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Vom Journalismus in die PolitikSchaf im Wolfspelz und zurück

Wieder sind einige Jour­na­lis­t*in­nen als Spre­che­r*in­nen in die Bundesregierung gewechselt. Dürfen die das? Und gibt es einen Weg zurück?

Der Saal der Bundespressekonferenz, ein Seitenwechsel ist möglich Foto: Norbert Neetz/imago images

E ine neue Bundesregierung braucht natürlich neue Sprecher*innen. Diese werden zumeist im journalistischen Gewerbe rekrutiert und schon ist das Geraune wieder da. Unser taz-Kollege Ulrich Schulte spricht zum Beispiel jetzt für Umweltministerin Steffi Lemke.

Neuer Steffen Seibert ist Steffen Hebestreit, der früher mal bei der Frankfurter Rundschau war. Wenn er nicht kann, dürfen Christiane Hoffmann (Spiegel) und der frühere dpa- und Spiegel-Chefredakteur Wolfgang Büchner stellvertretend seinen Parkplatz benutzen. Ja, geht denn das, oder verraten die damit neben ihren Idealen auch gleich die Pressefreiheit?

Natürlich dürfen die. Die eigentlich spannende Frage ist doch, warum es immer noch so viele Kerle sind. Und Ideale lassen sich auch prima gleich im Journalismus verraten. (Nein, von euch Vieren ist keiner gemeint oder höchstens Wolfgang).

Ob so jemand dann später noch mal in den Journalismus zurückdarf, wird gleich mitdiskutiert. Obwohl es eher selten vorkommt. Steffen Seibert, der bisherige Regierungssprecher, kam vom ZDF und hätte theoretisch arbeitsrechtlich einen Anspruch darauf gehabt, zurück auf den Lerchenberg zu ziehen. Tut er aber nicht. Andere wie Béla Anda schlurften sehr wohl zurück. Anda kam von Bild, war mal His Masters Voice unter einem gewissen Gerhard Schröder und wurde später stellvertretender Bild-Chef.

Hopp oder topp

Ob eine Rückkehr in den Journalismus funktioniert, hängt immer davon ab, wie das Regierungsamt verstanden und gelebt wird. Die Entscheidung „Hopp oder topp“ kann dabei getrost den Medien selbst überlassen werden. Wer zur Propagandamaschine mutiert, wird danach wohl kaum ein redaktionelles Angebot bekommen. Jedenfalls nicht bei einem seriösen Laden. (Dis­clai­mer: Ich selbst war 2016 bis 2017 Sprecher des ARD-Vorsitzes und arbeite seitdem wieder als Journalist. Das ist nicht ganz vergleichbar, in Bezug auf die grundsätzliche Problematik so eines „Seitenwechsels“ aber schon.) „Wer bestimmt denn hier die ‚Fir­men‘-­Kul­tur?“, fragt die Mitbewohnerin, „Arbeitnehmer oder Arbeitgeber? Allen sollte die Vielfalt der Möglichkeiten offenstehen und Ziele sollten besser verwirklicht werden können.“

Wer jetzt wie der hoch geschätzte Stephan Lamby in Übermedien das Getöse der Systemgegnerschar zu ernst nimmt, schießt über das Ziel hinaus. Lamby plädiert gegen ein Rückkehrrecht in die Redaktion, damit Staat, Parteien und Medien klar getrennt bleiben. Sonst werde ein „pauschaler Verdacht“ befeuert. Hier liegt aber die Krux. „Pauschalverdächtigungen“, die eigentlich nur Unterstellungen sind, werden durch Selbstbeschränkung nicht ausgeräumt. Und am Ende landen wir bei der US-Debatte, ob Jour­na­lis­t*in­nen eigentlich wählen dürfen.

Außerdem hat’s der olle Helmut Schmidt doch vorgemacht. Erst Bundeskanzler, dann Herausgeber und Chef­rau­cher bei der Zeit.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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5 Kommentare

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  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)
    • @95820 (Profil gelöscht):

      Liggers. Das ist das Schöne zum Jahreswechsel: Mögen die weißen Raben auch in 2022 - nicht aussterben.



      & siehste -



      Ohwie lacht - 😇 -

      unterm——servíce — & — 🧑‍🎄🎅🏻 - & -



      lassemers mal mit Erich Mühsam un Fru & Justav Stresemann un sein Flaschenbierhandel in Berlin bewenden:



      Waldfriedhof Dahlem - ruhend - wa.

  • "Lamby plädiert gegen ein Rückkehrrecht in die Redaktion, damit Staat, Parteien und Medien klar getrennt bleiben."

    Worin besteht nun der Unterschied inder journalistischen Arbeit vor und nach solch einem Job? meines Erachtens ist die Trennung durch die zeitliche Trennung gegeben.

    Wenn der verdacht der Parteinahme und selektiver berichterstattung besteht, dann sollte man bereits die Arbeit dieser Journalisten vor dem Job als Pressesprecher begutachten.

  • DÜRFEN, also nicht verboten oder sittenwidrig, ist nicht immer der entscheidende Bewertungsfaktor: Der Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat es ebenfalls vorgemacht, nicht ohne Getöse. Im inneren Zirkel der Macht zählen Vertraulichkeit und Verlässlichkeit, Geheimnisträger müssen wissen, wo Grenzen einzuhalten sind. Auch diplomatisches Abwiegeln von informationshungrigen KollegInnen ist im SprecherInnenamt Pflicht in der Compliance. Heribert Prantl hat auch sehr verschiedene berufliche Ebenen in seinen Lebenslauf verbunden. Unabhängigkeit ist ein besonders hohes Gut in einer Vita, wer hätte von einem Bundespräsidenten gedacht, dass er die Beziehungen zur Haupstadtpresse so missverstehen kann, dass er die Ebenen vermischt und so u.a. per 4-Letter-Gazette im Fahrstuhl nach unten befördert wird. Skepsis ist allemal angebracht, der Artikel von Stephan Lamby ist bemerkenswert. Am Ende bleibt die Frage: Cui bono?

  • Naja Naja - der Uli Schulte - geht wenigstens erkennbar nicht als Jungfähnleinführer durch.



    Das is schon mal n Fortschritt.



    Ansonsten gilt in Schland immer noch Berufsfreiheit - Art 12 GG •



    “ Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland



    Art 12



    (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.



    (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.



    (3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.“

    kurz - Jahresendzeitelaborat - knapp Boulevard - so grad.



    & laß mich raten -



    Hoffentlich gelingt wenigstens der Braten - 🧑‍🎄🎅🏻 -



    Denn schon der Alte aus Wiedensahl - meinte mal -



    “Es wird mit Recht ein guter Braten



    Gerechnet zu den guten Taten;



    Und daß man ihn gehörig mache,



    Ist weibliche Charaktersache.



    Ein braves Mädchen braucht dazu



    Mal, erstens, reine Seelenruh,



    Daß bei Verwendung der Gewürze



    Sie sich nicht hastig überstürze.



    Dann, zweitens, braucht sie Sinnigkeit,



    Ja, sozusagen Innigkeit,



    Damit sie alles appetitlich,



    Bald so, bald so und recht gemütlich



    Begießen, drehn und wenden könne,



    Daß an der Sache nichts verbrenne.



    In summa braucht sie Herzensgüte,



    Ein sanftes Sorgen im Gemüte,



    Fast etwas Liebe insofern.



    Für all die hübschen, edlen Herrn,



    Die diesen Braten essen sollen



    Und immer gern was Gutes wollen.



    Ich weiß, daß hier ein jeder spricht:



    »Ein böses Mädchen kann es nicht.«



    Drum hab' ich mir auch stets gedacht



    Zu Haus und anderwärts:



    Wer einen guten Braten macht,



    Hat auch ein gutes Herz.“

    🍻 Busch - Wiedermal - ganz genderneutral - gemacht -



    & Liggers -



    Ohwie lacht - 😇 -

    unterm——- servíce - Kritik des ♥️ens —



    www.staff.uni-main.../Kritik/braten.htm



    Na mal schaun - leckerer - als bloß am Griffel kaun!



    Achteran lecks - nen Tintenklecks! Gäcks.