
Versöhnung in Syrien : Das gespaltene Land
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Syrien steht nach dem Sturz des Diktators al-Assad 2024 vor großen Herausforderungen. Wie kann das gespaltene Land geeint werden?
Seit dem 8. Dezember 2024 ist in Syrien nichts mehr so, wie es einmal war. Mit dem Sturz des Diktators Baschar al-Assad begann eine neue Ära. Aus dem ehemaligen Milizenführer Abu Mohammad al-Golani wurde Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa, der nun wieder unter seinem Geburtsnamen firmiert. Doch wohin steuert das neue Syrien? Zwischen Positivem, etwa dem Wiederaufbau schwer beschädigter Städte wie Aleppo, gibt es auch Negatives, etwa die Gewalt, die sich immer wieder zwischen Mitgliedern verschiedener religiöser Gruppen im Land entlädt.
Auch die Situation von Presseschaffenden in Syrien hat sich verändert. Auf einmal ist Berichterstattung möglich, die es unter al-Assad nicht hätte geben können. Die taz Panter Stiftung setzt sich ein für Pressefreiheit weltweit, auch in Syrien. Im Rahmen des Projektes „Her Turn – Supporting Female Journalists in Syria“ coacht sie seit Frühling 2025 eine Gruppe syrischer Journalistinnen. Sie stammen aus ganz unterschiedlichen Landesteilen, Religionsgruppen und ethnischen Gruppen – und stehen damit auch für die Vielfalt Syriens.
Beim Auftakttreffen in der libanesischen Hauptstadt Beirut im Mai 2025 haben sich die Frauen kennengelernt – und festgestellt: Sie wissen so wenig über die jeweils anderen. Dabei sind sie doch, da sind sie sich einig, alle Syrerinnen. Unter Ex-Diktator al-Assad war das Land gespalten, die Menschen trauten einander nicht. Das soll nun anders werden.
Schnell stand fest: Das ist das Thema ihres im Rahmen des Workshops aufgenommenen Podcasts. Warum sie einander kaum kennen und wie sie das überwinden wollen, diskutieren fünf der Workshop-Teilnehmerinnen unter der Moderation der Teilnehmerin Lama Rageh.
Misstrauen und Vorurteile
„Wir kennen nur Schablonen voneinander“, sagt etwa Hanin Seyed Nour aus dem nördlichen Idlib. Und berichtet: Allein die Tatsache, dass sie aus Idlib stamme, ließe manche Menschen glauben, sie sei radikal, unterdrückt oder nicht offen für andere. Auch die Kurdin Ronak Sheikhi weiß, wie es ist, nach ihrer Herkunft bewertet zu werden: „Ich hatte oft das Gefühl, dass andere mich mit Misstrauen betrachten.“ Dabei, betont etwa Teilnehmerin Farrah Al-Aqad, die aus der drusischen Stadt Suweida stammt, sei Syrien ein vielfältiges Land – und es sei falsch, alle über einen Kamm zu scheren.
Wie können diese Differenzen überwunden werden? Mounira Baloush aus Aleppo sagt: „Wir befinden uns in einer sensiblen Phase, in einer Übergangszeit. Wir müssen vergessen, was passiert ist, damit wir uns gegenseitig akzeptieren und zusammenleben können.“ Und die Teilnehmerin Nawara, die bis heute im Exil in Beirut lebt, erklärt: „Frauen haben eine große Chance, zivilen Frieden zu schaffen und den inner-syrischen Dialog zu fördern. Denn wir wissen, wie man Geschichten aus einem menschlichen Blickwinkel betrachtet. Gemeinsam können wir daran arbeiten, Stereotype abzubauen.“
Dieser Podcast erscheint in zwei Fassungen: Sie können ihn hier auf Deutsch hören oder in der arabischen Originalfassung auf der Plattform des syrischen Radiosenders Radio Arta (YouTube, Soundcloud, Facebook). Die Teilnehmerinnen schreiben auch regelmäßig in der Kolumne Trümmer und Träume.
Moderation auf Deutsch: Lisa Schneider
Synchronisation: Anna-Theresa Bachmann, Alice Kuropka, Clara Nack, Pauline Jäckels, Jana Ballweber
Schnitt: Hazem Waqqef
Mitarbeit: Julia Völcker, Zeinah Shahla
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