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WM-Vorbereitung in BrasilienSoziale Säuberung für reiche Fans

Für die WM 2014 wurden in Brasilien viele Armenviertel geräumt. Das nächste Opfer: Rios Indianermuseum. Es soll dem neuen Maracanã-Stadion weichen.

Der Ausbau der brasilianischen WM-Stadien hat seinen Preis – besonders für die Armen, besonders in Rio. Bild: reuters

RIO DE JANEIRO taz | „Als wir die Baumaschinen hörten, war es schon zu spät,“ berichtet der Tupi-Sprachlehrer José Guajajara. „Nachdem wir aufgewacht waren und nachschauten, war schon ein Teil der Außenmauer des Gebäudes eingerissen. Wir dachten sofort, jetzt werden auch wir geräumt.“

José Guajajara gehört zu einer Gruppe von Indígenas, die vor sechs Jahren das Gelände des früheren Museu do Índio – des Indianermuseums in Rio de Janeiro besetzten. Es liegt unmittelbar neben dem legendären Maracanã-Stadion, das im Vorfeld der Fußball-WM 2014 zu einer riesigen Baustelle mutiert ist. Im Namen des Sports wird die ganze Umgebung herausgeputzt, und alles, was weder den Touristen noch dem Geschäft dient, muss nach Willen der Stadtregierung weichen.

Obwohl um den geplanten Abriss des Museums noch vor Gericht gestritten wird, rückte der Bautrupp am vergangenen Samstag unangemeldet an. Die Arbeiten gingen zu Beginn dieser Woche weiter, „sie haben auch schon eine ganze Reihe von Bäumen gefällt,“ beklagt Guajajara. Bauleiter Mauro Bonelli zufolge soll zunächst nur ein kleiner Teil des 14.000 Quadratmeter großen Geländes in Anspruch genommen werden, berichtete die staatliche Presseagentur Agência Brasil.

Das Tauziehen um das Museum ist nur ein Aspekt der Streitigkeiten um das Maracanã. Seit die Regierung ankündigte, den populären Fußballtempel zu privatisieren, sind Fans, Anwohner und eine breite Stadtteilbewegung auf den Barrikaden.

„Das ganze Projekt des neuen Maracanã hat einen elitären Charakter und zielt auf Ausgrenzung ab,“ so Gustavo Mehl vom Volkskomitee WM und Olympiade. Ziel sei es, den brasilianischen Fans europäische Normen aufzudrücken und ärmeren Leuten den Zugang zum Stadion zu erschweren.

Eine soziale Säuberung ganzer Stadtteile

Regina Rissi vom Verband der Ambulanten Händler kritisierte, dass der Umbau Rio de Janeiros für die kommenden sportlichen Großereignisse die arbeitende Bevölkerung außen vor lasse. „Wir werden vertrieben und haben kaum noch Platz zum Arbeiten. Es handelt sich um eine soziale Säuberung ganzer Stadtteile,“ sagte die Aktivisten gegenüber der Presseagentur Pulsar.

Die Fifa-Auflagen, ähnlich restriktiv wie 2010 in Südafrika, sind mittlerweile in einem heftig diskutierten WM-Gesetz festgeschrieben worden. In und um die Sportstätten herum dürfen nur Fifa-Sponsoren wirtschaften, nur sie dürfen auf den Anfahrtswegen Werbung betreiben. Auch die Stadien des Fußballlandes Brasilien entsprachen zunächst nicht den Fifa-Maßstäben.

So werden an den zwölf Austragungsorten neue Stadien errichtet oder bestehende von Grund auf erneuert. Die Steuerzahler müssen dafür über 10 Milliarden Euro zahlen, obwohl in Städten wie Cuiabá oder Manaus nicht einmal Zweitliga-Mannschaften existieren.

Protest lösen aber vor allem die Begleiterscheinungen aus: Allerorten wurden Armenviertel geräumt, und angesichts der geplanten Eintrittspreise werden die meisten Brasilianer die Spiele nur vor dem Fernseher verfolgen können.

Das Maracanã, das 1950 bei der dramatischen WM-Endspielniederlage Brasiliens gegen das kleine Nachbarland Uruguay noch 200.000 Zuschauer fasste, wird auf ein Drittel seiner damaligen Größe schrumpfen. Es wird keine Stehplätze mehr geben, dafür aber 360 Überwachungskameras, die jeden Zuschauer schon beim Eintritt ins Stadion erfassen sollen. Gleich neben der Arena wird ein neues Einkaufszentrum entstehen, einschließlich einer Kneipenmeile und Parkhäusern.

Den geplanten Neubauten sollen neben einigen bestehenden Sportanlagen und einer Schule auch das historische Gebäude des Indígena-Museums weichen. 1862 erbaut, beherbergte es zuerst die Behörde zum Schutz der Indígenas, bis dort 1952 das Museu do Índio gegründet wurde.

Nach dessen Umzug in einen anderen Stadtteil entstand auf dem Gelände das „Indígena-Dorf Maracanã“, in dem heute Angehörige mehrerer lokaler Ethnien wohnen, unter anderem der Guaranis, Tupis und Kaingangs. Sie wollen sich nicht vertreiben lassen, und den historischen Ort weiterhin als Treffpunkt von Indígenas aus dem ganzen Land erhalten.

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3 Kommentare

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  • Z
    zensiert

    ist fifa nun ein fußballverband oder eine firma?

    was zum teufel haben auflagen, wer wo werbung macht und in was für einem umkreis um stadien wer was verkauft mit fußball zu tun?!

     

    reichlich makaber, dass ein ereignis, welches die menschen eigentlich friedlich zusammenbringen sollte, so viel faden beigeschmack behält und soviel negative nachrichten verbreitet...

  • V
    valeria

    In Brasilien haben manche von "unten" heute mehr Moeglichkeiten als in BRD oder USA: Ein (pech) schwarzer Junge wird Laufbote in einer Zeitung (Correo Brasiliense, Brasilia), studiert Jura, beginnt einer Karriere im Auswaertigen Dienst. Wird Diplomat in Brasiliens Botschaften in EU. Studiert noch einmal in Frankreich. Spricht 5 Sprachen - auch das Deutsch. Heute is JOAQUIM BARBOSA der Praesident der Bundesgerichtes Brasiliens. Ein Maedchen in der Rio Favela "Rocinha" sammelte Altpapier mit ihrer Familie. Heute ist die Chemikerin GRACA FOSTER - die Vorsitzende des Verwaltungsrates von PETROBRAS (3. Oelgesellschaft der Welt). Ein Maedchen zapfte Gummi im Amazonaswald, arbeitete spaeter als Dienstmaedchen im einer Stadt im Hinterland, studiert, promoviert in Soziologie. Wird Ministerin in der Bundesregierung - MARINA DA SILVA (leider durch wechselhafte ideologische und religioese Orientierung nun nicht mehr ernsthaft angesehen).---- "Only in Brazil!"

  • JZ
    jan z. volens

    In Brasilien herrscht Mangel an Bauarbeitern, Lastwagenfahrern, Haushaltangestellte, Ingenieure, Mediziner. Man will Busfahrer von Bolivien anwerben. Illegale Einwanderer von Haiti - mit Bauerfahrung wurden sofort von einer Firma angestellt. In den Megastaetten hat sich viel faules Lumpenproletariat eingenisted und improvisierte Wohngelegenheiten auf oeffentlichen oder privaten Flaechen gebaut. Die jungen Maenner in den Favelas lehnen Ausbildung und Stellenangebote ab. Bisher ist alles in Brasilien noch improvisiert worden - aber jetzt entsteht ein gut organisiertes Brasilien: 100,000 Studenten bekommen Stipendien fuer Universitaeten im Ausland (auch BRD), Korrupte Politiker (auch von der Regierung der Praesidentin ) gehen fuer 10+Jahre in Haft, die "Kitas" fuer Kleinkinder werden ueberall organisiert. Die jungen Indianer fuegen sich auch ein und studieren und funktionieren in der modernen Gesellschaft.