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Vor dem EU-InnenministertreffenÖsterreich will geschlossene Grenzen

Europas Grenzen bleiben für Flüchtlinge geschlossen, wenn es nach der österreichischen Innenministerin geht. So sitzen in Griechenland mehr als 35.000 Menschen fest.

Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Foto: dpa

Berlin/Athen/Brüssel dpa/afp | Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bleibt nach der faktisch vollständigen Schließung der sogenannten Balkanroute für Flüchtlinge hart. „Das Schließen der Balkanroute verläuft planmäßig, und diese Uhr wird nicht zurückgedreht“, sagte sie der Tageszeitung Die Welt. Zugleich lobte sie das abgestimmte Vorgehen der Innenbehörden der Länder entlang der Route. „Diese Allianz der Vernunft hat bisher den entscheidenden Beitrag dazu geleistet, Stabilität und Ordnung für die Menschen in Europa zu wahren.“

Nach Slowenien hatten am Mittwoch auch Serbien, Kroatien und Mazedonien die Balkanroute gesperrt, indem sie niemanden ohne gültigen Reisepass und Visum mehr passieren lassen. Damit sitzen mehr als 35.000 Menschen in Griechenland fest. Auch das Schicksal der Flüchtlinge, die bereits auf der Strecke nach Westeuropa unterwegs sind, ist völlig offen. Die meisten Menschen aus Bürgerkriegsregionen haben keine Chance, in ihrer Heimat gültige Dokumente oder Visa zu erhalten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte die faktische Abriegelung der Balkanroute. „Das ist nicht die Lösung des Gesamtproblems“, sagte sie am Mittwoch in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Natürlich kämen nun weniger Asylbewerber nach Deutschland. Dafür seien aber jeden Abend die Fernsehbilder gestrandeter Flüchtlinge in Griechenland zu sehen. Das könne auf Dauer nicht gutgehen. Mit Blick auf Griechenland und die EU mahnte die Kanzlerin: „Wir können es uns nicht in 27 Ländern nett machen und ein Land alleine mit dem Problem lassen.“

Merkel betonte in einem am Donnerstag veröffentlichten Gespräch mit dem MDR-Hörfunk, dass über die beim EU-Gipfel in Brüssel aufgebrachte Verteilung der Flüchtlinge aus der Türkei auf die EU-Länder nicht allein die türkische Regierung entscheide. Die Details würden derzeit noch ausgearbeitet.

„Wir haben uns vorgenommen, dass bei einer solchen Entscheidung der UNHCR eine Bedeutung haben muss“, sagte Merkel. Das UN-Flüchtlingshilfswerk verfüge über eine lange Erfahrung bei der Umsiedlung von Flüchtlingen, zum Beispiel in Jordanien und dem Libanon. Die derzeit in Griechenland festsitzenden Flüchtlinge werden laut Merkel nicht zwangsweise in die Türkei zurückgeführt. Jeder Einzelne habe Anspruch auf ein rechtliches Verfahren, sagte die Kanzlerin.

Innenminister beraten am Donnerstag

Die EU-Innenminister beraten an diesem Donnerstagmorgen über die Zusammenarbeit mit der Türkei in der Flüchtlingskrise. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und seine europäischen Kollegen wollen bei dem Treffen in Brüssel über die Umsetzung der Grundsatzvereinbarung sprechen, die beim EU-Türkei-Gipfel Anfang der Woche getroffen wurde.

Spätestens auf dem nächsten Gipfel am 17. und 18. März will die EU ein Bündnis mit der Türkei schließen, um den Flüchtlingszustrom einzudämmen und in geordnete Bahnen zu lenken. Das türkische Angebot sieht unter anderem vor, dass die EU alle illegal ankommenden Menschen von den griechischen Inseln wieder in die Türkei zurückschicken kann. Zugleich soll aber für jeden Syrer, der zurück in die Türkei gebracht wird, einer legal in die EU kommen können.

Kanzleramtschef Peter Altmaier nahm die Türkei nach Kritik an der Zusammenarbeit mit dem Land in Schutz. „Ich beschönige nichts. Aber die Türkei hat seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs und des Vormarschs des IS im Irak drei Millionen Menschen aufgenommen“, sagte der CDU-Politiker der Zeitung Die Welt. „Die Türkei hat sich in dieser Flüchtlingssituation europäischer verhalten als so manches Land in Europa. Und sie ist trotz allem demokratischer und rechtsstaatlicher als die meisten Länder in ihrer Region.“ Daher sei es richtig, „dass wir den Versuch einer konkreten Zusammenarbeit unternehmen und dass daraus auch eine Zusammenarbeit in geostrategischer Hinsicht entstehen kann“.

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9 Kommentare

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  • 2G
    23138 (Profil gelöscht)

    Merkel weiß immer, was andere zu tun haben.....im Hinblick auf die Verschärfungen des Asylrechts in D, nach dem die meisten sowieso kein Bleiberecht mehr haben, auf die seitens D vorgenommenen Einlassbegrenzungen, welche schlussendlich alle vorgelagerten Länder zu Vorgehensweisen zwingen, die sonst nicht unbedingt notwendig wären usw. stellt sich die Frage nach dem Handeln verschiedener Staaten nicht mehr. Ich bin als Österreicher keineswegs einverstanden mit der laufenden Politik und dem Schwenk der österr. Regierung unter Faymann, welcher sicher nicht im Einklang steht mit seiner anfangs propagierten Humanität, aber was sollte er tun, wenn Merkel quasi die Flüchtlinge abblockt? Wenn Politiker zur Zeit etwas mehr Ehrlichkeit und Verantwortung aufbringen könnten, wäre das schon ein Riesenschritt.

  • Den leichtesten Job hat z.Zt. Frau Merkel:

    "Ich bin dagegen!"

    Kann man ja auch wunderbar sein, wenn andere die Drecksarbeit verrichten.

     

    Wann, lieber Gott, kommst du endlich und befreist die Menschen von ihrem Elend?

    Nach dem Tode, totsicher!

  • Mein Vorschlag: Deutschland schickt eine mobile Immigrationsbehörde nach Idomeni und bringt die Asylsuchenden über Italien nach Deutschland. Das Grundgesetz kennt keine Einschränkung des Asylrechts

    aufgrund von Untätigkeit anderer Länder.

  • Endlich mal jemand der was unternimmt. Da müssen die Österreicher kommen und zeigen wie man Ordnung herstellt. Eigentlich peinlich für Deutschland

    • @Nobodys Hero:

      Genau! So einen 'Orndnungsbringer' aus Österreich hatten wir schon mal - allerdings war das Reich am Ende seiner 'Regierungsperiode' ziemlich in Trümmern und der 'Heilsbringer' ziemlich tot. Aber manche Leute können anscheinend davon nicht genug bekommen - habe die Ehre....

  • Nur weil ein Mensch in dem einen Land Flüchtling ist, erhält er ja kein Durchreiserecht "als Flüchtling" in ein fernes Land seiner Wahl.

     

    Bisher haben die Einreisewilligen von einem laschen Grenzschutz profitiert und der Nicht-Anwendung des Rechts.

  • Der österreichische Autor Thomas Bernhard sagte zu seinen Lebzeiten als Schriftsteller, der österreichische Staat sei katholisch-nationalsozialistisch. Diese Feststellung scheint nach wie vor nicht abwegig.

  • Wie war das noch mal gleich mit der größeren sozialen Kompetenz von Frauen? Man möchte gar nicht wissen, wie die Politik dieser Dame aussähe, wäre sie ein Mann.

     

    Aber dass österreichische Hunde so richtig hart sein können, wussten wir ja schon. Die "Stabilität" und die "Ordnung", die "Allianz[en] der Vernunft" den "Menschen in Europa" (und im Rest der Welt) einbringen können, wenn sie von solchen harten österreichischen Hunden geführt werden, haben wir ja schon erlebt. In sofern ist der Türke Erdogan wohl wirklich fast der bessere Europäer.

  • "Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte die faktische Abriegelung der Balkanroute. „Das ist nicht die Lösung des Gesamtproblems“, sagte sie am Mittwoch in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Natürlich kämen nun weniger Asylbewerber nach Deutschland. Dafür seien aber jeden Abend die Fernsehbilder gestrandeter Flüchtlinge in Griechenland zu sehen."

     

    Aha, Frau Bundeskanzlerin. Ihre eigene Lösung wird aber zwangsläufig bedeuten, dass wir jeden Abend die Fernsehbilder gestrandeter Flüchtlinge in der Türkei zu sehen bekommen.

     

    Das ist dann natürlich wesentlich humaner - die betroffenen Flüchtlinge freuen sich bestimmt jetzt schon darauf.