Volksbegehren in Brandenburg: 104.000 gegen Massentierhaltung
Knapp 24.000 Stimmen mehr als nötig sammelte die Initiative gegen Mastanlagen. Jetzt muss die rot-rote Regierung reagieren – oder es kommt zum Volksentscheid.
„Wir sind glücklich und überwältigt, mit einem sechsstelligen Ergebnis hatten wir nicht gerechnet“, sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses Agrarwende, Michael Wimmer. Im Potsdamer „Haus der Natur“ hatte etwa 60 Aktivisten der Initiative und Landtagsabgeordnete der Grünen mit Spannung auf das Ergebnis gewartet. Zuvor war mit einer knappen Entscheidung gerechnet worden.
„Jetzt geht es darum, unsere Forderungen ernsthaft mit der Politik und dem Berufsstand, vor allem mit dem Bauernverband, zu diskutieren“, sagte Wimmer. „Ich glaube nicht, dass sie jetzt noch mal den gleichen Fehler machen, uns billig abzuspeisen.“ Im vergangenen Jahr war eine Volksinitiative gegen Massentierhaltung, die rund 34.000 Brandenburger unterschrieben hatten, an der rot-roten Regierungsmehrheit im Landtag gescheitert.
„Der Ball liegt jetzt bei den Koalitionsfraktionen im Landtag und bei der Landesregierung“, sagte Martin Kündiger, Sprecher der Initiative zum Volksbegehren. „Wenn da wieder eine Ablehnung kommt, sind wir auch gewillt, in den Volksentscheid zu gehen.“
Förderung nur unter Bedingungen
„Brandenburg will die Agrarwende“, sagte der Landesvorsitzende der Grünen, Clemens Rostock. „Trotz zahlreicher Hürden – diese hohe Zahl an Stimmen zu sammeln, zeigt, dass sich was ändern muss.“ Bislang habe Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) nur halbherzige Signale gesendet. So sollen die alten Auflagen zum Tierwohl weitgehend bestehenbleiben und mit überschaubaren Verbesserungen als Premiumförderung mit 40 Prozent gefördert werden, meinte Rostock.
Das Bündnis Agrarwende fordert, nur noch Mastbetriebe mit bis zu 40 000 Tieren bei Geflügel und bis zu 2000 Schweinen mit Steuergeld zu fördern. Ein hauptamtlicher Tierschutzbeauftragter soll über die Betriebe wachen. Zudem wird ein Klagerecht von Tierschutzverbänden gegen Genehmigungen von Anlagen und bei Missständen in der Tierhaltung gefordert.
Beschränkungen für Großmastanlagen
Der Bauernbund erklärte, Vogelsänger solle baurechtliche Beschränkungen für Großmastanlagen erlassen. „Wir hoffen sehr, dass der Minister bei der Ablehnung des Verbandsklagerechts und zusätzlicher Tierschutz-Auflagen bleibt“, sagte Bauernbund-Vorstand Reinhard Benke. „Er kann aber nicht so tun als gäbe es diese über 100.000 Unterschriften nicht.“
Zustimmung kam von der Linken-Fraktion im Landtag. „Wir möchten einen Tierschutzbeauftragten beim Verbraucherschutzministerium einrichten“, sagte die agrarpolitische Sprecherin, Anke Schwarzenberg. Ein Klagerecht der Verbände ließe sich so ausgestalten, dass die von den Landwirten befürchteten Verzögerungen bei den Verfahren vermieden werden könnten.
Ein halbes Jahr lang konnten die Brandenburger auf Ämtern oder per Briefwahl für das Volksbegehren unterschreiben. Die Stimmen wurden auf den Ämtern bereits geprüft. Nach Angaben des Landeswahlleiters hatten sich fast 107.000 Bürger beteiligt. Gut 3.000 Eintragungen waren aber ungültig. Mit 13.685 Unterschriften hatten sich die Bürger in der Landeshauptstadt Potsdam am stärksten beteiligt. Über das endgültige Ergebnis berät am 27. Januar der Landesabstimmungsausschuss.
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