Von der Leyen bei Frankreichs Präsident: Macron schmollt

Paris fürchtet um Frankreichs Einfluss in der EU. Nachdem Macrons Kommissionskandidatin abgelehnt wurde, könnte deren Dossier kleiner werden.

Macron mit stolzer Brust vor französischer Flagge

Besonders selbstkritisch zeigte sich Macron im Streit um den EU-Kommissionsvorsitz nicht Foto: ap

PARIS taz | Nach der Ablehnung der französischen Kandidatin für die EU-Kommission hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag die künftige EU-Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen im Elysée-Palast empfangen. Dabei ging es neben dem Brexit und dem Handelsstreit mit den USA darum, einen Ausweg aus der gegenwärtigen Krise bei der Zusammensetzung der zukünftigen Kommission zu finden.

Macrons Kandidatin Sylvie Goulard waren unter anderem Ermittlungen in einer Finanzaffäre zum Verhängnis geworden – nach einer zweiten Anhörung im EU-Parlament hatten die Europa-Abgeordneten sich gegen sie entschieden. Für Macron war die Ablehnung eine persönliche Niederlage und eine Ohrfeige.

Zudem muss er nach dem negativen Entscheid der EU-Abgeordneten befürchten, dass Frankreichs Führungsrolle und Einfluss in der EU gefährdet ist, weil das für Goulard maßgeschneiderte und erweiterte Amt einer Kommissarin für den Binnenmarkt plus Industrie plus Verteidigung stark zurecht gestutzt werden könnte. Macron beharrt darauf, dass es dabei bleibt. Der Umfang der Zuständigkeiten ist ihm wichtiger als die Person.

In Wirklichkeit bemüht sich der samt seiner Kandidatin desavouierte französische Staatschef darum, den Schaden seines taktischen Fehlers (mit der Nominierung von Goulard) zu begrenzen. Noch ist unklar, wen der schmollende Macron jetzt als Ersatz ins Rennen schicken will. Den heutigen Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, die Verteidigungsministerin Florence Parly, die beide lieber in Paris bleiben möchten, oder den EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier?

Von Selbstkritik war bei Macron nichts zu vernehmen

Auch wenn er von der zukünftigen Kommissionspräsidentin keine Entschuldigung erwarten konnte, wollte Macron bei ihrem Besuch in Paris eine „Erklärung“ für das Verhalten der Fraktionen erreichen. In einer Pressekonferenz hatte Macron die Schuld für die Ablehnung Goulards von der Leyen zugeschoben.

Immerhin verdankt von der Leyen ja ihre eigene Nominierung nicht zuletzt der Unterstützung durch den französischen Staatschef, der mit ihrer Kandidatur vor allem den CSU-Mann Manfred Weber blockieren wollte. Das hatten ihm beim Goulard-Hearing gewisse konservative EU-Abgeordnete zweifellos heimzahlen wollten.

Von einer Selbstkritik bezüglich seiner Schachzüge rund um die Bildung der Kommission ist freilich bei Macron gegenwärtig nichts zu vernehmen. Er gibt sich offensiv und belehrend: Europa könne sich in diesem besonders Besorgnis erregenden Zeitpunkt der Weltpolitik „nicht den Luxus kleinlicher Streitereien leisten“, meinte er bei einem Treffen mit Merkel am Sonntagabend.

Er selber kann sich aber ebenfalls nicht den „Luxus“ einer erneuten Ablehnung bei der Besetzung des französischen Postens in der Kommission erlauben. Er sagte von der Leyen, er handele weiterhin für die „Schaffung einer starken Europäischen Kommission, die sich auf eine solide Mehrheit im Parlament abstützen kann“. Einige EU-Abgeordneten hatten allerdings den Eindruck, dass Macron nicht mehr als ein Parlament von Ja-Sagern wünsche.

Bei einem deutsch-französischen Ministerrat in Toulouse hat Macron bereits am Mittwoch erneut die Gelegenheit, neben bilateralen Fragen und den internationalen Konflikten und Krisen auch das Thema EU-Kommission erneut aufs Tapet zu bringen.

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