Vorzeitiges Aus für SR-Intendant: Platz frei
In drei Wochen steht beim Saarländischen Rundfunk die Intendant*innenwahl an. Die Nachfolge schien klar. Doch nun tauchen neue Anwärter auf.
Im Saarland gibt es drei Dinge, deren Bestand heilig ist und an denen niemand vorbeikommt. Das sind die Saarbrücker Zeitung, der 1. FC Saarbrücken und natürlich der Saarländische Rundfunk (SR). In rund drei Wochen, am 22. Februar, sind beim SR Intendant*innenwahlen.
Und diese Wahl könnte etwas unübersichtlich werden. Dabei schien zunächst alles klar. Amtsinhaber Thomas Kleist, eigentlich noch bis 2023 gewählt, macht vorzeitig zum April 2021 Platz. Damit der oder die Neue für die gesamte nächste Rundfunkbeitragsperiode ab diesem Jahr im Amt sei und „dem SR eine gute strategische Ausgangsposition“ sichere, so Kleist im September 2020.
Da war gerade der neue ARD-interne Finanzausgleich geschnürt, mit dem der Senderverbund seine kleinen Anstalten Radio Bremen und SR über Wasser hält. Nachdem die eigentlich sicher geglaubte Beitragserhöhung zumindest vorerst versenkt wurde, muss Kleists Nachfolger*in jetzt einen SR in schwerer See übernehmen.
Wobei das Gendersternchen eigentlich unnötig ist. Jedenfalls wenn es nach Kleist geht, der seit 2011 den SR leitet. Dass der scheidende Intendant und Ex-Staatssekretär (SPD) gerne SR-Chefredakteurin Armgard Müller-Adams als Nachfolgerin sähe, ist im SR offenes Geheimnis. Müller-Adams hat vor dem chefjournalistischen Job bis Herbst 2019 für Kleist die Intendanz geleitet. Die beiden stehen sich nah. Dieser Umstand sorgte für Gegenwind.
Und hier kommt die Saarbrücker Zeitung ins Spiel. Kurz vor Weihnachten erschien da ein langer Riemen, der Müller-Adams ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellte. Von „mieser Stimmung“ und „Klima der Angst“ war ohne konkrete Beispiele die Rede. Von ähnlich schwammiger Kritik an ihrem Führungsstil. Und von den Männern, die auch zur Wahl stehen und denen zumindest in dem Beitrag so gar nichts Übles nachgesagt werden konnte. Über ein Dutzend Kandidat*innen haben sich beworben.
Großer Bruder des SR
Bekannt sind die Namen von Martin Grasmück, aktuell Hörfunk- und stellvertretender SR-Programmdirektor, und Andreas Weber. Der ist zwar Programmchef beim Deutschlandradio, gilt aber hausintern auch als SR-Gewächs, weil er bis 2006 in diversen Funktionen auf dem Halberg unterwegs war. Dazu gesellt sich nach taz-Informationen noch ARD-Chefredakteur Rainald Becker. Der stammt zwar vom Niederrhein, läuft aber nach ARD-Logik auf einem SWR-Ticket, weil er seit den 1980er Jahren bei der Südwestanstalt schafft.
Becker ist als ARD-Chefredakteur König ohne Land und hat in der ARD-Programmdirektion in München eher undankbare Koordinationsaufgaben zwischen den Anstalten zu verrichten. Dass da ein Intendant*innenstühlchen lockt, ist verständlich.
Der SWR ist nun wieder der große Bruder des SR. SWR-Intendant Kai Gniffke schreckte vor drei Wochen die Gemüter auf, weil er weitreichende Kooperationen zwischen der zweitgrößten und der zweitkleinsten ARD-Anstalt vorschlug. Beide sollten über übergreifende Strukturen auf Direktionsebene in Produktion und Verwaltung nachdenken, so Gniffke im Fachdienst DWDL, dabei „darf es auch keine Tabus geben“.
Die journalistische Eigenständigkeit der Sender werde natürlich nicht angetastet, „damit eine klare Identität für Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland erhalten“ bleibe. „Fusion ohne Fusion“ war das DWDL-Interview betitelt. „Volle Breitseite aus Stuttgart gegen den SR“ schlagzeilte die Saarbrücker Zeitung zurück. Auch Kleist äußerte sich in der Presse mit Abscheu und Empörung.
Allein, was Gniffke sagt, hat Hand und Fuß. Und war wohl weitestgehend mit Kleist abgesprochen, auch wenn Gniffke mit einigen Formulierungen übers Ziel hinausschoss. Im Umfeld der SR-Führung wird eher darauf verwiesen, dass der Vorstoß eigentlich erst nach der Intendant*innenkür kommen sollte. Denn mit Armgard Müller-Adams steht genau die Frau zur Wahl, die die im Gniffke-Vorschlag gemeinte „journalistische Intendanz“ beim SR verkörpern könnte.
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