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WAS DIE REGIERUNG SO UNPOPULÄR MACHT, IST IHR POPULISMUSDümmer, als das Volk erlaubt

Sigmar Gabriel ist der SPD-Politiker, den es am meisten betrifft – darum findet er klare Worte: Die Bundesregierung hat „den Zusammenhang zwischen ihren einzelnen Maßnahmen“ nicht deutlich gemacht. Falsch ist allerdings Gabriels Behauptung, die Berliner Genossen hätten dies bloß „versäumt“. Mit Absicht wollten die SPD-Strategen das ganze Ausmaß der nötigen Reformen verschleiern – in dem irrigen Glauben, sie könnten damit ihrer Partei in Niedersachsen und Hessen bei den anstehenden Landtagswahlen helfen.

Doch die Wähler sind intelligenter, als es die Politik erlauben will. Dass ihnen die beiden Volksparteien vor der Bundestagswahl reinen Wein einschenken würden, haben sie nicht im Ernst erwartet. Dass die SPD den Umbau des Sozialstaats aber schon wieder bis zum nächsten Wahltermin vertagt, versteht keiner. Höhere Beiträge und Steuern ließen sich leichter ertragen, wären sie mit einer langfristigen Perspektive verbunden. Ein konzeptionsloses Bündel von Maßnahmen, das bestenfalls ein paar Monate Bestand hat, ist hingegen nicht überzeugend. Und wer soll jetzt noch glauben, dass die Tatkraft der Regierung nach den Landtagswahlen tatsächlich erwacht?

Was die Regierung so unpopulär macht, ist ihr bemühter Populismus. Das System Müntefering, der offen zur Schau gestellte Zynismus der Macht, stößt an seine Grenzen. Mehrheiten beschaffen, Abgeordnete zurechtweisen, den Koalitionspartner einschüchtern: das reicht, die Macht zu erobern – für erfolgreiches Regieren reicht es nicht. Das Beispiel Rente zeigt, dass man von der eigenen Kurzsichtigkeit nicht auf die der anderen schließen darf: Schröder wollte die Rentenerhöhung nicht verschieben und setzte lieber die Beiträge herauf. Jetzt muss er sich von den Demoskopen belehren lassen, dass sogar eine Mehrheit der Rentner den umgekehrten Weg besser gefunden hätte.

Nach dem Murks bei der Sozialversicherung steht in dieser Woche der Haushalt auf der Tagesordnung. Für die Regierung ist es die letzte Gelegenheit, endlich den Mut zur Wahrheit aufzubringen. RALPH BOLLMANN

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