnik in Laos und Guatemala. Das Räumen einer einzigen Mine kann bis zu 1.500 Mark kosten. Diese Projekte werden hauptsächlich von NGOs organisiert – Kinkel zahlt. Doch nicht mehr lange. Der Sonderfonds Auslandshilfe soll von 13 Millionen Mark auf 3 Millionen zusammengestrichen werden.

Dabei war der Fonds erst im vergangenen Jahr um zehn Millionen aufgestockt worden - allerdings nicht auf Initiative Kinkels, sondern durch einen interfraktionellen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Kinkel selbst hatte nichts unternommen, um mehr Geld für die von ihm so medienwirksam geforderte Ächtung von Minen zusammenzubekommen. Allerdings wurde der Vorschlag von SPD und Bündnisgrünen einstimmig im Haushaltsausschuß angenommen.

In diesem Jahr trauten die Landminenexperten der Opposition ihren Augen nicht, als sie sahen, daß im Haushaltsentwurf des Auswärtigen Amts wieder nur drei Millionen für den Sonderfonds vorgesehen waren. Es folgte die gleiche Prozedur wie im letzten Jahr: Antrag, Abstimmung – und diesmal Ablehnung mit den Stimmen der Regierungskoalition. Begründung: allgemeiner Sparzwang. Volker Kröning, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitinitiator des Oppositionsantrags, beklagt daher „die deklamatorische Politik der Koalition, hinter der keine Tat und kein Anstand mehr steht“. Der Initiativkreis für das Verbot von Landminen, dem unter anderem Unicef, terre des hommes und medico international angehören, hält die Kürzung für einen „schweren Vertrauensverlust der Bundesregierung“. Die deutsche Vorreiterrolle sei dadurch „unglaubwürdig geworden“. Der Kürzung von zehn Millionen Mark bei der Minenräumung stehen im Bundeshaushalt 1997 Ausgaben von offiziell 63,35 Millionen für Entwicklung und Beschaffung von Minen gegenüber. Dieser Zahl ist allerdings zu mißtrauen, denn im Einzelplan 14 (Verteidigungsetat) sind insgesamt 230 Millionen Mark für Minen versteckt. Der Einzelplan gliedert sich in verschiedene Kapitel, deren Inhalt nur den Bundestagsmitgliedern zugänglich ist. Angelika Beer von den Bündnisgrünen hat daraus die versteckten Ausgaben für Minen aufgelistet: Unter dem Posten „Beschaffung von Munition“ finden sich Ausgaben in Höhe von 69 Millionen Mark für „diverse Panzerabwehrminen“. Das Kapitel „Wehrtechnische Forschung und Technologie“ sieht Ausgaben für Minensysteme und Minenabwehr in Höhe von 12,6 Millionen Mark vor. Für den Minenräumpanzer „Keiler“ sollen im nächsten Jahr 72 Millionen Mark ausgegeben werden (Kapitel: „Beschaffung von Kampffahrzeugen“). Dieses Geld kann nicht einer Minenräumung im Kinkelschen Sinne zugeordnet werden, weil der „Keiler“ nicht flächendeckend räumen, sondern nur Schneisen schlagen kann. Bei ihm handelt es sich um ein Minenräuminstrument für militärische und nicht für zivile Zwecke. Schließlich sind 76 Millionen Mark vorgesehen für die Beschaffung von Wasserminen und Minenjagdbooten (Kapitel: „Beschaffung von Schiffen“). Die Bündnisgrünen wollen beantragen, daß diese Mittel ersatzlos gestrichen werden.

Humanitäre Organisationen fordern nun, daß Deutschland endgültig auf Beschaffung, Herstellung, Erforschung und Export von Minen verzichten sollte. Jährlich würden 20.000 Menschen durch Minen getötet oder verstümmelt. Florian Gless

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