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Vietnam und der Fall Trinh Xuan ThanhEntführung indirekt eingeräumt

2017 wurde der frühere Wirtschaftsfunktionär Trinh Xuan Thanh von Berlin nach Hanoi entführt. Das hat ein hoher vietnamesischer Beamter eingestanden.

Trinh Xuan Thanh auf dem Weg zum Prozess in Hanoi nach seiner Entführung in Berlin 2017 Foto: Doan Tan/VNA/dpa

BERLIN taz | Erstmals hat ein hoher Beamter des vietnamesischen Innenministeriums eingestanden, dass der frühere Wirtschaftsfunktionär Trinh Xuan Thanh 2017 von Berlin nach Hanoi entführt wurde. Der Mann, der seinen Namen nicht öffentlich nennt, tat das in einer Eingabe über Vietnams Innenminister To Lam an die Parteiführung.

To Lam hat laut einem Urteil des Berliner Kammergerichtes die Entführung in Auftrag gegeben. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die von ihm nach Berlin geschickten Geheimdienstmitarbeiter während und nach der Entführung mit ihm telefonierten. Ebenso ist nachgewiesen, dass er ein slowakisches Regierungsflugzeug nutzte, um das Entführungs­opfer gemeinsam mit mehreren Mitentführern von Bratislava aus dem Schengenraum hinaus nach Moskau zu bringen.

In der parteiinternen Eingabe über den Innenminister, die der in Berlin erscheinenden vietnamesischsprachigen Onlinezeitung Thoibao.de zugespielt wurde und deren Autor dort bekannt ist, prangert der Beschwerdeführer den Innenminister To Lam als „den Skandalösesten unter den Mitgliedern des Politbüros der Kommunistischen Partei Vietnams“ an, also aus dem Kreis der Parteiführung, die im Januar auf einem Parteitag bestimmt wird.

Er wirft To Lam mehrere Korruptionsvergehen vor, etwa beim Verkauf einer Telefongesellschaft, und unterstellt ihm, vietnamesische Bürger nicht gegen Angriffe durch chinesische Schiffe im Südchinesischen Meer (Vietnamesisch: Ostmeer) und vor chinesischen Unternehmen in Vietnam zu schützen. Viele hohe Parteikader hätten sich deshalb schon an Parteichef Nguyen Phu Trong gewandt, so der Beschwerdeführer. Doch der hätte geschwiegen.

Trinh Xuan Thanh hatte in Berlin Asyl beantragt

Der Beschwerdeführer meint auch, den Grund für das Schweigen zu kennen: Der Innenminister hatte Geheimdienstmitarbeiter nach Deutschland geschickt, um Trinh Xuan Thanh zu entführen. „Dadurch wurde das Völkerrecht verletzt und der Ruf Vietnams lange Zeit ernsthaft beeinträchtigt“, heißt es in der Beschwerde. Bis heute würden europäische Staaten den vietnamesischen Geheimdienst in Europa darum beargwöhnen und behindern. „Mit der Entführung wollte To Lam den persönlichen Willen von Parteichef Nguyen Phu Trong befriedigen und ihm absolute Loyalität zeigen.“

Tatsächlich hatte der Parteichef und damit der quasi wichtigste Politiker in Vietnams Einparteienstaat vor der Entführung in mehreren Presseinterviews der Bevölkerung versprochen, das in Ungnade gefallene und der Korruption beschuldigte spätere Entführungsopfer zu finden und es vor ein vietnamesisches Gericht zu stellen – egal in welchem Land der Welt es sich befinde.

Petra Schlagenhauf, die Berliner Rechtsanwältin des Entführungsopfers, sagt der taz: „Ich freue mich, dass sich innerhalb des Parteiapparates in Vietnam eine Stimme zu Wort meldet, die die völkerrechtswidrige Entführung meines Mandanten durch den vietnamesischen Geheimdienst bestätigt und der darüber hinaus das Völkerrecht wichtiger ist als der Wille des Parteichefs.“ Schlagenhauf würde sich freuen, wenn sich auf dem Parteitag im kommenden Januar solche Personen durchsetzen würden. „Vietnam sollte den völkerrechtswidrigen Zustand beenden, indem es meinem Mandanten die Rückkehr nach Berlin ermöglicht.“

Trinh Xuan Thanh hatte nach seiner Flucht nach Berlin Asyl beantragt. Nach seiner Entführung wurde er in Hanoi zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt. Die Entführung belastete über mehrere Monate das Verhältnis zwischen den Regierugen in Berlin und Hanoi schwer.

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