: Von Maßhalten ist keine Rede
Israel/USA Pro Jahr zahlen die US-Steuerzahler 3,8 Milliarden Dollar Militärhilfe an Israel. Dafür muss Israel in den USA einkaufen. Und es gibt keine Extras mehr vom Kongress
Aus Jerusalem Susanne Knaul
Es ist ein Militärhilfepaket bislang unbekannten Ausmaßes. Insgesamt 38 Milliarden Dollar sollen aus dem US-Haushalt an die israelische Armee fließen, jährlich umgerechnet 3,4 Milliarden Euro über eine Laufzeit von insgesamt zehn Jahren. Darauf haben sich die Unterhändler Israels und der USA geeinigt. Die Vereinbarung sollte am Mittwoch in Washington unterzeichnet werden. Die Regierung in Jerusalem hatte anfangs noch höher gezielt. Sie war mit der Forderung von 4,5 Milliarden Dollar pro Jahr in die Verhandlungen gegangen.
So viel sei mindestens nötig, um der wachsenden Bedrohung aus dem Iran zu begegnen, die sich aus Sicht Israels infolge des Abkommens über das Atomprogramm ergibt. Dabei ginge es nicht nur um die direkte Gefahr eines atomaren Angriffs, sondern um das Erstarken der iranischen Handlanger der Hamas im Gazastreifen und der Hisbollah im Libanon. Die aufgestockte Militärhilfe soll ab 2019 gezahlt werden, wenn der bisherige Zehnjahresvertrag in Höhe von insgesamt 30 Milliarden Dollar ausläuft.
Die Rekordsumme kam trotz der unterkühlten Beziehungen zwischen den beiden Staaten nach monatelangen Verhandlungen zustande. Seit Jahren liegen der israelische Premier Benjamin Netanjahu und US-Präsident Barack Obama im Clinch, insbesondere wegen der israelischen Siedlungspolitik. Deshalb könnten auch taktische Überlegungen beim Aushandeln des Abkommens eine Rolle gespielt haben, wonach sich die Lage für Israel nach der US-Präsidentenwahl nicht verbessern würde.
Umgekehrt könnte Obama daran gelegen sein, das Verhältnis zu Israel vor den Präsidentenwahl nicht erneut einer Belastung auszusetzen. Vereinbart wurde zudem, dass Israel zukünftig darauf verzichtet, den Kongress um die Bewilligung weiterer Militärhilfe zu ersuchen. Ausnahmefall wäre nur ein neuer Krieg.
„Die eigentliche Frage“, so kommentiert der israelische Politologe Seew Sternhell von der Hebräischen Universität in Jerusalem, sei, „warum die USA dieses enorme Hilfspaket nicht an die Bedingungen knüpfen, dass Israel den Prozess auf der palästinensischen Ebene vorantreibt“. Das linksliberale Lager ist enttäuscht, dass die Regierungszeit Obamas, ein strikter Gegner von Israels Siedlungspolitik, ohne jeden Fortschritt im Friedensprozess zu Ende geht.
Einen Teil der Militärhilfe durfte Israel bislang für den Kauf heimischer Rüstungsprodukte und von Treibstoff nutzen. Diese Ausgaben schränkt das neue Paket schrittweise ein. 5 Milliarden Dollar sind für die Weiterentwicklung von Raketenabwehrsystem vorgesehen, die Israel teilweise in Kooperation mit den USA entwickelt, darunter das System Eisenkuppel, mit dem Israel im letzten Gazakrieg neun von zehn auf Wohngebiete abgeschossene Kurzstreckenraketen noch in der Luft abfangen konnte. Das System ist effektiv, aber teuer. Jede einzelne Rakete kostet 50.000 Dollar.
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