VfB Oldenburg schließt Online-Forum: Unbequeme Fans
Dem Fußball-Regionalligisten VfB Oldenburg sind seine Fans offenbar zu politisch. Nun soll das Online-Forum des Vereins geschlossen werden.
„Die Entwicklung der letzten Jahre ist sehr bedenklich“, sagt Raimund Kropp. Er war mehr als sieben Jahre ehrenamtlicher Fanbeauftragter beim Fußball-Regionalligisten. Zuletzt sei der Verein an seiner Arbeit nicht mehr interessiert gewesen. „Seit dem Herbst 2018 war ich im Verein aus sämtlichen Vorgängen ausgenommen“, sagt Kropp. Dabei sei es gerade der Fanbeauftragte, der den Dialog zwischen Verein und Fans herzustellen habe.
„Ich musste aber wiederholt erfahren, dass die Bereitschaft zu Gesprächsrunden mehr von den Fans ausging und auf der anderen Seite die Beteiligung nachließ“, sagt Kropp. Dies habe auch dazu geführt, dass vor allem langjährig engagierte Fans und Mitglieder aus dem Verein ausgetreten seien.
Vor wenigen Tagen wurde dann bekannt, dass der Klub das Online-Fanforum schließen wolle. 2.600 Mitglieder hatte das Forum zuletzt, mehr als 600.000 Beitrage wurden in den vergangenen zwanzig Jahren im Forum veröffentlicht. Es ist, wie jemand vor Kurzem dort schrieb, sowohl ein digitales Vereinsarchiv als auch ein virtuelles Vereinsheim – auch deshalb, weil der VfB kein echtes Vereinsheim hat. „Hier wird natürlich auch Kritik geäußert und man ‚kotzt‘ sich auch mal aus“, sagt Kropp.
Zudem: Für viele ist das Forum auch die zentrale Informationsquelle für Belange, die außerhalb des Sportlichen stattfinden. Und da gibt es in der Oldenburgs Fanszene eine Menge: Der Verein „VfB für alle“, in dem sich die aktive Fanszene Oldenburgs zusammengeschlossen hat, erhielt 2015 sogar den Julius-Hirsch-Preis. Dieser vom Deutschen Fußball Bund gestiftete Preis zeichnet Personen und Gruppen im Fußball aus, die sich für Toleranz, Freiheit und Menschlichkeit einsetzen. Eine Vielzahl von Publikationen, Veranstaltungen und Ausstellungen organisiert der Verein jedes Jahr.
Dass es technische Gründe seien, die den Verein zur Abschaltung des Forums veranlassen – was im Forum als Ursache diskutiert wurde –, überzeugt viele Fans nicht. Auf Nachfrage der taz wollte sich der VfB zunächst nicht äußern und verwies dann auf eine anstehende Vorstandssitzung, bei der die Abschaltung des Forums noch einmal diskutiert werde. Allerdings soll, so ist aus dem Vereinsumfeld zu hören, demnächst das Gespräch mit der Fanszene gesucht werden.
Eine der Hauptursachen für den offen ausgetragenen Streit zwischen Verein und Fans waren einige Banner, die im Oktober 2018 im Marschweg-Stadion gehisst wurden. Damals stand der Landesparteitag der AfD in Oldenburg an – Fans protestierten auch im Stadion dagegen.
Der Verein jedoch beschloss, dass die Banner abzuhängen seien. Der Sicherheitsdienst des Klubs versuchte, sie abzunehmen. Die Begründung des Vereins lautete, dass der VfB konfessionell und politisch neutral sei. Demnach widersprächen Proteste gegen einzelne Parteien der Satzung.
Jonas Gabler, Politikwissenschaftler und Fan-Experte bei der „Kompetenzgruppe Fankulturen und sportbezogene Soziale Arbeit“, hat für das Verhalten des Vereins dafür wenig Verständnis. „Andere Vereine stehen extrem in der Kritik, weil ihre Fanszenen offen für rechtsextreme Positionen sind.“ Der VfB solle froh über eine engagierte antirassistische Fanszene sein. Darüber hinaus: „Es ging ja damals nicht um Banner, die der Verein präsentierte, sondern um Banner von Fans – damit kann man diskutieren, ob das nicht im Rahmen von Meinungsfreiheit gedeckt ist.“
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