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Von der Bar ins BettDer Versuch, seriös zu daten

Der Plan fürs erste Date war Kneipe und Konzert – dann gab es doch noch Sex. Und ein bisschen Versteckspielen.

Hier landete der Versuch recht schnell Foto: Annette Riedl/dpa

I Ich muss sagen, dass du gut aussiehst. Von hinten.“ Ich schiebe mein Fahrrad, der Bürgersteig ist schmal, F. läuft hinter mir. Die Geschichte wäre hier vorbei, wenn ich daraufhin auf mein Fahrrad gestiegen und F.s Nummer in meinem Handy blockiert hätte. Aber ich ziehe nur kurz die Augenbrauen hoch, drehe mich zu ihm um, er grinst süffisant, ich grinse süffisant zurück und gehe weiter.

F. hatte mich vor ein paar Wochen auf meiner zweiten Dating-App angeschrieben. Dort habe ich, so war die Idee, ein seriöses Profil und suche „etwas Langfristiges, offen für was Kurzfristiges“. F. sucht „eine Lebenspartnerin“. Wir haben über mehrere Wochen immer mal geschrieben, ich fand ihn witzig, er fand mich witzig, seine Fragen waren originell. Jetzt hat es endlich mit einem Treffen geklappt. Wir haben Bier in einer Kneipe getrunken, und nun gehen wir zu einem Konzert.

„Es kann sein, dass in der Bar Bekannte von mir sind“, sage ich. Ich habe meine eigene Regel verletzt: Daten nicht in meinem Bezirk und nicht in linken Kneipen. „Und heißt das, dann dürfte ich dich nicht küssen?“, fragt er, schlängelt sich an meinem Fahrrad vorbei, kommt mit seinem Gesicht näher, und wir küssen uns, knutschen genauer gesagt, wild und nach mehr verlangend. Ich dachte, seriös daten heißt ein paarmal treffen und sich platonisch aneinander herantasten, aber das scheint hier gerade in eine andere Richtung zu gehen. Und warum auch nicht.

Zur Bar sind es nur noch wenige Meter. Das Publikum steht draußen, der Abend ist mild. F. zieht mich an sich, sein Mund sucht meinen, er beißt meine Lippen. Als ich mich in einer Knutschpause umschaue, sehe ich eine Journalistin, die ich kenne. Shit. Ich mache einen Schritt zur Seite, um mich hinter dem breiten Rücken eines Manns vor mir zu verstecken. „Da sitzt tatsächlich eine Bekannte“, sagte ich zu F. – „Und jetzt versteckst du dich vor ihr?“, fragt er amüsiert, und ich nicke. „Ich hätte eine andere Lösung“, sagt er. „Wir könnten zu mir gehen.“

Sex, Balkon, Sex, Balkon

Ich überlege: Er wohnt am anderen Ende der Stadt, die Fahrt würde ewig dauern. „Wenn, dann lass uns zu mir gehen“, sage ich, zögere und füge hinzu: „Aber ich habe meine Periode.“ – „Stört mich nicht. Dich?“ Ich schüttele den Kopf, deute in Richtung meines Fahrrads und schicke einer Freundin eine Nachricht, dass ich F. mit nach Hause nehme.

Dort angekommen, biete ich F. Bier an, doch statt zu trinken, küsst er mich. Seine Hand gleitet unter mein Kleid, dorthin, wo früher am Abend sein Blick hängen geblieben war, dann nach vorne und tiefer. Er schaut mich an, grinst, geht in die Knie, schiebt mein Kleid hoch und meinen Slip aus dem Weg, ich spüre seine Zunge. F. geht aus dem Raum, kramt in seiner Jacke, kommt mit einem Kondom zurück, schiebt einen Finger an meinem Slip vorbei, küsst mich, dreht mich um und dringt von hinten in mich ein. Seine Stöße sind hart und schnell. Mit einem Griff nach seiner Hüfte schiebe ich ihn weg, drehe mich um und setze mich auf den Tisch. Ich stütze mich mit den Ellbogen ab, umschlinge ihn mit meinen Beinen und helfe ihm wieder, in mich hineinzugleiten. Mehrmals bricht er ab, pausiert kurz, dann geht es weiter. „Kann ich kommen?“, fragt er doch irgendwann. Darf er.

Später raucht er auf dem Balkon Selbstgedrehte. Bis zum Morgen sitzen wir noch ein paarmal hier. Sex, Balkon, Sex, Balkon. Am Ende quillt der Aschenbecher über. Als wir Stunden später auf meinem Bett einschlafen, klingelt bald darauf sein Handywecker. Er muss los, seinen Sohn abholen.

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