Volksabstimmung in der Schweiz: 18 Euro Mindestlohn abgelehnt
Eine klare Mehrheit der Schweizer spricht sich gegen einen Mindestlohn aus. Auch die Anschaffung von Kampfjets scheitert nach Hochrechnungen knapp.
BERN dpa | Die Schweizer haben der Einführung eines Mindestlohns mit deutlicher Mehrheit eine Absage erteilt. Bei einer Volksabstimmung am Sonntag stimmten laut ersten Hochrechnungen von Meinungsforschern nur 23 Prozent der Wähler für einen Mindestlohn von umgerechnet 18 Euro pro Stunde.
Ganz knapp scheiterte nach den Berechnungen des Forschungsinstituts gfs.bern für das Schweizer Fernsehen SRF das Vorhaben der Regierung, umgerechnet 2,6 Milliarden Euro für 22 neue Kampfjets des schwedischen Typs Gripen auszugeben. 52 Prozent der Abstimmenden votierten laut Hochrechnung dagegen.
Die Befürworter des Mindestlohn-Referendums – linke Parteien und Gewerkschaften – hatten für einen „würdevollen“ Lohn geworben. Die Initiatoren erklärten ein monatliches Mindesteinkommen von umgerechnet 3.300 Euro für notwendig, um in der teuren Schweiz mit ihren hohen Mieten und Lebenshaltungskosten über die Runden zu kommen.
Die Gegner des Vorhabens, unter ihnen Regierung, Unternehmer und konservative Parteien, warnten hingegen vor negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Zudem verwiesen sie auf bereits geltende Mindestlöhne in bestimmten Branchen.
Bislang gibt es in der Alpenrepublik keinen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. In Deutschland soll ab 2015 ein Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt werden. Auch in Frankreich (9,43 Euro) und Spanien (5,05 Euro) liegen die Lohnuntergrenzen deutlich unter dem im Schweizer Referendum vorgeschlagenen Mindestlohn.
Zustimmung für Arbeitsverbot für Pädophile
Ebenfalls mit deutlicher Mehrheit sprachen sich die Wahlberechtigten am Sonntag für die Einführung eines lebenslangen Verbotes zur Arbeit mit Kindern für Pädophile aus. Hier lag die Zustimmung laut ersten Hochrechnungen bei 63 Prozent.
Weniger klar war die Stimmungslage am Sonntag hingegen beim dritten zur Abstimmung gestellten Thema, dem Kauf von 22 Kampfflugzeugen aus Schweden. Hochrechnungen zufolge lehnten 52 Prozent der Wahlberechtigten das Vorhaben ab. Es sei unwahrscheinlich, dass sich dieses Resultat noch ändere, sagte Claude Longchamp vom Institut gfs.bern im Schweizer Fernsehen SRF.
Über das Geschäft mit einem Volumen von umgerechnet rund 2,5 Milliarden Euro wird in der Schweiz seit Langem gestritten. Während die Regierung den Kauf als notwendig für die Modernisierung der Armee betrachtet, stellen die Gegner des Projekts die Eignung der schwedischen Gripen-Modelle infrage. Zudem entbrannte in den vergangenen Monaten eine heftige Debatte darüber, ob die Schweiz überhaupt neue Kampfflugzeuge braucht.
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