Viele Tote bei Angriffen in Nigeria: Die Blutrache der Islamisten

Islamistische Rebellen sollen in zahlreiche muslimische Zivilisten in Nigeria getötet haben. Der Krieg zwischen Armee und Boko Haram nimmt algerische Züge an.

Ausnahmezustand im Nordosten Nigerias: Im Mai startete die Armee eine Offensive, um den Aufstand von Boko Haram zu beenden. Bild: dpa

BERLIN taz | Mit Massakern an Muslimen hat die islamistische Rebellengruppe Boko Haram im Norden Nigerias ihren Krieg weiter verschärft. Nach amtlichen Angaben überfielen in Armeeuniformen gekleidete Boko-Haram-Kämpfer am Sonntag im Morgengrauen eine Moschee in der Stadt Kanduga und eröffneten das Feuer auf die Gläubigen; 44 Menschen sollen gestorben sein und 26 Verletzte wurden in Krankenhäuser eingeliefert.

Manche hatten Stich- und Brandwunden, da die Angreifer nach der Moschee auch in Häuser eingedrungen seien, hieß es in Presseberichten. Ferner sei im nordostnigerianischen Bundesstaat Borno eine Reihe von Dörfern überfallen worden. Im Dorf Ngom östlich der Provinzhauptstadt Maiduguri habe es 12 Tote gegeben, in Mandarari und Malari weitere 19.

Der Dorfchef von Ngom sagte nach Militärangaben, die Angreifer hätten den zwölf Opfern die Hände hinter dem Rücken gefesselt und ihnen dann die Kehlen durchgeschnitten. Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben ist nicht möglich, und sie stammen von Nigerias Eliteeinheit JTF (Joint Task Force) aus Militär und Polizei, der ihrerseits immer wieder Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung im Kampf gegen Boko Haram vorgeworfen werden.

Aber Bewohner der betroffenen Gebiete bestätigten die Vorfälle gegenüber Journalisten in Maiduguri. Die Tageszeitung This Day zitierte einen Bewohner von Mailari: „Gegen Sonnenaufgang kamen bewaffnete Männer in Militär und Polizeiuniformen mit Autos und Motorrädern in unser Dorf, riefen ,Gott ist groß' auf Arabisch und begannen, einen nach dem anderen zu töten.“

Seit mehreren Monaten läuft in Borno und in Nachbarregionen Nigerias eine Großoffensive gegen Boko Haram. Neuerdings haben die Behörden begonnen, die Bewohner der zurückeroberten Regionen in Bürgerwehren zu organisieren. So patrouillieren Jugendliche mit Knüppeln in Teilen von Bornos Hauptstadt Maiduguri. Das Militär verlässt sich darauf, dass diese lokalen Milizen mutmaßliche Islamisten denunzieren.

Unabhängige Beobachter fürchten, dass ein Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt entsteht, ähnlich wie auf dem Höhepunkt des Bürgerkriegs in Algerien vor 20 Jahren. In einem am Montag verbreiteten Internetvideo übernahm Boko Harams Führer Abubakar Shekau die Verantwortung für die jüngsten Angriffe und sagte, Nigerias Regierung könne den Krieg nicht gewinnen, da sie gegen Gott kämpfe.

Boko Haram kämpft seit 2009 im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias mit Gewalt für einen islamischen Staat. Die Gruppe, deren Name übersetzt „westliche Bildung ist böse“ bedeutet, verübte dabei zahlreiche blutige Anschläge gegen Sicherheitskräfte, Regierungsvertreter und Kirchen. Bei den Anschlägen und den Kämpfen mit der Armee wurden seit 2009 mindestens 3.600 Menschen getötet.

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