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Video der WocheGod bless guns

Todeszahlen, eine US-Flagge, Schüsse: Was nach dem Amoklauf in Newtown wie eine aktuelle Anti-Waffen-Kampagne anmutet, ist doch viel älter.

Alles gesagt. Bild: reuters

Japan: 48 Tote durch Handfeuerwaffen.

Großbritannien: 8 Tote durch Handfeuerwaffen.

Kanada: 52 Tote durch Handfeuerwaffen.

Vereinigte Staaten von Amerika: 10.728 Tote durch Handfeuerwaffen.

Die Stimme des Mannes, der diese Zahlen vorträgt, wird begleitet von einzelnen Schüssen – und einer Salve an Schüssen, als die Toten in den USA vorgetragen werden. Sie duchrschlägt die amerikanische Flagge, durchlöchert Sterne und Streifen, aus dem Off ertönt ein zynisches „God bless America“.

Die Anti-Waffen-Kampagne stammt nicht aus dieser Woche. Sie wurde 1981 produziert. Die Statistiken sind aus dem Jahr 1980. Hintergrund für den Spot war der Mord an John Lennon am 8. Dezember 1980, wie die Macher der Seite buzzfeed.com sagen. Lennon war auf offener Straße von Mark David Chapman mit einer Waffe Kaliber 38 erschossen.

31 Jahre später hat der kurze Clip leider nichts an Aktualität verloren. In einem Recherchebericht für den US-Kongress vom November 2012 sind die Zahlen nüchtern aufgelistet: Besaßen 1994 etwa 44 Millionen Menschen insgesamt 192 Millionen Waffen, waren 2009 etwa 310 Millionen Waffen in Händen von Zivilisten. Davon 114 Millionen Handfeuerwaffen, der Rest Gewehre.

Frontier und Freiheit

In keinem anderen Land gibt es mehr Waffen in Privatbesitz als in den Vereinigten Staaten. Das Recht, eine Waffe zu tragen, ist im Zweiten Zusatzartikel der Verfassung festgeschrieben: „Da eine gute organisierte Miliz für die Sicherheit eines freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden“, heißt es dort. Die Verantwortung und die Freiheit, sich selbst zu verteidigen sowie der in der Kulturgeschichte und dem Selbstverständnis des Landes tief verankerte Gedanke der „Frontier“ (im Deutschen nur unzureichend zu übersetzen mit „Grenzland“) verhinderten bis heute strengere Waffengesetze.

Ob sich daran etwas ändert, ist auch am Ende eines Jahres unklar, in dem die USA zwei der schlimmsten Amokläufe ihrer Geschichte erlebten. Am 20. Juli starben in einem Kino in Aurora, Colorado, 12 Menschen, 58 wurden vom Täter James Holmes teilweise schwer verletzt. Holmes war mit einem halbautomatischen Gewehr, einer Pump-Gun und mindestens einer Waffe Kaliber 40 bewaffnet. Am 14. Dezember tötete der 20-jährige Adam Lanza in Newtown, Connecticut, zunächst seine Mutter und dann in einer Grundschule 20 Kinder und sechs Erwachsene, bevor er sich selbst umbrachte.

Die Stimmen, die sich für eine Verschärfung des Waffenrechts aussprechen, sind nach Newtown lauter geworden, auch Präsident Obama setzt sich nun dafür ein. Doch es gibt auch Ansichten wie die von Lobbyist Larry Pratt, der sich auf CNN bei Piers Morgan dafür ausspricht, Waffen an Schulen zuzulassen und glaubt, bewaffnete Lehrkräfte hätten den Amoklauf verhindern können. Und laut einer aktuellen Gallup-Umfrage ist die Mehrheit der befragten Amerikaner der Meinung, mehr Polizeipräsenz könne Taten wie die in Newtown am effektivsten verhindern.

Laut „Centers for Disease Control and Prevention“ wurden im Jahr 2009 von 16.799 Morden in Amerika 11.493 mit Schusswaffen begangen. God bless America.

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17 Kommentare

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  • R
    rita

    @slartibartfass: es geht um mehr als 10.000 Tote durch Handfeuerwaffen!, und das im Jahr 1980! Die aktuelle Schätzung liegt bei 30.000 im Jahr, 500 pro Monat. Ganz interessant: http://www.spiegel.de/politik/ausland/atlas-der-todesschuesse-alle-schusswaffen-toten-in-usa-seit-newtown-a-879012.html

  • R
    rita

    Du meinst also, weil Aussies und Amies meinen, die Deutschen seien notorische "Rechthaber", sind sie selber weit davon entfernt, immer Recht haben zu wollen? Wer schreibt denn der Welt vor, was "Frieden" und "Freiheit" oder "Demokratie" bedeutet? Wer weiß genau, welche Nationen "schlecht", welche "gut" sind und welche "Rebellen" Unterstützung verdienen, welche Führer "entmachtet" werden müssen? Und wer wehrt sich reflexhaft gegen jeden zaghaften Ruf nach mehr Waffenkontrollen und weiß genau, dass Waffengewalt nur mit noch mehr Waffen begegnet werden kann?

     

    Und zu deinen netten Australiern: Ich habe einmal aufgrund eines australischen Facebook-Eintrages gewagt, meine Meinung zu den amerikanischen Waffengesetzen zu äußern und wurde einfach nur total niedergemacht. Ist das vielleicht "Nicht-immer-Recht-haben-wollen?

    Und noch eins zu diesem komischen Deutschen-Bild: Für viele sind die Deutschen gerne immer noch schlicht Nazis, treten sie aber für Frieden ein, sind sie notorische Rechthaber. Und solche Szenen wie auf dem Alex, wo ein Mensch einfach totgetreten wird, kommen sicher nicht nur in Deutschland vor. In einem Land mit großer Schusswaffendichte wie USA wird daraus dann leicht ein großes Blutbad. Nur sowas interessiert Sie natürlich nicht.

  • E
    Ernst

    Unter dem Eindruck eines Schnellfeuergewehrs und vielleicht der einen oder anderen Handgranate bekommt der "nachbarschaftlicher Kleinkrieg" eine dramatische Färbung.

  • F
    FaktenStattFiktion

    @Hubert

    Selbstmorde sind ansteckend, dies sollten wir nicht erst seit dem "Werther" wissen. Erst jüngst gab es eine Häufung von Selbstmorden mittels einer Geisterfahrt.

     

    Der Film "Bowling for Columbine" ist nicht nur nachweislich über weite Strecken erfunden, sondern die Blaupause für zahlreiche folgende Amokläufe. Es gab auch nicht umsonst zwei deutsche Amokläufe.

     

    Ein Amoklauf ist ein Selbstmord mit Hilfestellung, die Täter zu feige sich selbst zu richten. Dies wäre sinnvoll und unspektakulär - und deshalb wird es auch nicht passieren.

  • G
    Glockzilla

    48 Tote in Japan sind ganz schön viel für ein Land OHNE privaten Waffenbesitz. Desto GB. Totgeschwiegen wird auch gerne, daß zb gerade in dieser Woche ein Amoklauf in Oregon durch einen bewaffneten Bürger abgebrochen wurde. Dies passiert öfters, kommt aber nur in der Lokalpresse ans Tageslicht.

    Man muß nicht alles mögen was aus den USA kommt aber undifferenziertes Bashing bringt nichts. Wären liberale Waffengesetze der Grund für die vielen Toten, müßten wir Österreicher, die Schweizer und die Finnen in Blut ersaufen.

  • H
    Hubert

    Das Problem sind nciht die bescheuerten Waffengesetze der USA. Die Schweiz hat da eine ähnlich lockere Gesetzgebung. Das Problem ist die Mentalität, die Kultur der Angst.

     

    Leute, es gab da mal vor über zehn Jahren einen Film, Bowling for Columbine. Seit diesem Film gibt es zum Thema eigentlich nichts mehr zu sagen.

  • F
    FaktenStattFiktion

    In ser Bundesrepublik begehen ca. 11.000 Mensches jedes Jahr Selbstmord. Etwa 18.000 Bürger in den USA begehen mit Schusswaffen den Suizid.

     

    Wohlgemerkt - dort gibt es knapp vier mal so viele Einwohner. Die Mordrate in den Staaten ist -abgesehen von den Vierteln, wo schwarze Gangs herrschen- vergleichbar der Rate in Deutschland. In GB ist die Gewalt explodiert, nachdem Kurzwaffen verboten wurden.

  • T
    Typisch

    Typisch Deutsche Reaktionen-man kann so schoen USA bashing treiben.Dabei uebersieht man gerne die eigene Geschichte-"Untertanen duerfen keine Waffen haben"und die Tatsache das "Waffenbesitz"keine Amoklaeufe mit einer Vielzahl von Toten verhindert.Ansonsten gaebe es bspw. in einer Diktatur wie China(darauf kann man sich ja sogar in linken Deutschen Kreisen wohl einigen das China eine Diktatur ist-oder?)geben.Durch diese dummerhaftige und kurzsichtige Verkuerzung auf"DIE BOESEN SCHUSSWAFFEN SIND SCHULD"und die genau so dumme Gegenreaktion der NRA"Nur mehr Waffen helfen"und"Hollywood und Videospiele sind Schuld",ist niemandem geholfen.

    Leider hinterfragt aber keiner(offentlich)anhand von Taeterprofilen moegliche Gesellschaftliche Ursachen(Amoklaeufe im Wandel der Zeiten-frueher Erwachsene-heute vermehrt Jugendliche)und Krankheitsgeschichten(Stichwort Prozac u.ae. Medikamente).Das Herostraten heute gezielt gegen Kinder vorgehen ist angesichts der_behaupteten_Wichtigkeit von Kindern fuer die Gesellschaft(die aber sich in keiner Weise im tatsaechlichen Handeln wiederspiegelt)kein Wunder(Maximale Aufmerksamkeit und Ewiges Erinnern-da war man bei Herostratos klueger!).Das Entsetzen darueber ist also nur bei den tatsaechlich betroffenen keine Heuchelei!Btw. Deutschland 2011 ~6mio.Straftaten.Davon 197.030 Gewalttaten.Alles natuerlich nur die angezeigten.

  • F
    FetteFriedenstaube

    Man sollte Kriegswaffen auch bei uns frei erwerben können, damit die vielen Linken mit ihren Panzerfäusten nicht mehr kriminalisiert werden!

     

    http://www.express.de/duesseldorf/ueberfall-in-neuss-panzerfaust-raeuber-untergetauchte-raf-terroristen-,2858,20751762.html

  • V
    vic

    Man beachte den letzten Absatz. Zahlen vom Zentrum für Seuchenkontrolle. Ja, das ist vermutlich eine Art Seuche. Und die breitet sich aus.

  • H
    hackbeil

    @ von Oh mann, noch einer:

     

    The only one, who now the real truth, is you. I´m afraid about your really true words. God bless you, fucking kraut!

  • S
    slartibartfass

    die halbe lüge ist auch nicht die wahrheit:

    usa 320mill einwohner, großdeutschland 80mill so pi mal nasenloch

    um ähnlich mordlustig zu sein, mafia, rotlicht, nazis und gotteskrieger incl. müssten hier mindestens 2500 menschen erschossen, erstochen, zertrampelt worden sein. und das auch nur wenn man die messeropfer in den usa wegläßt. ganze bevölkerungsgruppen gehören scheinbar nachn deiner aussage nicht zur usa.mannomann

  • D
    daswois

    Was hier im thread nicht so leuchtet ein ist,

    dass es die Pro-gun-lobby selber ist, denen ihre eigenen Argumente ihnen um die Ohren fliegen. Dazu gibt es wohl einen Diskurs, der keiner ist, der da auch nun wieder gerade von Rechts mit: "USA braucht eben mehr Waffen", gefüttert wird. Der Artikel tut dazu nix, als mal eini9ge, das Thema betreffende Fakten aufzuzählen.

     

    Und den Kommentatoren hier stösst wohl einiges auf, die conceled carry Erlaubnis für alle 50 Staaten aber gar nicht.

    Kann sein dass Waffen in den USA wesentlicher Bestandteil des Lebens sind, die Folgen für jeden einzelnen_e aber auch, und das Ganze nochmal jenseits der Statistiken und zwar von Kindesbeinen an.

  • LI
    libertär is nich schwer

    ja ihr linksliberaalen neospießer; gegen privatwaffen hetzen, aber "militärische lösungen" durchwinken, wenn es um die mönschenrechte geht, ne?

     

    bäh!

  • HS
    Halbwahrheiten sind die schlimmsten Lügen

    Japan: 48 Tote durch Handfeuerwaffen.

     

    Großbritannien: 8 Tote durch Handfeuerwaffen.

     

    Kanada: 52 Tote durch Handfeuerwaffen.

     

    Vereinigte Staaten von Amerika: 10.728 Tote durch Handfeuerwaffen

     

    Das stimmt. Es fehlen aber die Zahlen über Erstochene oder Totgetretene. Wieviele Bürger wurden denn in den USA in letzter Zeit totgetreten oder erstochen weil sie Amerikaner waren? Laufen die Täter frei herum? Dazu dann einen Vergleich zwischen London und New York ansehen. Interessant wären auch zu erfahren wer die Toten und Täter in den USA sind. Großteils sind es Tote aus Kämpfen zwischen mexikanischen und/oder afroamerikanischen Gangs bzw. deren Opfer. London wie Paris sind wesentlich gefährlicher als amerikanische Großstädte. Solche Statistiken wird man allerdings nicht lesen. Das passt ideologisch nicht. Da gibt man lieber den Amis Ratschläge oder besser Anweisungen. Ich glaube, daß die Amis eher ihre Probleme lösen werden als wir. Bei den Amis darf man nämlich darüber reden. Bei uns dürfen das nur die immergleichen wenigen Personen in ARD-Labershows, welche zu den immergleichen Schlüssen kommen und weitermachen.

  • H
    Hilke

    Statistisch gesehen ist es in einer Schule noch immer viel sicherer als auf den Straßen einer Stadt in den USA. Soll man deshalb also jetzt Polizisten von dort abziehen und in die Schule schicken? Das ist unsinnig.

  • OM
    Oh mann, noch einer

    Da hat sich keiner mit der Situation in den USA beschäftigt. Da schreibt jemand, der schon immer wusste wie die USA zu sein haben. Auf Tipps der Amis wie man verhindern kann, daß in Berlin Menschen zu Tode getreten werden und anschließend die Mörder frei herum laufen wür solche Schreiber dann eher dünnhäutig reagieren. Machen die Amis aber nicht. Ich komme gerade aus Australien. Nette Leute. Nachdem man sich kennt und man irgendwann auf seine typisch deutsche Art direkte Meinung zu den Deutschen einfordert kommt keine. Irgendwann mit einem Lächeln meinte man es gäbe zu den Deutschen einen Spruch: The germans are allways right. Inzwischen weiß ich, daß es den auch in den USA gibt. Immerrechthaber ist wohl die beste Beschreibung für Leute, die genau wissen wie der Nahostkonflikt gelöst werden kann, was die Amis zu tun haben und wie die Weltrevolution funktionieren würde wenn man nur sie ans Steuer ließe. Zuhause scheitern sie aber an ein paar Neonazis, orientalischen Ausländern die Leute plattmachen oder ermorden oder daran in Berlin IRGENDETWAS zum Besseren zu kehren. Die Australier, die Amis und wer weiß ich noch nennen sie Germans, bei uns nennt man sie "Linke".