Vor der Ramelow-Wahl in Thüringen: Absprachen von CDU und AfD
Die Union hat in Thüringen mit der AfD konkrete Gespräche geführt, um Rot-Rot-Grün zu verhindern. Bislang hatte die CDU das geleugnet.
ERFURT taz | Sie wollten doch. In Thüringen plante die CDU, gemeinsam mit der AfD die rot-rot-grüne Regierung zu verhindern. Offenbar aus Sorge vor einem Linken-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow strebte CDU-Fraktionsvorsitzenden Mike Mohring eine Minderheitsregierung an – gegen Beschlüsse der eigenen Partei.
„Es zeigt sich eine unselige Allianz des rechten CDU-Scharfmacher Mohring mit den geistigen Brandstiftern der AfD“, sagt Susanne Hennig-Wellsow, Landtagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Linken in Thüringen. Wer wie der AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke gegen Flüchtlinge hetze, rechtsextremen Zeitungen Interviews gebe und Gleichstellungspolitik bekämpfe, dürfe kein politischer Partner sein. Doch: „Für den Machterhalt war die CDU offenbar zu allem bereit“, erklärt Hennig-Wellsow gegenüber der taz.
Bereits vor der Wahl des Ministerpräsidenten in Erfurt am vergangenen Freitag kamen Gerüchte über Absprachen von CDU und AfD auf. Die CDU soll der AfD das Familienministerium angeboten haben, hatte vor der Abstimmung die grüne Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, //twitter.com/Astrid_RB/status/540078222067920896:getwittert – und wurde massiv angegriffen. „Es ist erschütternd, wie weit die CDU bereit war zu gehen, um die Macht zu erhalten“, sagt sie der taz.
Mit diesem Ministerium hätte die AfD ihre politischen Positionen gegen Emanzipation, Homosexualität und Gender-Mainstreaming realisieren können. Die konkreten Gespräche hat AfD-Mann Höcke bestätigt. „Ein Treffen und danach regelmäßige Telefonate“ habe es gegeben, sagte er dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Für die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König sind diese Absprachen eine klare Bestätigung für die Entwicklung der CDU Thüringen. „Mit Mike Mohring steht die Landtagsfraktion und der Landesverband vor einen Rechtsruck“, sagt die Politikerin.
Für die Union kommt es mehr als ungelegen, dass diese Absprachen nun an die Öffentlichkeit gelangt sind. Auch weil Mohring in CDU-Kreisen behauptet haben soll, für die Gespräche ein Okay von Kanzlerin Angela Merkel zu haben – so der Spiegel.
Erst im August hatte der CDU-Bundesvorstand eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausgeschlossen. Den Beschluss trug Mohring als Bundesvorstandsmitglied mit. Die CDU war in der vergangenen Regierungsperiode in Thüringen von ihrem Koalitionspartner SPD oft wegen Beziehungen zu rechtslastigen Vereinigungen kritisiert worden. Auf dem Parteitag vom 8. bis 10. Dezember in Köln wird die CDU nun den Umgang mit der AfD diskutieren müssen. Bisher war das Thema nicht geplant.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin