piwik no script img

Vetternwirtschaft in der CSUTrotzige Bayerntümelei

Mit einem „Konvent“ ruft die CSU ruft Horst Seehofer zu ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl aus. Die Amigo-Affäre schlägt aber auf die Stimmung.

CSU-Gegner haben gut lachen: Die Partei bestätigt mal wieder alle Klischees Bild: Andreas Gebert/dpa

MÜNCHEN taz | „Horst Seehofer, Superstar!“, brüllt ein junger Mann im weißen T-Shirt und klatscht dabei enthusiastisch in die Hände. Einmal, zweimal, dann verstummt er, weil niemand so recht einstimmen will. Soeben hat der bayerische Ministerpräsident die kreisförmige Halle im Münchner Postpalast betreten. Eurotrash donnert durch den in blaues Licht getauchten Saal.

Beim sogenannten CSU-Konvent, wie die Christsozialen die Veranstaltung tauften, soll Seehofer zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im September ausgerufen werden. Formal ist das nicht nötig, andere Bewerber für das Amt gibt es auch nicht. Die pompöse Veranstaltung, die erste ihrer Art in der CSU, dient der Selbsvergewisserung. Und die braucht die Partei derzeit auch. Denn seit Tagen steht sie in der Kritik, weil zahlreiche CSU-Abgeordnete nahe Verwandte für sich arbeiten ließen, darunter drei Kabinettsmitglieder. CSU-Fraktionschef Georg „Schüttelschorsch“ Schmid trat zurück, nach dem bekannt wurde, dass er seiner Frau, die als Sekretärin für ihn arbeitete, bis zu 5.500 Euro monatlich bezahlt hatte, in seinem Wahlkreis wird er nun nicht mehr antreten.

Draußen vor der Halle steht eine Handvoll Demonstranten in bunten Ponchos und Sombreros und besingt die alte „Amigo-Partei“. Ein schlechter Zeitpunkt, um allzu siegessicher aufzutreten. Die CSU versucht es trotzdem: „Verantwortung übernehmen“, „Vertrauen schaffen“, „aufklären“, „bereinigen“, lautet die Devise, die in jeder Rede anklingt. „Manchmal muss man auch mal in den eigenen Reihen aufräumen“, sagt Ex-Ministerpräsident Stoiber, nun Ehrenvorsitzender der CSU. Und Seehofer bestätigt: „Wir bekennen uns zu Fehlern und ziehen Konsequenzen.“ Kultusminister Ludwig Spaenle kündigte gar an, das Geld, das er seiner Frau seit dem Jahr 2008 für Sekretariatsarbeiten überwiesen hatte, zu erstatten – insgesamt etwa 34.000 Euro. Rein rechtlich wäre das nicht nötig – es soll der Schadensbegrenzung dienen.

Eine zweite Botschaft ist an diesem Abend noch viel lauter zu vernehmen: Bayern muss Bayern bleiben, es darf nicht in die Hände von Rot-Grün fallen. „Wir müssen Bayern schützen“, ruft CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt in den Saal und beschwört das Narrativ, dass es einzig der CSU zu verdanken sei, dass sich Bayern vom Agrarland zum Hightech-Land gewandelt habe. Das Feindbild ist klar: Es sind SPD, Grüne und Freie Wähler, die sich anschicken, die CSU bei der Landtagswahl zu beerben. „Sie kennen Bayern nicht und sie können Bayern nicht“, wettert Stoiber gegen die Opposition.

Stoiber ist es schließlich auch, der Seehofer per Akklamation zum Spitzenkandidaten kürt: „Du, Horst Seehofer, sollst Ministerpräsident des Freistaates Bayern für die nächsten fünf Jahre bleiben“, sagt er beschwörend, fast so, als spräche er dabei eine Zauberformel aus. Und Seehofer bittet: „Helft alle mit, dass wir uns im September hier wiedertreffen können, zur großen Siegesfeier.“ Das „große Bayernfest“ mit Freibier und Haxensemmel kann beginnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • I
    Irmi

    Dorfkramer,

     

    Der große Unterschied liegt darin, das diese Politiker ihre Familienangehörigen aus Steuergeldern bezahlt haben.

    Mirko

    Rückzahlung als Spende" - von der Steuer absetzbar, sogar wenn man selbst im Stiftungsrat sitzt!

    Das wäre ja der Gipfel, als Spende von der Steuer absetzen. Ja ja, es ist nicht das selbe wenn zwei das gleiche tun.

     

    Was können Politiker so alles absetzen ????

  • W
    Wolfgang

    Diese spätbürgerliche Gesellschaftsordnung, einschließlich ihrer staatlichen Justiz, ist verkommen zu einer gewöhnlichen kriminellen staatstragenden Vereinigung der (A)"sozialen Marktwirtschaft" der Hundtschen BDA-Bourgeoisie und Quandtschen BDI-Großaktionäre und deren Lobby-Parteien, deren Lobby-Landesregierungen, deren Bundesregierungen und Parlamentsmehrheiten.

     

    Diese Korruption und moralische Verkommenheit -- nicht nur in Bayern -- ist das Ende der bürgerlichen Demokratie.

  • D
    Dorfkramer

    Kapiere das ganze Gedöns nicht wegen der paar Kröten. Was ist denn daran, Verwandte zu beschäftigen? Machen doch fast alle Familien, Bauern, Handwerker, auch Beamte und Lehrer und ganze Siemens, VW und BMW-Family Offices.

     

    Alle Gruppen vögeln und heiraten untereinander und geben das Wissen, wie man Beamter und Lehrer wird an die Kinder weiter.

     

    Gilt auch für Journalisten, man denke nur an den Spiegel-Augstein-Clan. Fragt mal in der SZ oder taz, wieviele "Familienangehörige" sich Posten und Gelder zuschanzen.

     

    Dass die Bundestagsverwaltung und Landtage Kontakthöfe sind, ist doch bekannt. Sollen sich Abgeordnete nicht fortpflanzen dürfen? Warum sollte man in einer Vertrauensstellung einen Fremden anstellen, der an Sonn- und Feiertagen nicht da ist und erst gebrieft werden muss, wenn etwas ansteht?

     

    Kapier ich nicht, scheint sich um ein deutsches Phänomen zu handeln.

  • S
    Siegfried

    Und warum sind die Typen immer noch an der Macht? Weil sie gewählt werden!

    Umdenken und Links wählen wäre jetzt das richtige Zeichen....oder gibt es etwa den "kleinen Mann" nicht?

  • R
    RLS

    Warum Geld zurückzahlen ?

    Ihre Wähler sind Konservative.

    Ein "Wir reißen uns den Arsch für euch Schwachköpfe auf" hätte es auch getan.

    Das hätte eventuell sogar einen Punkt in den Umfragen gebracht.

    Geld zurückgeben hört sich nach linken Blödsinn an.

     

    Halt kein Straußblut in den Adern.

  • G
    germknödel

    Korrupte Amigos von Würzburg über Stuttgart,Zürich bis nach Wien und Rom. Seit mindestens 40 Jahren geht das schon so und hört nimmer auf - Österreich und Bayern sind sich in der Ausprägung der Korruptionsformen sehr ähnlich. Die betroffenen Österreicher in der Kopfnote wie immer einen Hauch charmanter und skurriler.

     

    Welcher sammelfreudige Journalist releast jetzt seine politische Soziologie der Korruption ? Müsste ein mehrbändiges Werk wie die Enzyklopedia Britannica werden. Unter C dann bitte einige Bände über CDU und CSU unter voller Namensnennung sämtlicher Drahtzieher und Beteiligten - bebildert mit historisch-dynamischen Organigrammen der länderübergreifend verbundenen Netzwerke. Sie brauche noch Fakten ? Fragen Sie den Inlands- und Auslandsgeheimdienst, die wissen schon, die stecken mittendrin. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Papst oder örtlichen Gesundbeter.

  • M
    Mirko

    Rückzahlungen? Wo sind die Beweise, das auch nur einer irgendetwas zurückgezahlt hat?

     

    Bisher nur Ankündigungen... oder verschleierte Aussagen, wie z.B. "Rückzahlung als Spende" - von der Steuer absetzbar, sogar wenn man selbst im Stiftungsrat sitzt!

  • C
    Claudia

    Wenn ein kleiner Bürger etwas falsch macht kann der dann auch sagen ich bekenne mich zu meinem Fehler und dann ist es gut ? Kein Knast, keine überhöhten Geldstrafen ?

     

    Man kriegt das Kotzen ohne Quatsch. Politik macht sich immer unglaubwürdiger. Glaubwürdig wäre, wenn alle die daran beteiligt waren einen Famielienbetrieb in der Regierung aufzubauen auf Kosten der Steuerzahler gehen und auf ihre Pensionen oder Abfindungen oder sonstige Vergünstiungen die es in der Regierungsriege so gibt verzichten.

  • I
    irmi

    Eine ehrliche Bereinigung sieht anders aus. Alle die ihre Verwandtschaft von Steuergeldern bezahlt haben müssen gehen wie Hr. Schmid oder ein paar andere die konsequent waren und selbst gegangen sind.

     

    So hört die Spezlwirtschaft ja doch nicht auf, wenn die bleiben können, ihr "Gewissen?" mit Rückzahlung erleichtern wollen.