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Hermann KantVorwurf: Stasi

Hermann Kant wurde 1926 in Hamburg als Sohn eines Gärtners geboren. Nach seiner Rückkehr aus polnischer Kriegsgefangenschaft wurde der gelernte Elektriker 1949 Bürger der DDR, Mitglied der SED und Germanistik-Student an der Ostberliner Humboldt-Universität. Sein erster Roman, „Die Aula“ (1965), verhalf ihm aufgrund seiner Ironie zu außerordentlicher Popularität. Marcel Reich-Ranicki lobte den Erstling als „runden und lesenswerten Roman“, kritisierte jedoch, dass die Anekdote Kants „ständiger Schlupfwinkel“ sei. 1972 erschien der Roman „Das Impressum“. An ihm bemängelte selbst die DDR-Kritik, gesellschaftliche Konflikte würden durch artistische Brillanz und Witzelei verharmlost. In seinem dritten Roman „Der Aufenthalt“ (1977) reflektiert Kant die Erfahrungen eines deutschen Soldaten in polnischer Kriegsgefangenschaft. 1978 trat Kant an die Spitze des DDR-Schriftstellerverbands. Später folgte ein Sitz in der Volkskammer, ab 1986 gehörte Kant dem Zentralkomitee der SED an. Mit Kants Verbandspräsidentschaft verbunden bleibt der Exodus zahlreicher Schriftsteller und Künstler. Die Vorwürfe, er habe für die Stasi gearbeitet, wies Kant stets zurück. Obwohl er Ende 1989 vom Vorstand mit großer Mehrheit bestätigt wurde, trat er von der Führung des Schriftstellerverbandes zurück. Seit 1992 muss Kant mit dem Vorwurf leben, er hätte nicht nur als DDR-Kulturfunktionär offiziell, sondern auch als IM verdeckt mit der Stasi zusammengearbeitet. Sein letzter Roman „Okarina“ erschien im Frühjahr 2002 und erzählt die Lebensgeschichte eines Mannes, die Kants eigener Geschichte äußerst nahe kommt.

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