piwik no script img

Vorschlag für neues WaldgesetzKönige der Forste

Nach Dürren und Käferplagen: Während in Berlin Umweltschützer Ideen für ein Waldgesetz vorlegen, wollen in Mainz Jäger Privilegien retten.

Frisst gerne junge Laubbäume: Hirsch im bayerischen Voralpenland Foto: Rolf Poss/imago

Berlin taz | Im Wald steht derzeit alles in Frage: Wie er angesichts des Klimawandels erhalten werden kann; wie sich künftig mit ihm Geld verdienen lässt und wofür sein Holz verwendet werden sollte. Ob dieser Herausforderungen passen die alten Waldgesetze auf Landes- und ­Bundesebene nicht mehr und werden novelliert. Das zuständige Agrarministerium erarbeitet gerade einen Vorschlag für ein neues Bundeswaldgesetz, der demnächst in die beteiligten Ministerien geschickt und in die Verbändeanhörung gehen soll.

Um die Diskussion voranzutreiben, haben die vier Umweltverbände DNR, DUH, Nabu und WWF am Mittwoch in Berlin schon mal einen eigenen Vorschlag für ein Bundeswaldgesetz gemacht. Dabei rücken sie den Wald als Lebensraum sowie als Wasser- und Kohlendioxidspeicher in den Mittelpunkt.

„Wir brauchen einen neuen und langfristigen Gesellschaftsvertrag mit den Waldbesitzenden, der dem Erhalt des Waldes als unsere Lebensgrundlage dient“, sagt DNR-Geschäftsführer Florian Schöne, „Einkommen sollte nicht nur durch forstliche Nutzung, sondern auch durch Honorierung von Schutz und Erhalt des Waldes gesichert werden.“ Dabei müssten Bund, Länder und Kommunen als Waldbesitzer „besonders verantwortungsvolle Standards“ einhalten, forderte Jörg-Andreas Krüger vom Nabu.

Konkret sieht der Gesetzestext der Umweltverbände etwa vor, die Entwässerung des Waldbodens zu verbieten. Dies sei angesichts von Dürren und Hitze ein wichtiger Vorschlag, sagt Matthias Fischer von der Naturwald Akademie, allerdings sei die „Praxis vor Ort extrem kompliziert“. Die Regeln zum Wasserhaushalt beruhten zum Teil auf Gesetzen aus dem Mittelalter, so Fischer. Alle Anlieger am Wasserabfluss haben ein Mitspracherecht, also etwa Waldbesitzer, Bauern und Kommunen.

„Der Aufwand wird unterschätzt“

Fischer nennt ein „klassisches Beispiel“: Im Herbst tritt ein Waldbach regelmäßig über die Ufer und überschwemmt ein anliegendes Maisfeld. Der Landwirt, dem der Acker gehört, kann nun verlangen, dass kein Wasser vom Wald auf das Feld fließt und der Waldbesitzer den Bach umlegt oder zuschüttet. „Selbst wenn das Bundeswaldgesetz entsprechend geändert wird, muss noch auf Ebene der Länder und Kommunen das Wasserrecht geändert werden“, sagt Fischer, „der Aufwand wird unterschätzt“. Trotzdem sei es gut, das Thema in das Bundeswaldgesetz aufzunehmen, denn das würde die Richtung für die unteren staatlichen Ebenen vorgeben, so Fischer.

Weiter empfiehlt der Gesetzesvorschlag, die natürlichen Regenerationskräfte des Waldes zu nutzen und diese Pflanzaktionen mit standortfremden Bäumen vorzuziehen. Bäume sollen sich aussäen. Damit können sich Exemplare ansiedeln, die mit den jeweiligen klimatischen Bedingungen zurechtkommen und einen neuen Wald bilden – wie auch immer der dann aussehen mag. Auf Naturverjüngung wollen viele Förs­te­r:in­nen setzen, schon, weil sie kostengünstiger ist als Pflanzungen.

Rehe und Hirsche fressen junge Laubbäume

Allerdings steht dieser Praxis der dichte Wildbestand in den deutschen Forsten entgegen, denn Rehe und Hirsche fressen junge Laubbäume regelmäßig ab. Und so findet in dem Vorschlag von DNR und Co auch das Jagdwesen an verschiedenen Stellen Erwähnung: „Die Zielsetzung und Ausgestaltung der Jagdausübung unterstützen die Ziele der Waldentwicklung im Sinne dieses Gesetzes“, heißt es unter anderem. Was lapidar klingt, birgt Sprengstoff, denn an neuen Regeln für Jä­ge­r:in­nen haben sich in den vergangenen Jahren verschiedene Landes- und Bundesregierungen die Zähne ausgebissen. Die Jägerschaft zeigt sich stets hervorragend organisiert und verteidigt machtvoll ihre Interessen, aktuell in Rheinland-Pfalz.

Die grüne Klimaschutzministerin Katrin Eder arbeitet dort an einer Reform des Jagdrechts; am Donnerstag wird der Landesjagdverband ihr dazu seine Stellungnahme mit dem üblichen Getöse überreichen. Eder plant, die Rechte der Waldbesitzer zu stärken, damit diese ihre Bäume besser vor Wildverbiss schützen können. Ist der junge Wald in einem Gebiet gefährdet, sollen die Besitzer dort selbst jagen dürfen, wenn sie im Besitz eines Jagdscheines sind. Bis jetzt ist das nur Waldbesitzern mit sehr großen, zusammenhängenden Flächen gestattet, die eine sogenannte Eigenjagd bilden.

Der ebenfalls grüne Umweltminister Axel Vogel ist kürzlich mit einem ähnlichen Vorschlag in Brandenburg gescheitert. Nach einer aggressiven Kampagne der Jägerschaft hatte am Ende Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), selbst Jäger, die Reform vom Tisch gefegt. Allerdings: Wenn derzeit alles im Wald in Frage steht, dann wohl auch die Privilegien der Jäger.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

20 Kommentare

 / 
  • Ein Blick in den unten verlinkten, umfangreichen Gesetzentwurf der Naturschutzverbände zeigt welch naturfernes und Pflanzenfresser unfreundliches Verständnis diese vom Ökosystem Wald vertreten. "Paragraph 5c Schutz und Behandlung der Fauna (Neu)" verdeutlicht dies ; So löblich hier Absatz 1 Grundsätzlich ist: "(1) Die Tierwelt des Waldes und ihre Diversität sind zu schützen, zu erhalten und ein guter Erhaltungszustand wiederherzustellen. Die Populationen sind durch geeignete Maßnahmen zu vernetzen und unverhältnismäßige, trennende Maßnahmen verboten (allgemeiner Grundsatz).", so erschreckend ist die folgende Liste der Arten. Die den Wald aktuell wesentlich prägenden Säugetiere Rothirsch,Wildschwein, Reh und Fuchs, werden hier nicht gelistet. Dies sind die Tierarten die durch unsere aktuelle Wald und Jagd Gesetzgebung am stärksten negativ betroffen sind. Dem Rotwild wird in den meisten Waldgebieten aktuell gar kein Existenz zugestanden, Rehe und Wildschweine werden im wesentlichen nur als (wirtschafts)-schädlinge gesehen, welche in Angst und Schrecken zu leben haben ohne das Recht auf ein Leben im natürlichen Familienveband in ihrem natürlichenLebensraum. Stattdessen werden in dieser Liste die liebenswerten, größten Exoten als maßgeblich angesehen. Die Lebensräume von beispielsweise Luchs und Salamander sollen vernetzt werden, Rotwild darf in seinen Reservaten degenerieren.... www.wwf.de/fileadm...mweltverbaende.pdf

    • @niko:

      Rotwild und Reh sind ursprünglich Steppenbewohner, - in die Wälder ausgewichen, weil der Mensch das "offene Land" komplett für sich beansprucht.



      Für den geschwächten Wald werden die "Vertriebenen" leider ein Problem, da sie junge Baumtriebe fressen und auch die Rinde von Bäumen. Vieles an "Waldneubau" fällt ihnen jetzt zum Opfer.

      Vielerorts ist die Population zu groß , - in Deutschland fehlen außerdem schon lange die großen Beutegreifer.

      Diese Rolle hat, mit der Jagd, eigentlich der Mensch übernommen. Leider folgt er auch dabei oft nicht Notwendigkeiten, sondern seinen eigenen Vorlieben.

      Von "Pflanzenfresser-unfreundlichem Verhalten" der Naturschützer zu sprechen, ist zu kurz gesprungen.

      • @Woodbine:

        Ja, unsere grossen Pflanzenfresser würden von Natur aus das Offenland bevorzugen und weichen nicht zuletzt aufgrund eines falschen Jagdregimes verängstigt ganzjährig in den Wald aus, wo sie wirtschaftlichen Schaden an den Waldjungbäumen verursachen. Diesen Schaden würden sie auch in unserer heutigen Offenlandschaft nicht erzeugen. Auf Ackerflächen äsendes Reh und Rotwild mindert nicht oder sehr gering den Ertrag an Agrarerzeugnissen.



        Dennoch stehen die meisten Schiessbuden (Hochsitze) nicht mit Blick in den Wald, sondern mit Blick auf Wiese oder Acker - sodass die Pflanzenfresser diesen unproblematischen Lebensraum meiden.



        Ob ihre Populationen zu gross sind wage ich zu bezweifeln.



        Wer mit offenen Augen durch die Landschaft läuft wird auch sehen das sich Wald, an Stellen die nicht bejagt werden aber dennoch von Wild frequentiert werden, auch natürlich und Artenreich verjüngt. Vielerorts ist die Jagd der Faktor der sich negativ auf die Verbissschäden auswirkt.



        Aus dem Pfälzerwald gibt es hierzu auch eine wissenschaftliche Betrachtung. Nach dieser sind nach Einstellung der Jagd auf Rot und Rehwild weder verbiss- noch schälschäden im jagdfreien sowie in den angrenzenden Wäldern des Untersuchungsgebiets angestiegen.



        Es lohnt sich darüber nachzudenken ob Jagd zielführend für eine natur und zeitgemäße Waldbewirtschaftung ist, oder doch eher eine einfache Begründung für die spassorientierte Berufs- und Freizeitjagd.



        Ich nehme als auch verbandsaktiver Naturschützer weite Teile von NABU und BUND durchaus als Grosspflanzenfresser feindlich war, sie sind fokussiert auf die jagdkonfliktfreieren Themenbereiche Vogel- Amphibien- und Insektenschutz.



        fawf.wald.rlp.de/i...56375ad5c43611c3de

        • @niko:

          Danke für die Informationen!

          Aber gerade die "jagdkonfliktfreien Themenbereiche" sind doch jene, wo es um die Grundlagen geht: Um Böden und Artenvielfalt.

          Insektenschutz z. B. ist ohne Pflanzenschutz nicht denkbar. Und umgekehrt.

          Wichtig auch gerade für Pflanzenfresser am oberen Ende der Nahrungskette.

          • @Woodbine:

            Da stimme ich zum Teil zu, es sind aber eben auch die Themenbereiche bei denen man nicht mit den Eigeninteresse der jagenden Mitglieder und Spendern kollidiert. Die größeren Pflanzenfresser haben innerhalb des NABUs keine Lobby und werden im wesentlichen als Schädling gesehen, ähnliches gilt für den Fuchs der als Sündenbock für den gravierenden Rückgang der Wiesenbrüter herhalten muss , auch wenn die Ursachen in der Zerstörung der Lebensräume liegt.



            Auch beim Thema gezäunter Freiflächen PV sieht der NABU kein Verlust an Lebensraum für die heimischen grossen Pflanzenfresser.



            Beim Rotwild gibt es auch kaum Initiative gegen die wildökologisch katastrophale Getthohaltung, v.a. in Süddeutschland. NUR BUND, NABU UND WWF HABEN DIE MÖGLICHLEIT NATURSCHUTZTHEMEN AUF DIE AGENDA VON POLITIK UND MEDIEN ZU SETZEN, sie nutzen diese Möglichkeit für die grossen Pflanzenfresser unzureichend. Das der Gegner mit Jägern und Forstwirtschaft brutal ist und man deren Privilegien angreifen müsste, ist mir bewusst.

            • @niko:

              Bitte nicht schreien, ok?

              • @Moderation:

                Ich schreie nicht ich Heule!



                ;^)

  • So macht die Streiterei und die "Bockigkeit" einiger Waldnutzer auch letzte Hoffnungen zunichte, der Mensch könne irgendwie ein Teil der Lösung von Problemen sein.

    Während alles kaputt zu gehen droht, prügelt man sich um lieb gewordene Pfründe. Und nutzt ein Wirrwarr aus Gesetzesnovellen und feudalen Grundrechten.

    Mitten im größten Artensterben seit Gedenken, von ihm selbst verursacht, geht es dem Menschen weiterhin lediglich um seine Nutzungsrechte.

    Bei so viel Egoismen, an aller Vernunft vorbei, wünschte ich mir Notstandsgesetze für Wald und Flur. Der Lebensraum für so viele Spezies muss dringend vor dem Menschen geschützt werden, zur Not auch gegen dessen Willen.

    Der Planet gehört nicht dem Menschen allein!

  • Ein Blick in den unten verlinkten, umfangreichen Gesetzentwurf der naturschutzverbände zeigt welch naturfernes Verständnis diese vom Ökosystem Wald vertreten. Ein Blick in



    "Paragraph 5c Schutz und Behandlung der Fauna (Neu)" verdeutlicht dies ;



    So löblich hier Absatz 1 Grundsätzlich ist:



    "(1) Die Tierwelt des Waldes und ihre Diversität sind zu schützen, zu erhalten und ein guter



    Erhaltungszustand wiederherzustellen. Die Populationen sind durch geeignete Maßnahmen



    zu vernetzen und unverhältnismäßige, trennende Maßnahmen verboten (allgemeiner



    Grundsatz).", so erschreckend ist die folgende Liste der Arten. Die den Wald aktuell wesentlich prägenden Säugetiere Rothirsch,Wildschwein, Reh und Fuchs, werden hier nicht gelistet. Dies sind die Tierarten die durch unsere aktuelle Wald und Jagd Gesetzgebung am stärksten negativ betroffen sind. Dem Rotwild wird in den meisten Waldgebieten aktuell gar kein Existenz zugestanden, Rehe und Wildschweine werden im wesentlichen nur als (wirtschafts)-schädlinge gesehen, welche in Angst und Schrecken zu leben haben ohne das Recht auf ein Leben im natürlichen Familienveband in ihrem natürlichenLebensraum. Stattdessen werden in dieser Liste die liebenswerten, größten Exoten als maßgeblich angesehen. Die Lebensräume von beispielsweise Luchs und Salamander sollen vernetzt werden, Rotwild darf in seinen Reservaten degenerieren....



    www.wwf.de/fileadm...mweltverbaende.pdf

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @niko:

      Was soll man sich fragen, wenn man die Verbissschäden in den Forsten sieht? Waldverjüngung, Waldneubegründung und -umbau ist - insbesondere auf den Kalamitätsflächen - ohne Zäune und strenge Bejagung, wo sie denn stattfindet, kaum möglich. Aktuell stehen Jagdprivilegien gegen Zukunftswälder.

      • @31841 (Profil gelöscht):

        Was man sich fragen soll wenn man die Verbissschäden sieht?



        Ich frage mich was die Wald vor Wild Politik seit 1980 mit einer Steigerung der jährlichen Rehwildabschusszahlen von ~800tsd auf ~1,2 Millionen dem Wald und dessen naturverjüngung gebracht haben. Ausser viel zu viel tierleid und immensen finanziellen Aufwand des Staates für Jagdbehörde, Verbissgutachten und etliche Millionen bezahlte Arbeitsstunden für Forstpersonal um Jagd auszuüben (Revierförster), oder unterstützend bei Gesellschaftstreibjagden (Waldarbeiter) reichlich wenig - verjüngt wird weiterhin vornehmlich hinterm Zaun. Ich vermute mittlerweile das die Jagd sogar vielerorts kontraproduktiv für die Naturverjüngung ist, da das meiste Rehwild auf den Lichtungen oder im Agrarland geschossen wird und sich dieses desshalb aus Angst vor der Flinte in die Verjüngungen des Waldes zurückzieht. Ohne Jagd könnte sich das Rehwild ohne Angst am hellichsten Tag am Waldrand und im Offenland ohne wirtschaftlichen Schaden Sattessen.



        Wenn der verbissdruck für einzelne Baumarten dennoch zu hoch ist gibt es ja durchaus die Möglichkeit des Einzelbaumschutzes.



        Zweitens Frage ich mich warum die Naturschutzverbände der Forst und Holzindustrie auf dem Leim gehen und nicht eine umfassende und inklusive ökologische Waldbewirtschaftung fordern - eine die auch den Schutz der Pflanzenfresser vorsieht und somit weitestgehend auf jagdliche Eingriffe verzichtet. Zumindest die Forderung von jagdfreien Musterforstämtern wäre dringend geboten und zeitgemäß und sei es um langfistig zu beweisen das keine Jagd keine Alternative für Forstwirtschaft ist. Vermutlich sind einfach zu viele Lusttöter auch an entscheidenden Stellen der NGOs.



        Ich bin mir sicher das "der Wald" v.a. mit dem Nährstoffeintrag aus Verkehr und Landwirtschaft, der Zersiedlung und Folgen der Klimaerwärmung deutlich größere Probleme hat als mit seinem nach Definition zu ihm dazu gehörigen Wildbeständen - das funktioniert ohne menschl. Jagd mio Jahre...

  • Ich stimme zu, dass das Jagdrecht dringend novelliert gehört.

    Und ich möchte auf die Thematik der Naturverfügung eingehen. Frau Holdinghausen schreibt: "Bäume sollen sich aussäen. Damit können sich Exemplare ansiedeln, die mit den jeweiligen klimatischen Bedingungen zurechtkommen". In der aktuellen Diskussion herrscht die Überzeugung vor, dass die Naturverjüngung der bestehenden Baumarten, an den Klimawandel angepasst sein wird. Dies muss man differenziert betrachten. Alle vier Hauptbaumarten stehen unter massiven Druck, weil durch den menschengemachten Klimawandel die Standortbedingungen verändert werden. Und zwar so schnell, dass weder ein Baum als Individuum, noch die Art (über Naturverjüngung und Überleben der Individuen, die mit den neuen Bedingungen klar kommen) sich zuverlässig anpassen können. Baumarten haben sich über Jahrtausende entwickelt, können bis zu mehreren Jahrhunderten leben und aktuell ändern sich die Standortbedingungen innerhalb von Jahren! Das passt nicht zusammen.

    Und ein zweiter Gedanke: es besteht ein weitreichender Konsens, dass z.B. die Fichte aktuell auf vielen Standorten wächst, an die sie nicht angepasst ist (das hat auch historische Gründe - Knappheiten nach dem 2. Weltkrieg z.B.). Wenn wir nun in einem Fichtenbestand Naturverfüngung zulassen, dann wachsen dort erstmal wieder Fichten; mit der Zeit wandern sicherlich andere Baumarten ein, aber diese Zeit haben wir auf vielen Standorten NICHT (siehe oben).

    Wollen wir Wald, weil seine Funktionen (u.a. Grundwasserneubildung, Mikroklima, Habitatfunktion, Erholung und auch Holznutzung) unbedingt benötigt werden, oder wollen wir Wald nur, wenn er genauso bleibt, wie er bis zum Klimawandel war?



    Aus meiner Sicht müssen wir den Wald als Ökosystem erhalten und das kann durchaus erfordern, eine neue Zusammensetzung des Waldes zu aktzeptieren und diese aktiv zu gestalten.



    Daher bitte ich darum, das Thema Naturverjüngung und nicht heimische Baumarten differenzierter zu betrachten.

    • @Weiterdenken:

      "Wenn wir nun in einem Fichtenbestand Naturverfüngung zulassen, dann wachsen dort erstmal wieder Fichten; mit der Zeit wandern sicherlich andere Baumarten ein"

      Gerade hierzu hat "der große Meister" Pierre Ibisch (ich bewundere ihn zutiefst, muß man aber nicht) bereits veröffentlicht. Naturverjüngung auf Fichtenflächen enthält auch neue Fichten, allerdings unter vielen anderen Arten; und die wenigen Fichten, die in der Naturverjüngung wachsen, sind dann auch noch um einiges fitter. Wahrscheinlich, weil der Boden sich bereits von der vorigen Monokultur erholen kann, und nicht erst neues Bodenleben auf den für die Neu-/Nachpflanzung erforderlichen Bodenbearbeitungen einstellen muß.

      "differenzierter betrachten"?



      Unbedingt!

      Aber wenn sich die deutsche Regierung schon einen solchen Vordenker wie den Ibisch als Einzelsachverständigen ins Boot holt, sollte sie an der ein oder anderen Stelle vielleicht auch auf ihn hören...

      www.bundestag.de/r...re-Ibisch-data.pdf

      Prof. Ibisch macht ja auch nicht alles selbst., so zitiert er in obigem Gutachten:



      "Nach Beräumung - in Reaktion auf eine Kalamität – und Pflanzung dominierte bei einer



      Kontrolle nach 14 Jahren mit 73% Naturverjüngung. Die Pflanzung wurde als unnötig bewertet; zudem wären Schädigungen des Bodens und lebender Bäume, die bei der



      Bearbeitung entstanden, vermieden worden (Loch et al., 2001)."

    • @Weiterdenken:

      Man darf durchaus ausprobieren, ob die ein- oder andere Baumart künftig gute Bedingungen vorfindet. Wichtig wäre aber auch, auf genügend großer Fläche zu beobachten, was "einfach so passiert". Die "aktive Gestaltung" der Wälder vermittelt einen völlig falschen Eindruck davon, welchen Einfluss wir auf Ökosysteme haben. Mit anderen Worten: Die Fehler der Vergangenheit werden wiederholt. Der größte Fehler dabei lautet: Wir denken, wir könnten etwas Komplexes wie ein Ökosystem Wald langfristig zu unseren Gunsten "kontrollieren". Zu der evolutiven Anpassung des Waldes an neue Bedingungen: Wir haben leider keine wirkliche Ahnung davon, wie diese abläuft, da wir die Naturwälder, aus denen wir diese Erkenntnis schöpfen könnten, bereits vor langer Zeit zerstört haben.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Nicht nur das Gewässerrecht ist mittelalterlich. Der verbürgerlichte Feudalismus hat sich das Jagdrecht gepachtet und enthält den Bürgern einen auch nur annähernd angemessenen Ausgleich für die Schäden vor.



    Wie das verfassungsrechtlich bisher so gehalten werden konnte, ist mir ein juristisches Rätsel. Es ist ein ausschließlich lobbyistischen Problem.

  • Die Regulierung der Wildstände ist ein Schlüsselelement zur Stabilisierung der Wälder.



    Zu viele Rehe und Hirsche in den Wäldern hat ja nicht nur Auswirkungen auf die Baumarten, die sich auf natürliche Art und Weise entwickeln können. Auch die übrige Artenvielfalt wird vom „Weidedruck“ der Wildtiere beeinflusst. Je höher der Äsungsdruck auf die Vegetation ist, umso geringer ist das Entwicklungspotential von empfindlicheren Arten. Rehe fressen z.B. vor allem Knospen und Kräuter, da ihr relativ einfaches Verdauungssystem auf eiweißreiche Nahrung angewiesen ist.



    Übrig bleibt im Extremfall eine Bodenbedeckung, die nur aus robusten Gräsern besteht. Durch die fehlende Krautschicht haben weniger Insektenarten ihr Auskommen und damit auch Vögel, die von diesen Insekten leben.



    Schon allein im Interesse der allgemeinen Artenvielfalt muss die Anzahl von Reh und Hirsch reduziert werden. Die Folge von zu hohen Wildständen lässt sich in ganz Deutschland schon seit Jahrzehnten beobachten. So mancher Waldbesitzer hätte gerne eine vielfältigere Baumartenmischung, bekommt sie aber nicht, weil das Wild nur Kiefer oder Fichte übrig lässt.



    Leider gelang es der politisch ausgesprochen starken Jagdlobby bisher, wesentliche Verbesserungen in diesem Bereich zu verhindern.

    • @Karl Theurer:

      [..]schon allein im Interesse der allgemeinen Artenvielfalt muss die Anzahl von Reh und Hirsch reduziert werden. Die Folge von zu hohen Wildständen[...]

      Das dürfte korrekt sein. Allerdings müssten - wenn der Schutz des Waldes von Relevanz wäre



      - Die jährlichen Abschusszahlen WESENTLICH höher sein



      - Ein Verbot von Fütterungen von Wildtieren erfolgen (egal ob Salzlecken oder Heu etc.). Der wichtigste "Räuber" in Mitteleuropa war immer der Futtermangel im Winter und nicht Wolf oder Bär.

  • Kann ich beantworten, obwohl ich nicht die Redakteurin bin: World Wildlife Fund (die ursprüngliche Bedeutung) sind drei Substantive, der Naturschtzbund nur eins, deshalb Nabu. Eigenschreibweisen von Firmen und Organisationen sind in redaktionellen Beiträgen nicht erwünscht.

    • 6G
      689016 (Profil gelöscht)
      @PezzeyRaus:

      Dann ist dies aber nicht korrekt:

      Deutsche Naturschutzring (DNR)

      Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)

      Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU)

      Hier ist es dann richtig:

      World Wide Fund For Nature



      (WWF)

      Antwort ist nicht schlüssig und was heißt nicht erwünscht?

  • 6G
    689016 (Profil gelöscht)

    Frage an die Autorin:

    Wieso werden alle Umweltverbände großgeschrieben, nur der NABU klein?

    Eigenename ....... Absicht oder auf die Stufe stellen wie andere bspw. moz?