Videoassistenten für Fehlentscheidungen: Schiedsrichter vor der Glotze
Schlimm für Fußballromantiker: Ab Sommer entscheiden Videoassistenten in der Bundesliga mit. Menscheln soll es trotzdem.
Der Videoassistent, der nicht im Stadion, sondern in einem Studio in Köln sitzen wird, soll nämlich nur in vier Fällen Einfluss auf Entscheidungen des Schiedsrichter nehmen: bei Toren, die nicht regelkonform erzielt wurden, bei falschen Elfmeterpfiffen oder roten Karten und bei Spielerverwechslungen des Referees im Falle von gelben und roten Karten.
Um den Mehrwert der technischen Revolution im deutschen Fußball zu veranschaulichen, führte der DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann eine Statistik an, die man nach den ersten 16 Spieltagen erhoben hat. „In dieser Zeit hat es 44 klare Fehlentscheidungen gegeben. Mit einem Videoassistenten hätten 33 davon aufgeklärt werden können.“ Den Fußballromantikern, so Zimmermann, wären also immer noch elf Szenen geblieben, über die sie hätten diskutieren können, weil sie nicht in den Verantwortungsbereich des Videoassistenten gefallen wären.
Das Schiedsrichterwesen, so also seine Botschaft, wird sich künftig deutlich der Perfektion annähern, und es wird dennoch hin und wieder menscheln.
Offline wird das System mit dem Videoassistenten bereits seit dieser Saison eingeübt – das heißt, ohne Kontakt zum leitenden Schiedsrichter. Vor allem werden erfahrene Bundesliga-Schiedsrichter, die gerade ihre aktive Karriere beendet haben, geschult, Entscheidungen zu identifizieren, die klar falsch sind. Der ehemalige Referee Helmut Krug, der dieses Projekt leitet, berichtete, dass man sich in der Probephase bei der Entscheidungsfindung deutlich verbessern konnte. Statt anfangs 90 Sekunden hätten die Videoassistenten mithilfe der besten Kameraeinstellungen am Ende maximal 40 Sekunden für ihre Urteile benötigt.
Wenn in der nächsten Saison die praktische Testphase beginnt, werden die letzten Entscheidungen aber nach wie vor auf dem Feld vom Unparteiischen getroffen. Im Zweifelsfall kann er sich strittige Szenen auch auf einem TV-Schirm an der Seitenlinie anschauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!