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Vorwahlkampf der US-DemokratenEnde der Gemeinsamkeit

Die TV-Debatte der KandidatInnen für das Präsidentenamt hat etwas von einer Schlammschlacht. Zumindest die Sender jubilieren.

Warren (links) oder Sanders: wer sagt die Wahrheit Foto: Patrick Semansky/ap

New York taz | Eine Frau habe bei den Präsidentschaftswahlen dieses Jahres in den USA keine Chance, gewählt zu werden, soll Bernie Sanders gesagt haben. Das zumindest behauptet Elizabeth Warren. Ihr linker Kontrahent widerspricht.

Der demokratische Sozialist, der seit Jahrzehnten politische Karrieren von Frauen unterstützt hat, erklärt, dass ein solches Statement das Gegenteil dessen sei, woran er glaube. Und er fügt hinzu: „Wie könnte irgendjemand auf eine so absurde Idee kommen? Natürlich kann eine Frau gewinnen. Schließlich hat Hillary Clinton 2016 mehr als drei Millionen mehr Stimmen bekommen als Trump“.

Aber Warren insistiert auf ihrem Vorwurf und versucht, daraus ein politisches Argument zu ihren Gunsten zu machen. „Frauen“, erklärt sie am Dienstag in Iowa bei der siebten Präsidentschaftsdebatte der DemokratInnen in dieser Vorwahlsaison, „haben bei den jüngsten Wahlen besser abgeschnitten als Männer.“

Wer von den beiden – ob Sanders oder Warren – die Wahrheit sagt, ist nicht überprüfbar. Denn der fragliche Wortwechsel fand unter vier Augen statt. Laut Warren soll das bei einem Treffen im Jahr 2018 geschehen sein. Damals kandidierte keineR der beiden SenatorInnen für das Weiße Haus und damals bezeichneten die beiden sich noch als FreundInnen.

Stimmen des linken Flügels

Inzwischen gehören Warren und Sanders zu den sechs verbliebenen SpitzenkandidatInnen im Präsidentschaftswahlkampf der Demokratischen Partei. Sie bündeln die Stimmen des linken Flügels der Partei. Gemeinsam haben sie fast 40 Prozent der Basis hinter sich. Damit übertreffen sie das gemeinsame Ergebnis der beiden Zentristen im Spitzenfeld – Joe Biden und Pete Buttigieg – um mehrere Punkte.

Aber weniger als drei Wochen, bevor in Iowa am 3. Februar die Basis in dem ersten Bundesstaat eineN demokratischeN PräsidentschaftskandidatIn bestimmt, zählen die linken Gemeinsamkeiten nicht mehr. Jetzt geht es darum, die noch unentschiedenen oder zögernden WählerInnen zu überzeugen.

Warren bringt ihren Vorwurf just zu dem Moment an die Öffentlichkeit, als Sanders in einer Meinungsumfrage in Iowa in Führung geht. Und als auch die Veröffentlichung der vierteljährlichen Spendenergebnisse zeigt, wie stark er ist.

Danach hat Sanders mit 34,5 Millionen Dollars im vierten Quartal 2019 die meisten Spenden bekommen, und nicht nur die größte Zahl von individuellen SpenderInnen dieser Vorwahlsaison hinter sich versammelt, sondern auch einen neuen Rekord in der US-Geschichte aufgestellt: Seine Kampagne spricht von fünf Millionen SpenderInnen. KeinE PräsidentschaftskandidatIn vor ihm hatte so viele.

Bitterer Wortwechsel

Für Sanders-Fans ist das, was Warren tut, eine Schlammschlacht. Warren-Fans hingegen sorgen dafür, dass möglichst viele WählerInnen von dem Vorwurf ihrer Kandidatin hören. Es geht darum, die Stimmen von Frauen zu erobern.

Am Dienstag, bei der siebten demokratischen Debatte dieser Vorwahlsaison, liefert der bittere Wortwechsel zwischen den beiden Linken den Moment von Spannung, auf den die TV-Sender gewartet haben. Die nur noch sechs (von einst mehr als 20) DemokratInnen, die sich für diese siebte Debatte qualifiziert haben, debattieren Themen, die von der Eskalation zwischen Washington und Teheran über die Freihandelsabkommen bis hin zu Krankenversicherungen reichen.

Sanders nennt den Vietnamkrieg und den Irakkrieg die „beiden großen Politik-Katastrophen unserer Lebenszeit“. Er sagt, dass beide auf Lügen basierten und dass der gegenwärtige Präsident jetzt im Iran wieder dabei sei, zu lügen.

Am anderen Ende des demokratischen KandidatInnenspektrums bezeichnet Biden sein Votum für den Irakkrieg als „Fehler“, und versucht seine außenpolitische Ehre damit zu retten, dass der Irakkriegsgegner Barack Obama ihn dennoch zu seinem Vizepräsidenten gemacht hat.

Warren konstruiert ihren Debattenauftritt rund um die fiktive oder reale Frauenfrage. Als sie am Ende auch noch die zum Gruß ausgestreckte Hand von Sanders ignoriert, jubilieren die TV-Sender. Vor dieser Szene treten alle anderen Themen der Debatte in den Hintergrund.

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4 Kommentare

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  • Müsste es nicht pc PräsidentInschaftskandidatIn



    heißen?

  • die Demokratische Partei ist ein Scherbenhaufen und glaubt selbst nicht an eine Chance gegen Präsident Trump

    Blamagen wie der mueler report oder das sog impeachment haben sie in den Augen der meisten Wähler unwählbar gemacht.

    Trump muss nur zu Hause sitzen und lachen.

    Persönlich meine ich, dass dass Mobbing von Tulsi Gabbard als Kandidatin ein (weiterer) schwerer Fehler der Demokratischen Partei war.

    • @Franz Vege:

      Tulsi Gabbard ist die Einzige dort mit klarem Verstand, denke ich. Aber das Establishment mag so etwas offensichtlich nicht. Sie wurde sogar als Russenspionin o.ä. bezeichnet.

  • wie töricht von der Demokratin auf die öden Gender&Race Textbausteine zu setzen. Sie müssen in den swing States gewinnen, nicht in Kalifornien!