Vorauseilender Gehorsam beim NDR: Dann lieber Praktikanten
Das Magazin "Zapp" ließ am Mittwoch peinliche ARD-Geschichten wie Mobbing-Vorwürfe und den Skandal beim Kinderkanal weg. Kein Wunder bei dem Programmdirektor.
Das ARD-Fernsehen ist ein Hort für unerschrocken kritischen Qualitätsjournalismus. Unbarmherzig seziert es Politik (Merkel + Mappus) und Wirtschaft (AWD-Maschmeier). Es erklärt und bezieht Stellung (AKW). Und nimmt sich selbst davon natürlich – äh: aus. Das zumindest galt einmal. Dann kam "Zapp". Dass die ARD ihr TV-Medienmagazin spätabends beim NDR versteckt, macht nichts, man kann es schließlich auch im Internet "nachgucken". Bei "Zapp" findet auch die ARD statt – und kriegt ihr Fett weg, wenn sie es verdient hat.
Für die allfälligen "Nestbeschmutzer"-Attacken angefasster ARD-Hierarchen gibt es längst Vordrucke, die sich die Redaktion stolz an die Pinnwand heftet (okay, das war'n Witz). Also lohnt es sich immer mal wieder, bei "Zapp" verbeizuschauen,um zu sehen, wie es um die innere Kritikfähigkeit der ARD bestellt ist.
Und die ist mit einem Wort umschrieben: Beschissen. Kein Wort in der Sendung vom Mittwoch (23.3.) zum Millionenbetrug beim Kinderkanal (KiKa) von ARD und ZDF. Zur Erinnerung: Dort zwackte ein von der Senderführung gepamperter Herstellungsleiter über Jahre durch fingierte Rechnungen über acht Millionen Euro ab. Der größte Betrugsskandal, der je den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erschütterte, hatte beim für den KiKa zuständigen MDR mittlerweile handfeste Konsquenzen. Am 18.3. musste der für Kasse & Co. zuständige Verwaltungsdirektor gehen und der Fernsehdirektor kriegte was auch aufs Dach. Und "Zapp" macht eine runde halbe Woche später – nichts. Vertröstet auf die nächste Sendung.
Von daher wundert es auch kaum, dass eine noch etwas aktuellere ARD-Affäre genauso wenig Erwähnung fand: Die eigene Generalsekretärin der ARD, Verena Wiedemann, hat den Senderverbund wegen massiven Mobbings verklagt. Wiedemanns Anwalt spricht von planmäßiger "Ausgrenzung, Diskriminierung und Missachtung" seiner Mandantin, die daran psychich erkrankt sei und sich in medizinischer Behandlung befinde. Die ARD weist die Vorwürfe ihrer Generalsekretärin "aufs Entschiedenste" zurück – und steht Kopf. Aber natürlich nicht bei "Zapp".
Dort gab es in der aktuellen Sendung am Mittwoch ein paar Nettigkeiten über die Dämmerung der Medienkanzlerin Merkel und ein geradezu rührend harmloses Stück über PraktikantInnen in Medienunternehmen. Ob so etwas vorauseilender Gehorsam oder direkte Einflussnahme ist, kann man von außen schwer beurteilen. Es schadet aber "Zapp", und seiner Redaktion, dem NDR und der ganzen ARD.
Dabei tickt dort noch eine ganz andere Zeitbombe: Im Zusammenhang mit dem KiKa-Betrug hat der MDR-Intendant einen frühen KiKa-Geschäftsführer attackiert, der den Kinderkanal bis vor drei Jahren leitete, für den Herstellungsleiter Sonderrechte genehmigt hatte und in dessen Amtszeit der größte Anteil der Scheinrechnungen fiel. Der MDR prüfe jetzt Schadensersatzansprüche gegen den Mann, berichtet der aktuelle Spiegel, - wie gesagt, alles natürlich kein Thema für "Zapp", nicht einmal in der Nachrichtenrubrik "Durchgezappt".
Warum das so ist, begründet interessanterweise der Intendant des MDR, Udo Reiter, im Spiegel gleich höchstpersöhnlich: "Der größte Teil der veruntreuten Summe fiel in die Amtszeit von Frank Beckmann, der den Kinderkanal von 2000 bis 2008 leitete." Beckmann wurde im November 2008 Programmdirektor Fernsehen des NDR "rechtzeitig, könnte man hinzufügen", so Reiter. Frank Beckmann ist damit auch zuständig für ein gewisses Medienmagazin. Das verabschiedete sich am Mittwoch so: "Und nächste Woche bei 'Zapp': Der Skandal beim Kinderkanal. Untreue und Unterschlagung in Erfurt. Der Untersuchungsbericht und die Folgen. Schalten Sie ein, es lohnt sich." Wir sind gespannt. Dabei könnten der NDR und die ganze ARD mit einem souveränen Umgang gerade mit "Zapp" beweisen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk genau das kann: Öffentlichen, kritischen Qualitätsjournalismus.
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