Vorwürfe gegen Ex-Chef von Rabbi-Schule: Zentralrat will Abberufung Homolkas

Der Gründer der Potsdamer Rabbinerschule Abraham-Geiger-Kolleg soll seine Position genutzt haben, um Vorwürfe gegen seinen Partner zu vertuschen.

Eingang zum Abraham-Geiger-Kolleg

Eingang zum Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam Foto: Jürgen Ritter/imago

BERLIN epd/dpa | Der Zentralrat der Juden sieht Vorwürfe gegen Walter Homolka, den Gründer der Potsdamer Rabbinerschule Abraham Geiger Kolleg, bestätigt und fordert seine Abberufung von bisherigen Ämtern. Der Zentralrat veröffentlichte am Mittwoch die Zusammenfassung einer Untersuchung zu dem Fall. Im Raum steht, dass Homolka einen mutmaßlichen Übergriff seines Lebenspartners vertuscht habe, der zeitweilig am Kolleg angestellt war. Homolkas Lebenspartner soll einen pornographischen Clip an einen Studenten verschickt haben.

Im Gutachten vom Mittwoch geht es nicht um die Vorwürfe gegen den Lebenspartner, sondern nur um die gegen Homolka. Nach Auffassung der Gutachter sei bei mehreren Delikten, unter anderem Nötigung und Vorteilsannahme, mindestens der Anfangsverdacht einer Straftat gegeben, hieß es.

Homolka bestreitet die Vorwürfe weiter vehement. Er hatte am Dienstag über seinen Anwalt erklärt, dass er die Veröffentlichung der Ergebnisse durch den Zentralrat für vorschnell halte, und mögliche rechtliche Schritte in den Raum gestellt.

Ein Verbleib von Homolka in seinen bisherigen Ämtern sei mit diesem Ergebnis nicht denkbar, erklärte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster. Am Abraham-Geiger-Kolleg herrschte laut Untersuchung eine in der Struktur angelegte „Kultur der Angst“. Schuster forderte vor diesem Hintergrund „einen umfassenden Neuanfang“. Der vorliegende Vorschlag zur Gründung einer Ausbildungsstiftung sei nicht geeignet, das Problem zu lösen.

Rabbinerausbildung künftig ohne Homolka

Das Bundesinnenministerium und das brandenburgische Wissenschaftsministerium forderten vor dem Hintergrund der Untersuchungsergebnisse ebenfalls einen „klaren Schnitt zu der bisherigen Struktur“. Die vorliegenden Vorschläge des Geiger-Kollegs entsprächen diesem Erfordernis nicht, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Die Vorwürfe des Machtmissbrauchs und der sexualisierten Belästigung am Abraham-Geiger-Kolleg waren im Mai in einem Bericht der Welt öffentlich worden. Homolka war der Gründer und Rektor des Rabbinerkollegs und auch Vizedirektor der School of Jewish Theology an der Universität Potsdam, die bei der Rabbinerausbildung mit dem Geiger Kolleg zusammenarbeitet. Die Uni kam in einer eigenen Überprüfung zu dem Schluss, dass sich der Vorwurf von Machtmissbrauch am Institut für Jüdische Theologie bestätigt habe – nicht aber der Vorwurf der Duldung sexualisierter Belästigung.

Das Abraham Geiger Kolleg hat unterdessen die Gründung einer Stiftung als Trägerin der Rabbinerausbildung angekündigt. Deren Struktur sehe „eindeutige Mitwirkungs- und Kontrollregelungen“ vor, teilte Interims-Direktorin Gabriele Thöne in Potsdam mit. Geplant seien Aufsichtsgremien für religiöse und Verwaltungsfragen.

Homolka wird der Stiftung den Angaben zufolge nicht angehören. Er werde sich künftig der Forschung und der Tätigkeit als Professor der Universität Potsdam widmen, hieß es. Die Leitung der Rabbinerausbildung gehe 2023 in neue Hände über. „Wichtig ist, dass das Rabbinerseminar seine Arbeit ungestört und erfolgreich fortsetzen kann – progressiv und unabhängig“, erklärte Homolka.

Das Rabbinerseminar an der Universität Potsdam wurde 1999 gegründet und bildet seit 2001 Geistliche der liberalen Strömung des Judentums aus.

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