WWF-Studie zum Ökolandbau: Wo der Biene was blüht
Laut WWF schützt der Öko-Landbau die Vielfalt von Ackerpflanzen – was wiederum Insekten freut. Der Industrieverband Agrar widerspricht.
Bei der Untersuchung verglichen Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) aus dem brandenburgischen Müncheberg zur Hauptblütezeit im Juni und Juli 155 Ackerflächen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg miteinander. Es handelte sich dabei um drei Schutzäcker (Äcker, die weiter bewirtschaftet werden, doch deren Pflanzen im Rahmen des Naturschutzprojekts „100 Äcker für die Vielfalt“ langfristig vertraglich oder rechtlich geschützt werden), 89 Felder ökologischer und 66 Felder benachbarter konventioneller Betriebe.
Auf allen Ackerflächen wurde Getreide angebaut, unter anderem Weizen und Gerste. Es wurde darauf geachtet, dass alle Flächen ähnliche Bodenbedingungen aufweisen, also ein ähnliches Ertragspotenzial haben.
Auf Flächen, auf denen Wildblumen die Artenvielfalt bereicherten, fänden auch „Hummel und Biene länger einen reich gedeckten Tisch, denn Kornblume, Lämmersalat oder Feld-Rittersporn blühen zu unterschiedlichen Zeiten“, erklärt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz des WWF Deutschland. Die landwirtschaftliche Ertragssteigerung, die vor allem durch Pestizide, Mineraldünger und eingeengte Fruchtfolgen erreicht wird, hat einen drastischen Rückgang dieser Arten verursacht.
Konventioneller Anbau braucht weniger Fläche
Kritiker widersprechen dieser Betrachtung. Der Sprecher des Industrieverbands Agrar (IVA), Martin May, sagte der taz, dass ökologische Landwirtschaft auf der jeweiligen bewirtschafteten Fläche zwar mehr Artenvielfalt garantiere, doch im globalen Kontext gehe dadurch insgesamt mehr Vielfalt verloren. Er verwies dabei auf die Studie „Produktive Landwirtschaft schont natürliche Ressourcen“ des IVA.
Durch höhere Erträge beim konventionellen Anbau können mehr Arten geschützt werden, heißt es dort, da so keine neuen Nutzflächen erschlossen werden müssen. In Deutschland bestehe ein Produktionsüberschuss, der es ermögliche, die Erträge in andere Länder zu exportieren. Da der ökologische Landbau ineffizienter ist, verursache er pro Ertragseinheit einen um 55 Prozent größeren Artenverlust.
„Artenvielfalt ist eine der wertvollsten Ressourcen unseres Planeten und sie muss lokal, wie global geschützt werden“, sagt Markus Wolter vom WWF. „Wir haben in Deutschland andere Artenvorkommen als in Übersee, und in Brandenburg ganz andere als in Bayern. Mit den Methoden der intensiven Landwirtschaft werden wir den Verlust der Artenvielfalt in Deutschland nicht aufhalten. Der Abwärtstrend über fast alle Arten hinweg würde weitergehen.“
Die genauen Folgen, die die Zerstörung der heimischen Ökosysteme mit sich bringe, ließen sich nur schwer absehen und diese Sichtweise sei nicht nachhaltig. „Wir benötigen eine Landwirtschaft, die die Artenvielfalt auf den Äckern und Wiesen schützt“, so Wolter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja