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Verteidigungsbranche in BerlinSenat setzt voll auf Rüstung

Die Verteidigungsbranche in Berlin wächst rasant. Der Senat will weitere Start-ups in dem Bereich anlocken und auch Dual-Use-Firmen fördern.

Entwickelt in Berlin: eine Kamikazedrohne der Firma „Stark Defence“ Foto: Teresa Kroeger/reuters

Sie stellen etwa Kamikazedrohnen, Nachtsichtgeräte und Munitionsteile her: Rund 130 Unternehmen und Start-ups in Berlin und Umgebung sind Teil der Rüstungsbranche. Der schwarz-rote Senat will diesen Wirtschaftsbereich künftig gezielt fördern und hat dazu ein Konzept angekündigt. „Berlin soll zu einem europäischen Leuchtturm werden im Bereich Sicherheitstechnologien und Resilienz“, sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Dienstag im Roten Rathaus.

„Wir wollen dafür sorgen, dass es gute Rahmenbedingungen gibt, um diese große Branche voranzubringen“, ergänzte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). Dafür will Giffey unter anderem die einzelnen Akteure besser vernetzen, einheitliche Ansprechstrukturen schaffen sowie bestimmte Flächen zur Verfügung stellen. Das Ziel sei, ein „Deftech-Ökosystem“ in Berlin zu erschaffen, in dem Unternehmen, Organisationen und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten.

Derzeit gibt es einen regelrechten Boom der sogenannten Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft in der Metropolregion Berlin-Brandenburg. Laut aktuellen Statistiken des Senats erwirtschaftet die Branche 8 Milliarden Euro Umsatz im Jahr und beschäftigt rund 26.000 Mitarbeiter*innen. Die Zahl der Unternehmen sei innerhalb von drei Jahren von etwa 50 auf 130 gestiegen, heißt es.

Dazu gehören Firmen wie „Stark Defence“. Das Start-up mit Sitz in Berlin-Mitte entwickelt Kampfdrohnen, für die sich laut Handelsblatt auch die Bundeswehr interessiert. Dank Investments unter anderem von einem Nato-Fonds sowie dem rechtsradikalen US-Milliardär Peter Thiel und Moritz Döpfner, Sohn von Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner, wird das Start-up mittlerweile mit mehr als 500 Millionen Euro bewertet.

Berlin wird der Ort sein, an dem Dual-Use-Technologien entwickelt werden.

Franziska Giffey (SPD), Wirtschaftssenatorin

Daneben wollen Giffey und Wegner mit dem gemeinsamen Konzept ausdrücklich auch Hightech-Unternehmen erreichen, die nicht nur rein militärische Anwendungen herstellen. „Berlin wird der Ort sein, an dem Dual-Use-Technologien entwickelt werden“, betonte Giffey. Dual Use bezeichnet Anwendungen, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind. Dazu gehören laut Giffey etwa die Bereiche künstliche Intelligenz, Cybersicherheit oder Robotik. 430 solcher potenziellen Dual-Use-Unternehmen hat die Wirtschaftsverwaltung in Berlin identifiziert.

Auf Landesebene soll es allerdings keine finanzielle Förderung allein für den Rüstungsbereich geben. Die allgemeinen Angebote der Investitionsbank Berlin-Brandenburg oder der Agentur Berlin Partner reichten aus, hieß es am Dienstag. Gleichwohl schielt der Senat auf die Investitionen in die Rüstungsindustrie auf Bundes- und EU-Ebene. Im kommenden Jahr will die Bundesregierung 108 Milliarden Euro für Verteidigung ausgeben. Und ein EU-Fonds stellt 8 Milliarden Euro allein für Verteidigungsforschung und die Entwicklung militärischer Fähigkeiten bereit.

Wir bieten uns gerne an und wollen am Wirtschaftswachstum partizipieren.

Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister

„Berlin ist ein hochinteressanter Standort“, warb Kai Wegner. „Wir bieten uns gerne an und wollen am Wirtschaftswachstum partizipieren.“ Zur Koordination zwischen EU, Bundesregierung und Land Berlin beim Thema Rüstungsbranche wird es künftig eine eigene Stabsstelle bei Wegner in der Senatskanzlei geben.

Zuspruch bekam der Senat von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin: „Dass Berlin sein technisches Know-how in Schlüsseltechnologien nutzt, um einen kritischen Beitrag zu Resilienz und Verteidigungsfähigkeit zu leisten, ist eine notwendige Antwort auf die aktuelle geopolitische Lage“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner. Investitionen in die Verteidigungsbranche könnten langfristig Innovation, Wachstum und Beschäftigung für Berlin schaffen – „diese Chance dürfen wir nicht ungenutzt lassen“, so Schreiner weiter.

Unterdessen betonte Wegner auch die Rolle von Universitäten, Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen für die Verteidigungswirtschaft. „Wir haben hier einen hervorragenden Wissenschaftsstandort“, sagte Wegner. An selbst auferlegten Zivilklauseln wie an der Technischen Universität wolle er aber nicht rütteln, versicherte der Regierende.

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1 Kommentar

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  • Ja, genau so muß man es machen, die Rüstungsindustrie an einem Punkt konzentrieren. Dann dauert der zukünftige Krieg auch nicht so lang.