Vor italienischer Küste: 1.400 Menschen gerettet
Die italienische Küstenwache ist mit einer großen Rettungsmission im Mittelmeer unterwegs. An Publicity ist der Meloni-Regierung aber nicht gelegen.
Mehr als 1.400 Menschen rettete die italienische Küstenwache in den vergangenen zwei Tagen im Mittelmeer vor der süditalienischen Region Kalabrien. Allein das Schiff der Küstenwache Diciotti begleitete zunächst am 6. Juni zwei Fischkutter mit 86 Männern aus Ägypten, Syrien und Indien bis zum Hafen Roccella Ionica. Gleich darauf nahm sie in einer Rettungsmission rund 700 Personen von sechs verschiedenen Booten an Bord.
Auch diese Boote waren alle im Ionischen Meer vor Kalabrien unterwegs. Die Diciotti brachte 200 der Geretteten zunächst ins sizilianische Messina und daraufhin die anderen 500 nach Reggio Calabria. Nach Auskunft der Behörden waren auch sie fast ausnahmslos Männer, die Hälfte aus Ägypten, 145 Pakistaner und 100 Syrer. Zunächst wurden sie in einer Sporthalle im Ort untergebracht, wo die Identitätsfeststellung ebenso erfolgt wie eine erste medizinische Untersuchung. Anschließend sollen die Migrant*innen in Aufnahmeeinrichtungen im ganzen Land untergebracht werden.
So reibungslos und effizient die gesamte Rettungsaktion und Aufnahmeprozedur verlief, so geräuschlos wurde sie auch abgewickelt. Keine einzige Presseerklärung gab sie in den vergangenen Tagen heraus. Italiens Medien berichteten deswegen so gut wie gar nicht über den Großeinsatz.
Auch das gehört zum politischen Klima in Italien unter der postfaschistischen Regierung Giorgia Melonis. Früher schmückte die Küstenwache sich, wenn ihre Schiffe Migrant*innen rettete, stellte selbst Videomaterial zur Verfügung, nahm gerne auch Journalist*innen und Kamerateams an Bord. Heute zieht sie es vor, ihre lebensrettende Arbeit im Stillen zu leisten.
Nur zehn Prozent werden von NGOs gerettet
Öffentlichkeit für die Einsätze der Küstenwache würde schließlich auch am von der Regierung verbreiteten Bild kratzen, dass es vor allem die privaten NGOs sind, die mit ihren Rettungsschiffen die Flüchtlinge gleichsam anziehen wie die Fliegen und sie überhaupt erst auf den Gedanken bringen, die Überfahrt übers Mittelmeer anzutreten. Die Realität – und dafür steht auch die Rettung der mehr als 1.400 Menschen in den letzten Tagen – sieht völlig anders aus: Nur rund zehn Prozent der vor Italien in Seenot geratenen Menschen werden von NGOs gerettet, der große Rest wird von Schiffen der Küstenwache an Bord genommen oder gelangt aus eigener Kraft in Italiens Häfen.
In diesen Häfen liegen gerade auch wieder mehrere NGO-Schiffe wie die „Sea Eye 4“. Sie sind für 20 Tage an die Kette gelegt, weil sie gegen die Auflagen der italienischen Regierung verstoßen haben – etwa pro Einsatz nur eine Rettungsaktion durchzuführen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was