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Verwaltungsforscher verlieren FörderungAm Bedarf vorbei geforscht

Die Leibniz-Gemeinschaft verstößt das FÖV. Das Institut habe nicht genug publiziert und forsche zu Projekten ohne öffentliche Akzeptanz.

Nein, gibt's nicht. Bild: dpa

Die Evaluationen der Leibniz-Gemeinschaft sind unter Betroffenen gefürchtet. Alle sieben Jahre müssen die 89 Institute der Forschungsorganisation zum „Wissenschafts-TÜV“. Externe Gutachter durchleuchten ihre Leistungsfähigkeit und empfehlen die weitere Förderung durch Bund und Länder – oder aber nicht. Vor Kurzem hat es das Deutsche Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung (FÖV) in Speyer erwischt. Bei der jüngsten Begutachtung senkte sich der Prüferdaumen nach unten.

Dem FÖV sei in den letzten Jahren die „eigenständige Profilierung als Forschungsinstitut nicht gelungen“, wurde attestiert. Die Folge: Keine Finanzierung mehr unter dem Siegel der Leibniz-Gemeinschaft. Das Land Rheinland-Pfalz muss nun überlegen, wie das an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer angedockte Institut eine neue Trägerschaft erhält oder abgewickelt wird.

Das im Jahr 1976 gegründete Institut hat heute 38 Beschäftigte und ein Budget von 3 Millionen Euro im Jahr, die zu drei Vierteln von Bund und Ländern kommen, der Rest stammt aus Drittmitteln. Die großen Themen des FÖV sind „Modernisierung von Staat und Verwaltung“ und das „Verwaltungshandeln zwischen öffentlichen und privaten Akteuren“. Mit diesem Profil sieht sich das Speyerer Institut selbst als „einziges institutionalisiertes Zentrum der Verwaltungsforschung in Deutschland“.

Schon vor sieben Jahren gab es den ersten Warnschuss der Leibniz-Prüfer: Das FÖV müsse mehr publizieren, mehr ausbilden, sich besser vernetzen. In den letzten drei Jahren des Prüfzeitraums, von 2010 bis 2012, wurden aber nur acht Promotionen abgeschlossen. „Angesichts von 30 Ordentlichen Mitgliedern, die Promotionen betreuen können, ist dies eine geringe Anzahl“, notiert der Evaluationsbericht.

Skepsis und Ablehnung

Hinzu kommt, dass sich die Themen der Verwaltungsforschung mitunter technisch überholen oder die Akzeptanz der Praktiker verlieren. So plante das FÖV, „Datenbanken zur Modernisierung der Länderverwaltungen“ aufzubauen und für die Forschung nutzbar zu machen. Nicht mehr nötig, stellt der Bericht fest: „Mittlerweile sind durch Open Data und Transparenzkonzepte der Länder immer mehr modernisierungsrelevante Daten frei über das Internet verfügbar.“

Auch die einst gepriesenen Konzepte zur Public-private-Partnership (PPP), der Beteiligung privater Unternehmen an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, treffen bei den Kommunen auf Skepsis bis Ablehnung. Nicht nur das Land Berlin, das 1999 mit der Privatisierung seiner Wasserbetriebe den Konvoi anführte, ist wieder voll auf Rückzugskurs.

Zudem können die Verwaltungsexperten der gewünschten Bürgerbeteilung via Internet („E-Government“) keine großen Impulse verschaffen. Im Heft der Leibniz-Hauszeitschrift musste FÖV-Professor Mario Martini als Koordinator des Forschungsverbundes „Der Staat im Web 2.0“ zur Bilanz der E-Government-Angebote konstatieren: „Die Bürger nutzen die mit viel Engagement und Aufwand aufbereiteten Angebote weniger als erhofft.“

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2 Kommentare

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  • Mit Qualitätsjournalismus hat dieser taz-Beitrag so wenig zu tun wie ein zugefrorener See mit dem Sommer. Dass es der Forschung zu Private-Public-Partnerships an praktischer Relevanz fehlt, wird man (anders als der Artikel) nicht ernsthaft behaupten können. Gerade die Feststellung, dass die PPP-Modelle in praxi auf unterschiedliche Erfahrungen und Wahrnehmungen auch im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit stoßen, gibt doch Anlass zu vertiefter Forschung. Hätte der Autor sauber recherchiert, wäre ihm ebenso aufgefallen: Prof. Martini konstatiert in seinem Kommentar für das Leibniz-Journal (abrufbar unter:

    www.leibniz-gemeinschaft.de/medien/publikationen/journal/12014/, Seite 16) kein Versagen der Partizipationsforschung. Er geht vielmehr von dem empirischen Befund aus, dass die Bevölkerung die bestehenden Nutzungsangebote, welche die Behörden entwickelt haben, bislang nur zurückhaltend nutzt. Gerade das löst Forschungsbedarf aus: Wie können die Angebote insbesondere bürgerfreundlicher gestaltet werden können, um Nutzungsbarrieren zu überwinden, ohne ihre Rechtskonformität zu gefährden?

    Das zu erforschen, hat sich der Projektverbund "Der Staat im Web 2.0" im Forschungsinstitut zur Aufgabe gemacht (www.foev-speyer.de/collaborative-governance/inhalte/01_home.asp).

    Wenn diese gerade laufenden Untersuchungen am Forschungsbedarf vorbeigehen, dann geht die "taz" an der Lebenswirklichkeit ihrer Leser vorbei. Dieser Beitrag scheint den Beweis dafür antreten zu wollen.

  • Da wundert es, dass Pseudoreligionen wie Gender Studies durchaus noch gefördert werden.