Vorratsdatenspeicherung in der nächsten Stufe: 2009 wird noch mehr gespeichert
Ab Neujahr geht die Vorratsdatenspeicherung erst richtig los. Jetzt werden auch die Einwahlen ins Internet und die E-Mail-Verbindungen festgehalten.
Ab Neujahr beginnt eine neue verschärfte Phase der Vorratsdatenspeicherung. Ab nun müssen auch E-Mail- und Internetdaten gespeichert werden. Außerdem endet bei der Speicherung von Telefondaten die einjährige Übergangszeit. Künftig müssen Internet-Firmen, die sich der Vorratsdaten-Speicherung verweigern, mit Bußgeldern bis zu 500.000 Euro rechnen.
Ab Jahresbeginn müssen Internetfirmen ein halbes Jahr lang speichern, wer wem wann eine E-Mail geschrieben hat. Bisher war dies bei den Firmen meist nur wenige Tage lang nachzuvollziehen, da die Zahl der E-Mails zu Abrechnungszwecken noch nie relevant war. Anonyme E-Mail-Konten bleiben aber zulässig.
Neu ist auch die Speicherpflicht für Telefonate, die über Internetdienste wie Skype geführt werden. Auch hier ist ein halbes Jahr lang festzuhalten, wer mit welcher IP-Adresse wen wann wie lange angerufen hat.
Praktisch wichtig ist vor allem, dass ab 1. Januar auch die Internet-Einwahlvorgänge ein halbes Jahr lang gespeichert werden. Festgehalten wird dabei, mit welcher IP-Adresse ein Computer wie lange Zugang zum Internet hatte. Früher wurden diese Daten zu Abrechnungszwecken gespeichert, doch ist dies bei Flatrate-Kunden nicht mehr erforderlich. Bei solchen Kunden wurden die Einwahldaten zuletzt nur bis zu sieben Tagen gespeichert.
Inhalte der E-Mails, der Telefonate und der besuchten Webseiten werden nicht gespeichert. Allerdings lässt sich oft indirekt rekonstruieren, wer sich auf einer bestimmten Seite aufgehalten hat, weil die meisten Seiten in so genannten Logfiles die IP-Adressen aller Besucher speichern. Die Polizei kann nun die Logfiles beschlagnahmen und bei den Internetfirmen Auskunft verlangen, welchem Kunden die IP-Adresse in der fraglichen Zeit zugewiesen war. Die Internetfirmen müssen dann über die so genannten Bestandsdaten (Name, Adresse) der Kunden Auskunft geben. Diese Bestandsdaten-Auskunft wird schon lange genutzt, um etwa herauszufinden, wer illegal Musik aus dem Internet kopierte, aber auch, wer Kinderpornographie angeboten oder nachgefragt hat.
Die Verbindungsdaten von Festnetz- und Mobil-Telefongesprächen müssen schon seit Jahresbeginn 2008 ein halbes Jahr gespeichert werden. Weil die Telefonfirmen allerdings klagten, sie könnten die Infrastruktur nicht rechtzeitig bereitstellen, wurde ihnen eine einjährige Kulanzfrist gewährt. Erst ab 2009 werden Bußgelder fällig, wenn die Firmen ihren Speicherpflichten nicht nachkommen. So fängt zum Beispiel die Deutsche Telekom erst 2009 richtig mit der Vorratsdatenspeicherung an.
Ein Antrag der FDP, die Übergangsfrist bis 2010 zu verlängern, scheiterte vor Weihnachten im Bundestag. Nur die Grünen stimmten dem Antrag der Liberalen zu, die mit der noch ausstehenden Prüfung des Bundesverfassungsgerichts argumentierten.
Gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung haben rund 34.000 Personen Verfassungsbeschwerde eingereicht. In zwei Eilentscheidungen hat Karlsruhe die Speicherung zwar nicht gestoppt, aber die Nutzung der zwangsgespeicherten Daten bis zum endgültigen Urteil auf die Aufklärung schwerer Straftaten beschränkt.
Im Auftrag des Verfassungsgerichts hat die Bundesregierung untersucht, wie oft die Polizei derzeit auf Telefon-Verbindungsdaten zugreift. Im Quartal Mai bis Juli 2008 wurden dabei 2.186 Verfahren gezählt. Dabei genügten der Polizei in 627 Fällen die Daten, die zu Abrechnungszwecken ohnehin gespeichert waren. In 934 Fällen (wohl bei Flatrate-Kunden) musste aber auf die Daten der Vorratsspeicherung zugegriffen werden. In den übrigen Fällen fehlten eindeutige Angaben. Wegen der Beschränkung des Verfassungsgerichts auf schwere Kriminalität durften in 96 Fällen die Daten nicht herausgegeben werden. In 132 Fällen blieb die Polizei ohne Daten, weil die Telefonfirmen noch nicht mit der Speicherung begonnen hatten.
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