Vor dem EU-Türkei-Gipfel: Merkel will „Beschlüsse umsetzen“
Schutz der Außengrenze, Hilfe für Griechenland: Das Treffen in Brüssel soll Fortschritte in der Flüchtlingskrise bringen. Die Türkei siganlisierte Unterstützung.
Die EU-Staats- und Regierungschefs treffen sich am Montag mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu. Für die Gespräche in Brüssel sieht Merkel drei Punkte als besonders wichtig an. „Drei Dinge werden im Vordergrund stehen: Erstens die EU-Türkei-Agenda, zum Beispiel die Frage, für welche Projekte die drei Milliarden Euro Unterstützung für Flüchtlinge in der Türkei eingesetzt werden. Zweitens die Frage, wie wir die EU-Außengrenze schützen können. Und drittens, wie wir Griechenland in dieser schwierigen Situation helfen können, das mit der Last nicht alleingelassen werden darf.“
Merkel betonte, es habe keine Wende in ihrer Flüchtlingspolitik gegeben und widersprach damit CSU-Chef Horst Seehofer: „Das ist kein Kurswechsel“, sagte die Bundeskanzlerin. „Ich arbeite weiter dafür, dass wir die türkisch-griechische EU-Außengrenze der Europäischen Union schützen und so, verbunden mit der Bekämpfung der Fluchtursachen, die Zahl der illegalen Flüchtlinge für alle Mitgliedstaaten dauerhaft senken und nicht nur für einige.“
Aus der Türkei kamen vor dem Gipfel Signale, Migranten ohne Asylanspruch wieder zurückzunehmen. Das würde die Europäer entlasten. Um konkrete Zahlen sei es in Vorgesprächen zwischen EU-Spitzenvertretern und der Regierung in Ankara aber nicht gegangen, hieß es am Wochenende in Brüssel. In der vergangenen Woche hatte die Türkei erstmals seit langer Zeit mehrere Hundert Migranten aus Griechenland zurückgenommen.
Humanitäre Lage in Griechenland spitzt sich zu
In einem Brief an die EU-Staats- und Regierungschefs äußerte sich EU-Ratschef Donald Tusk vorsichtig optimistisch. Erstmals seit Beginn der Krise könne er einen Konsens erkennen. Der liberalkonservative Pole hatte zuvor bereits potenziell illegale Wirtschaftsmigranten gewarnt, nicht nach Europa zu kommen. Mit Blick auf die Rücksendung von Flüchtlingen von Griechenland in die Türkei schrieb Tusk am Freitag an die EU-Chefs: „Der politische Wille ist da, aber es gibt eine logistische Herausforderung, bei der wir Griechenland helfen müssen.“
Die humanitäre Lage in Griechenland bleibt dennoch schwierig. Das Land formulierte vor dem Gipfel deshalb klare Forderungen an die europäischen Partner: Regierungschef Alexis Tsipras und die wichtigsten Parteien des Landes bestehen auf einer Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Länder. Mitgliedstaaten, die sich nicht an die Vereinbarungen halten, sollten bestraft werden. Nach der weitgehenden Schließung der Balkanroute hängen mehr als 10.000 Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze fest.
Österreichs Kanzler Werner Faymann drängte die Bundesregierung erneut, eine Jahresobergrenze für die Aufnahme von Asylsuchenden festzulegen. „Auch Deutschland muss eine Zahl für die Aufnahme von Flüchtlingen sagen, die es bereit ist, aus der Region um Syrien und der Türkei zu holen“, sagte Faymann in einem Interview mit der Zeitung Kurier. „So lange Deutschland das nicht sagt, ist klar, was passiert: Die Flüchtlinge glauben weiterhin, dass sie durchgewunken werden.“
Kritik an türkischem Vorgehen gegen Zeitung
Vor dem Gipfel gab es erneut Irritation über den Kurs türkischer Behörden: Die Polizei stürmte am Freitagabend das Redaktionsgebäude der oppositionellen Zeitung „Zaman“. Gegen Demonstranten gingen die Polizisten mit Tränengas und Wasserwerfern vor, wie die Zeitung in ihrer englischen Ausgabe online berichtete.
Der SPD-Europapolitiker Ismail Ertug forderte die EU-Partner auf, diese Repressionen beim Gipfel klar und deutlich anzusprechen. „Es kann nicht sein, dass allein über die Flüchtlingsfrage verhandelt wird, während das Erdogan-Regime Teile der türkischen Verfassung außer Kraft setzt“, teilte der EU-Abgeordnete mit. Die Türkei geht seit Dezember auch in einer Großoffensive gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK vor.
Unter den 28 EU-Staaten zeichnet sich ab, dass Griechenland schnell geholfen wird, um einen humanitären Notstand abzuwenden. Die EU-Kommission hatte am Mittwoch eine Nothilfe von 700 Millionen Euro vorgeschlagen. Diese hat nichts zu tun mit dem Rettungsprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro, das im vergangenen Jahr zur Verhindern einer Staatspleite in Athen aufgelegt wurde. Auch ein Papier der EU-Kommission zur Bewahrung des Schengen-Systems für den passfreien Reiseverkehr wurde im Kreis der Mitgliedsländer positiv aufgenommen.
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