Vor dem FDP-Dreikönigstreffen: Birgit Homburger und ihr Dilemma

Die Chefin von FDP-Fraktion und Landesverband Baden-Württemberg muss Parteichef Westerwelle den Rücken frei halten. Die Basis kocht. Und ob der Spagat gelingt, ist offen.

Birgit Homburger, mal nicht im Regen. Bild: dpa

Sie versuchte wieder, was früher meist geklappt hatte. Sie wollte den Laden zusammenhalten. Auch Mitte Dezember, als der FDP-Querschläger Wolfgang Kubicki aus Schleswig-Holstein mit einem Spiegel-Interview für Aufruhr sorgte. Darin hatte Westerwelles Gegner offen die Orientierungslosigkeit der Partei benannt. Birgit Homburger leitete die erste Fraktionssitzung nach Veröffentlichung des Interviews. Sie eröffnete die Sitzung mit den üblichen Worten: Die FDP müsse nur ihre Erfolge besser verkaufen, dann werde sich das Blatt schon wenden. Das war zu viel.

Eine Stunde lang, so berichten Teilnehmer, schimpften Abgeordnete daraufhin über die Lage der Partei. Die meisten klangen wie der außenpolitische Fraktionssprecher Rainer Stinner: "Wenn ich das an der Basis erzähle, dann halten die mich für bescheuert. Wir müssen uns doch mal inhaltlich mit Kubickis Kritik auseinandersetzen. Im Kern hat er ja recht."

Die Szene zeigt die Stärken und Schwächen einer Frau, der in einer der schwersten Krisen der FDP eine Schlüsselrolle zufällt. Und die in dieser Krise wenig richtig machen kann und fast alles falsch. Homburger, 45 Jahre, geboren und aufgewachsen in Singen am Hohentwiel, verheiratet, ist nicht für die Krise gemacht. Die Diplomverwaltungswissenschaftlerin ist eine Verwalterin der Macht, die im heimischen Baden-Württemberg nie ernsthaft gefährdet schien. Dort, im konservativen, mächtigen Landesverband, ist sie aufgestiegen bis zur Landesvorsitzenden. Er ist ihre Machtbasis, die dafür sorgt, dass sie seit 20 Jahren im Bundestag sitzt. Homburger ist an stabile Verhältnisse gewöhnt. Nun muss sie die Krisenmanagerin einer verängstigten Partei geben, und sie ist von dieser Aufgabe sichtlich überfordert.

Die kleine Frau mit dem badischen Akzent steckt in einem Dilemma. Am Donnerstag richtet ihr Landesverband, wie jedes Jahr, in Stuttgart das Treffen der Parteiführung am Dreikönigstag aus. Es ist der traditionelle Auftakt des politischen Jahres, eine Gelegenheit zu Pointierung und Attacke. Zumindest in normalen Zeiten. Diesmal ist die FDP vor allem mit sich selbst beschäftigt: mit ihrer Angst vor den sieben Landtagswahlen in diesem Jahr, allen voran jener im immens wichtigen Baden-Württemberg Ende März.

Homburgers Job wäre es nun, die Sorgen der Funktionäre und Abgeordneten aufzunehmen. Dazu scheint sie nicht imstande. Stattdessen gibt sie Durchhalteparolen nicht nur in Interviews aus ("Wir gehen Dreikönig in die Offensive"), sondern sogar intern. Die Basis fordert Lösungen ein, die die Machtverwalterin nicht hat.

Hinzu kommt: Die baden-württembergische FDP hat noch nie viel gehalten vom Rheinländer Westerwelle. Zu sprunghaft, zu wenig werteorientiert erschien vielen dort der Berufsprovokateur. Ausgerechnet Homburger muss Westerwelle nun vor den eigenen Leuten verteidigen. Der Ungeliebte ist ihr Chef. Dieser Balanceakt misslingt ihr, auch weil ihr Temperament nicht fürs Seelestreicheln gemacht ist. Die Frau, die angibt, als Kind habe sie Profifußballerin werden wollen, reagiert auf Angriffe stets mit Gegenattacken. Je mehr sie in die Ecke gedrängt wird, desto barscher wird sie. In der Krise erweist sich dieses Verhalten als fatal.

Als wäre ihre Stellung nicht angegriffen genug, wird nun auch noch über ihre Ablösung spekuliert. Medien kolportieren, Hans-Dietrich Genscher sähe Westerwelle am liebsten wieder auf dem Posten des Fraktionsvorsitzenden. Dort wäre sein Hang zur Überspitzung endlich wieder Vor- und kein Nachteil mehr. Genscher ist noch immer bestens vernetzt in der Partei. Sein Wort hat Gewicht, auch diese indirekte Schelte für Homburger.

Das ist keine Einzelmeinung. Wolfgang Kubicki watschte Homburger im besagten Interview mit einem vernichtenden Satz ab: "Ich bin der Auffassung, dass die Fraktionsvorsitzende der FDP im Deutschen Bundestag ihrer Funktion nicht gerecht wird". Deshalb wird das Dreikönigstreffen im Stuttgarter Opernhaus nicht nur für Westerwelle zur Bewährungsprobe. Sondern auch für die erste Rednerin des Tages: Birgit Homburger.

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