Demokratiefördergesetz ist auf den Weg gebracht

Innen- und Familienministerin legen ein Konzept für ein Gesetz vor, das auch Opfer- und Ausstiegsberatung im Rechtsextremismus unterstützt. Einiges bleibt noch offen

Ein Gesetz soll zivilgesellschaftliche Initiativen unterstützen: Gedenken an die Opfer des Hanau-Anschlags Foto: M. Golejewski/Adora Press

Von Konrad Litschko

Es ist ein Durchbruch, der momentan ziemlich untergeht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) haben nach Jahren des Ringens ein Demokratiefördergesetz auf den Weg gebracht. Die Bekämpfung von Extremismus sei für die Bundesregierung „eine gesamtgesellschaftliche und dauerhafte Aufgabe von zentraler politischer Bedeutung“, heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier, das der taz vorliegt. Dafür bräuchten Demokratieprojekte eine „dringend notwendige Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundene nachhaltige Absicherung der Fördermaßnahmen“.

Das Positionspapier wollten Faeser und Spiegel eigentlich am Donnerstag in Berlin vorstellen. Die Pressekonferenz wurde aber aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine abgesagt. Dennoch starteten beide Ministerien ein Beteiligungsverfahren für das Demokratiefördergesetz, bei dem Verbände bis zum 21. März das Vorhaben nun kommentieren können. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

In ihrem Papier begründen Faeser und Spiegel das Gesetz vor allem mit der in den vergangenen Jahren gestiegenen rechtsextremen Bedrohung und der „Vielzahl schrecklicher Straf- und Gewalttaten“ aus diesem Spektrum. Zudem seien durch die „sich zunehmend radikalisierende Szene gegen die öffentlichen Corona-Maßnahmen“ und durch Hetze im Netz neue Gefahren entstanden. Bekämpft werden solle mit dem Gesetz aber „jede Form von Extremismus“.

In ihrem Papier legen die Ministerinnen „Regelungselemente“ für das künftige Gesetz fest. Dem Bund sollen damit eigene Möglichkeiten der Demokratieförderung für Projekte mit überregionaler Bedeutung ermöglicht werden, etwa in der Opfer- oder Ausstiegsberatung. Denn: Auch die extremistischen Gefahren seien ja „nicht lokal oder regional begrenzt“. Eingebunden werden soll auch die Bundeszentrale für politische Bildung.

Mit dem Gesetz werde es „ein klares Bekenntnis zu einer angemessenen Finanzierung“ geben, heißt es weiter. Die Förderung solle „bedarfsorientiert, längerfristig und altersunabhängig“ sein. Das Ziel sei, „bereits aufgebaute und fachlich bewährte Strukturen aufrechtzuerhalten“.

Faeser und Spiegel werben, dass das Gesetz sowohl für den Bund als auch für die zivilgesellschaftlichen Projekte für Planungssicherheit sorge. Geschaffen werde so ein „wirkungsvoller Beitrag“ für demokratisches Engagement und gegen extremistische Tendenzen. Umgesetzt werden soll die Förderung von Bundesbehörden wie dem Bundesverwaltungsamt, das dem Innenministerium unterstellt ist. Zudem ist eine unabhängige wissenschaftliche Evaluierung der Projekte und eine jährliche Berichterstattung an den Bundestag geplant zur Frage, wie wirksam die Maßnahmen sind.

Mit dem Vorstoß von Faeser und Spiegel scheint ein langer Kampf zu Ende zu gehen. Zivilgesellschaftliche Initiativen forderten schon lange eine längerfristige Förderung ihrer Projekte mit einem Demokratiefördergesetz. Die vergangene schwarz-rote Bundesregierung hatte dieses schließlich einführen wollen – am Ende aber scheiterte es an der Unionsfraktion. Deshalb laufen die Förderungen für die Projekte bisher weiter nur für eine Legislaturperiode. Danach stehen sie vor dem Aus und müssen sich mit veränderten Konzepten neu bewerben.

Faeser wie Spiegel kündigten mit ihrem Amtsantritt in der Ampelregierung an, das Gesetz schnellstmöglich einzuführen. Faeser möchte dieses in einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus aufnehmen, den sie bis Ostern vorlegen will.

Bei einem früheren Streitpunkt mit der Union geben sich die Ministerinnen indes noch vage: der möglichen Wiedereinführung einer Extremismusklausel. Mit dieser mussten die Träger früher schriftlich zusichern, dass sie sich zur demokratischen Grundordnung bekennen. Viele Projekte sahen darin einen Generalverdacht, die Klausel wurde letztlich wieder abgeschafft.

In dem Positionspapier der Ministerinnen Faeser und ­Spiegel heißt es dazu nur allgemein: „Es ist – wie schon bisher – selbstverständlich, dass nur solche Maßnahmen ­unterstützt werden können, die eine den Zielen und Prinzipien des Grundgesetzes förderliche Arbeit leisten.“ Wie dies sichergestellt werde soll, bleibt vorerst offen.

Zivilgesellschaftliche Initiativen lobten die Einführung des Gesetzes. „Das ist ein lange überfälliger Schritt“, erklärte Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.