Vor den Wahlen in Mexiko: „Keine der beiden ist Feministin“

Am Sonntag tritt bei der Wahl in Mexiko die linke Claudia Sheinbaum gegen die konservative Xóchitl Gálvez an. Auf die Gewinnerin warten große Aufgaben.

Eine Person hält eine Puppe, die die Präsidentschaftskandidatin der regierenden MORENA-Partei Claudia Sheinbaum darstellt, am Tag ihrer Abschlusskundgebung auf dem Zocalo-Platz in Mexiko-Stadt, Mexiko, 29. Mai 2024. REUTERS/Alexandre Meneghini

Claudia Sheinbaum will Frauenrechte stärken. Doch Ak­ti­vis­t*in­nen sind skeptisch Foto: Alexandre Meneghini/reuters

„Frieden, Sicherheit, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit“ – Claudia Sheinbaum lässt keinen Zweifel daran, dass mit ihr als Präsidentin alles noch besser wird, als es ohnehin schon ist. „Bewahren wir das Vermächtnis unseres großen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador“, erklärte die mexikanische Politikerin, die das Erbe des allgemein AMLO genannten Staatschefs antreten will, am Dienstag vor Tausenden von An­hän­ge­r*in­nen im Bundesstaat Tabasco.

Am kommenden Sonntag wird sich entscheiden, ob die Kandidatin der Morena-Partei tatsächlich das Rennen gegen ihre Konkurrentin von der Mitte-rechts-Koalition, Xóchitl Gálvez, machen wird. Alles spricht dafür: Letzten Umfragen zufolge liegt Sheinbaum mit 56 gegen 33 Prozent klar vor Gálvez.

Abgeschlagen auf Platz drei folgt Jorge Máynez von der Bürgerbewegung. Die Wäh­le­r*in­nen entscheiden auch über acht Gouverneur*innen, den Regierungschef von Mexiko-Stadt, das Abgeordnetenhaus, den Senat sowie zahlreiche lokale Ämter. Insgesamt stehen über 20.000 Posten zur Disposition.

Erbe von polarisierendem Vorgänger

Dass Sheinbaum den jetzigen Präsidenten López Obrador in den Mittelpunkt ihrer Reden stellt, hat einen einfachen Grund: Nur ihm hat sie ihre Erfolgsaussichten zu verdanken. Noch kurz vor Ende seiner sechsjährigen Amtszeit steht eine deutliche Mehrheit hinter dem Staatschef.

Er verdoppelte den Mindestlohn, führte eine Grundrente für ältere Menschen ein und schuf Sozialprogramme etwa zur Unterstützung alleinerziehender Mütter. Diese Maßnahmen sowie sein populistisch polarisierender Diskurs gegen seine Gegner*innen, die „konservative Elite“, sind der Grund dafür, dass der 70-Jährige weiterhin so gern gesehen ist. Der Präsident hetzt zwar ständig gegen kritische Jour­na­lis­t*in­nen, Men­schen­rechts­ver­tei­di­ge­r*in­nen oder Feministinnen, doch das tut seiner Beliebtheit keinen Abbruch.

Doch von Frieden und Sicherheit, die Sheinbaum beschwört, kann keine Rede sein. Die Lage hat sich in López Obradors Amtszeit sogar noch verschärft: 180.000 Menschen wurden getötet, die Zahl der Verschwundenen hat um 40 Prozent auf über 100.000 zugenommen.

Kein neues Konzept gegen Kriminalität

In vielen Bundesstaaten kontrolliert die Mafia das gesellschaftliche Leben. Im Zusammenhang mit dem Wahlkampf wurden dem Thinktank Laboratorio Electoral zufolge 84 Menschen ermordet, 34 von ihnen waren Anwärterinnen auf eine Kandidatur. Dahinter stecken sowohl Kriminelle als auch konkurrierende Politiker*innen.

Sheinbaum, die bislang Regierungschefin von Mexiko-Stadt war, verweist zwar auf ihre dortigen sichtbaren Erfolge im Einsatz gegen die Kriminalität. Doch über die Hauptstadt hinaus hat auch sie kein neues Konzept gegen das organisierte Verbrechen. Grund genug für ihre Konkurrentin Gálvez, die Unsicherheit im Wahlkampf in den Vordergrund zu stellen. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Die 61-Jährige tritt für ein Bündnis der Ex-Staatspartei PRI, der konservativen PAN und der zentristischen PRD an. Eine PAN-Regierung hat 2007 die massive Gewaltwelle ins Rollen gebracht, in dem sie den „Krieg gegen die Mafia“ erklärt hat, die PRI hat danach diese Politik fortgesetzt.

Sheinbaum will Frauenrechte stärken

Gálvez kritisiert den „Autoritarismus“ der Morena-Partei. Immer wieder betont sie, dass sie als Indigene in gewaltsamen Verhältnissen aufgewachsen sei und fordert ein Ende der Straflosigkeit für Vergewaltiger. Auch Sheinbaum will Frauenrechte stärken. Doch Ak­ti­vis­t*in­nen sind skeptisch.

Da Sheinbaum López Obradors Politik fortführen wolle, sei nicht viel zu erwarten, sagte Lucia Lagunes von der feministischen Nachrichtenagentur Cimac der taz: „Es ist zwar der feministischen Bewegung zu verdanken, dass erstmals eine Frau Mexiko regieren wird, aber keine der beiden ist Feministin.“

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