Vorwurf Mitglied in Terrororganisation: Deutscher in Türkei verurteilt
Patrick K. sei zum Wandern in der Türkei gewesen, sagt seine Familie. Ein Gericht verurteilte ihn wegen Mitgliedschaft in der YPG-Miliz.
Sein Anwalt Hüseyin Bilgi sagte gegenüber der Deutschen Presseagentur, er werde das Urteil anfechten. Die angeblichen Beweise gegen Patrick K. seien nicht stichhaltig.
Der Verurteilte war im März im türkisch-syrischen Grenzgebiet in einem militärischen Sperrgebiet aufgegriffen und in U-Haft genommen worden. Laut Staatsanwaltschaft hat ein Zeuge Patrick K. im Januar dieses Jahres in einer YPG-Uniform als Arzt in einem syrischen Krankenhaus gesehen.
Außerdem habe sich auf seinem Handy eine Email befunden, mit der sich K. der YPG als Kämpfer angeboten habe. Laut Anklage hat er zugegeben, in Deutschland von zwei Personen für die YPG angeworben worden zu sein.
Die Familie des Verurteilten sagte dagegen der dpa, Patrick K. habe mit der YPG nichts zu tun. Er sei zum Wandern in der Türkei gewesen. Im Januar, als ihn ein Zeuge in YPG-Uniform in Syrien gesehen haben will, sei K. in Deutschland gewesen. Er sei auch nicht Arzt, sondern Schreiner. „Vielleicht hat er eine Aussage in Türkisch unterschrieben die er gar nicht verstanden hat“, sagte seine Mutter.
Altmaier in der Türkei
Das Urteil gegen Patrick K. fiel just am zweiten Besuchstag von Peter Altmaier in Ankara. Der Bundeswirtschaftsminister hatte zwar vor seiner Reise zugesagt, sich für Gefangene in der Türkei einsetzen zu wollen, allerdings nur im persönlichen Gespräch hinter verschlossenen Türen.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Im Fall Patrick K. gibt es bislang auch kaum öffentlichen Druck in Deutschland. Der Fall ist wenig bekannt und ist in der deutschen Öffentlichkeit nicht von politischen oder persönlichen Freunden zum Thema gemacht worden.
Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes ist Patrick K. einer von fünf Deutschen, die in der Türkei aus politischen Gründen in Haft sitzen. Soweit bekannt, handelt es sich bei den anderen vier Gefangenen um Deutsche mit einem türkischen Migrationshintergrund oder um Deutsche, die zusätzlich einen türkischen Pass haben.
Bis auf einen Fall, in dem die Staatsanwaltschaft dem Betroffenen Mitgliedschaft in der Gülen-Sekte vorwirft, geht es um die angebliche Unterstützung der PKK oder einer türkischen kommunistischen Partei.
Noch im vergangenen Jahr hatte der damalige Außenminister Sigmar Gabriel wegen der Inhaftierung verschiedener Deutscher mit einem Tourismus-Boykott und der Einschränkung von Hermes-Bürgschaften reagiert. Nach der Freilassung der bekanntesten Gefangenen Deniz Yücel, Peter Steudtner und Meşale Tolu strebt die Bundesregierung jetzt jedoch wieder eine Normalisierung der Beziehungen mit der Türkei an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Krieg in Gaza
Kein einziger Tropfen sauberes Wasser