VfL Wolfsburg träumt vom Triple: Mit viel Willenskraft
Die Fußballerinnen vom VfL Wolfsburg stehen erneut im Champions-League-Finale. Gegen Arsenal ragt wieder einmal Alexandra Popp heraus.
Über 15.000 Menschen hat am Tag danach dieses Bild gefallen: Alexandra Popp kauert auf dem Rasen im Emirates von London, ein ganzes Stück abseits von ihren Kolleginnen des VfL Wolfsburg, die sich noch beglückwünschen: für einen Coup, der für den deutschen Frauenfußball im nächsten wegweisenden Jahr gar nicht hoch genug zu bewerten ist. Der Doublesieger hat mit einem sicherlich auch glücklichen 3:2 nach Verlängerung bei Arsenal WFC zum sechsten Male das Champions-League-Finale erreicht.
Die eingewechselte Pauline Bremer, vor vielen Jahren mal als eines der größten Talente gehandelt, inzwischen nur noch Ergänzungsspielerin im Werksverein, war es vergönnt, nach Vorlage von Jule Brand einen leichtfertigen Fehler der untröstlichen Engländerinnen in der 119. Minute zu bestrafen. Eine Genugtuung für die von vielen Verletzungen geplagte 27-Jährige.
„Genieße solche Momente – so unfassbar stolz auf mein Team“, schrieb Anführerin Popp auf ihrem Instagram-Account. Speziell sie erinnerte in dieser dramatischen Begegnung vor mehr als 60.000 Fans wieder an jene Torjägerin, die mit bedingungslosem Einsatz bei der EM in England die DFB-Auswahl in Milton Keynes im Halbfinale gegen Frankreich ins Endspiel gebracht hatte. Nun betätigte sich die 32-Jährigen beim 2:1-Führungstreffer mal wieder als Unterschiedsspielerin. Ihr Kopfballspiel dürfte vielleicht sogar weltweit das beste sein.
„Sie hat die Gabe, ein Spiel zu lesen auf Mentalitätsebene“, lobte VfL-Trainer Tommy Stroot. Die direkt von der Australien-Inspektionsreise nach London gereiste Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg dürfte sich vor Ort bestätigt gefühlt haben, dass sie im Vorjahr darauf drängte, dass Stürmer-Gen dieser mit so viel Wille gesegneten Ausnahmespielerin geweckt zu haben. Wenn Popp einem Team auf internationalem Topniveau hilft, dann ganz vorne. Das ist auch mit Blick auf die WM in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) keine unwichtige Erkenntnis. Ebenso wie die Bestätigung, dass auf Nationaltorhüterin Merle Frohms in heiklen Momenten immer Verlass ist.
Wolfsburger Finalfluch
Ihre diesmal als Expertin am DAZN-Mikrofon eingesetzte Vorgängerin Almuth Schult hütete noch das VfL-Tor, als die „Wölfinnen“ vor zehn Jahren bei ihrer allerersten Finalteilnahme gegen Olympique Lyon gleich die Sensation schafften. Damals an der Stamford Bridge im Londoner Stadtteil Fulham half Popp übrigens als linke Verteidigerin aus. 2014 gelang ihr mit Mitspielerinnen wie der heutigen Uefa-Direktorin Nadine Keßler die Titelverteidigung, doch seitdem lastet ein Finalfluch auf Wolfsburg.
Sowohl 2016 im italienischen Reggio Emilia, 2018 in der ukrainischen Hauptstadt Kiew und 2020 im geisterhaften San Sebastián scheiterte Wolfsburg am Rekordsieger Lyon. Mit dem FC Barcelona ist der Gegner zwar jetzt am 3. Juni in Eindhoven ein anderer, aber erscheint nicht weniger übermächtig. Die Niedersachsen können durch ihre niederländische Fraktion mit Torschützin Jill Roord, Dominique Janssen und Lynn Wilms vielleicht auf einen Heimvorteil setzen.
„Ich hoffe, dass viele Deutsche kommen, dass die Holländer auch auf unserer Seite stehen und das Stadion mal für uns ist“, sagte Popp und schickte warnende Worte nach Barcelona: „Das Schöne ist: Wir haben unsere ganze Qualität noch gar nicht ausgespielt. Das darf dann im Finale passieren.“ Man wisse allerdings, „was da auf uns zukommt“: Fußballerisch bietet der mit Topspielerinnen besetzte Kader das beste Niveau. Wenn Weltfußballerin Alexia Putellas bis dahin fit ist, hat Barça einen Trumpf mehr.
Dagegen kann Wolfsburg nur im Kollektiv mithalten und darf sich nicht so unterwürfig verhalten wie bei der krachenden 1:5-Pleite im Halbfinalhinspiel vor mehr als einem Jahr im Camp Nou. Bis zum Showdown in Eindhoven ist es noch einen Monat hin. Vorher haben Popp und Co. noch Meisterschaft und DFB-Pokal im Visier, wobei es in der Frauen-Bundesliga einen Ausrutscher des FC Bayern braucht. Die Spielführerin mit der Regenbogenbinde, wie soll es anders sein, will wie immer beides: „Ein bisschen ist in der Meisterschaft noch offen, und wir haben das Pokalfinale vor der Brust. Da wollen wir definitiv alles gewinnen.“ Der Traum vom Triple lebt.
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