Vorwurf der Vetternwirtschaft: Freispruch für Pharmakontrolleur
Der Pharmakontrolleur Peter Sawicki ist rehabilitiert. Der Vorwurf der Vetternwirtschaft ließ sich nicht beweisen. Er beging nur "formale" Fehler.
BERLIN taz Bei einem solchen Vorwurf bleibt immer etwas hängen. Zumindest darauf darf die Pharmalobby spekulieren - mehr wohl aber derzeit auch nicht. Denn einer ihrer erbittertsten Kritiker ist seit Montagabend öffentlich rehabilitiert: der Mediziner Peter Sawicki, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Das Institut, 2004 von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) gegründet, überprüft Medikamente und Behandlungsmethoden auf ihren tatsächlichen Nutzen. Es hat damit großen Einfluss darauf, was von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird - und was eben nicht.
Ende vergangenen Jahres wurden Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen den Pharmakontrolleur Sawicki laut. Das IQWiG soll, so der Vorwurf, Aufträge unrechtmäßig vergeben haben - auch an eine Einrichtung, an der Sawickis Ehefrau beteiligt ist. Die Wirtschaftsprüfer von der BDO Deutsche Warentreuhand AG wurden eingeschaltet, um die Vergabepraxis des IQWIG zu überprüfen.
Am Montagabend stellte nun der IQWiG-Vorstand, in dem unter anderem das Gesundheitsministerium, die Ärzte und die Krankenkassen vertreten sind, den Bericht der Wirtschaftsprüfer vor: Es habe "formale Fehler" gegeben, referierte Gernot Kiefer vom IKK-Bundesvorstand. "Persönliche Vorteilsnahme oder Begünstigung wurden nicht festgestellt." Der Vorstand habe Sawicki "ermahnt", so der Krankenkassenmann Kiefer weiter. "Und wir haben klipp und klar festgestellt, dass das Vertrauensverhältnis mit Professor Sawicki weiterhin gegeben ist."
In sechs Fällen haben die Wirtschaftsprüfer in der Aufbauphase des Instituts die Vergabe von Aufträgen als "kritisch" eingestuft, zwei davon betreffen das Institut für evidenzbasierte Medizin (DIeM), das Institut von Sawickis Frau. Aufträge, die an dieses Institut vergeben werden, müssen vom Vorstand genehmigt werden, so steht es in Sawickis Arbeitsvertrag. In zwei Fällen vergaben externe Institute, die vom IQWiG mit Expertisen beauftragt wurden, Unteraufträge an das DIeM - genehmigt hat das der Vorstand nicht.
Sawicki selbst betont nach wie vor, "in bestem Wissen und Gewissen" gehandelt zu haben. "Aus heutiger Sicht hätten in einigen Fällen aber durchaus die Abläufe besser gestaltet werden können", erklärte er am Dienstag noch einmal.
Um die zahlreichen Prüfaufträge abzuarbeiten, brauche das IQWiG objektive Stellungnahmen, gab am Montagabend der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andras Köhler, zu bedenken, der wie Kiefer im IQWiG-Vorstand sitzt. "Doch unabhängige medizinische Forschung haben wir in Deutschland kaum." Für solche Aufträge kämen vielleicht sechs oder sieben Einrichtungen in Frage. Die anderen sind von Mitteln der Pharmaindustrie abhängig. Und die übt massiven Druck auf Gutachter aus: "In zwei Fällen sind Drohungen erfolgt", sagte Köhler, "die Drittmittel zu stoppen, wenn Aufträge für das IQWiG bearbeitet werden."
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