Verschwundener Journalist Khashoggi: Türkei soll Videobeweise haben
Der „Washington Post“ zufolge liegt türkischen Behörden belastendes Material vor. Es zeige, dass der Saudi-Journalist gefoltert und ermordet wurde.
Jamal Khashoggi war vor 10 Tagen in das saudische Konsulat in Istanbul gegangen, um dort Papiere für seine Hochzeit abzuholen. Nach Angaben seiner türkischen Verlobten, die stundenlang vor dem Konsulat auf ihn gewartet hat, ist er nicht wieder aus dem Haus gekommen. Die türkische Polizei hat mittlerweile ein Team von 15 saudischen Militärs, darunter einen Forensiker des Militärs, identifiziert, die am Tag, als Jamal Khashoogi das Konsulat besuchte, in zwei Privatflugzeugen nach Istanbul eingereist waren und noch am selben Abend wieder zurückgeflogen sind.
Türkische Zeitungen, die mittlerweile die Fotos der 15 Saudis publiziert haben, sprechen ganz offen von einem Killerkommando, dass auf Anweisung des saudischen Königshauses nach Istanbul geflogen war, um Khashoggi, der seit einem Jahr im Exil in den USA lebt, wieder nach Saudi-Arabien zurückzubringen. Außerdem gibt es Berichte, dass der Bruder von Jamal Khashoggi in Dschidda ermordet wurde.
Offiziell will die türkische Regierung nicht bestätigen, dass die von der Washington Post genannten Videoaufnahmen existieren. Man müsste dann ja zugeben, dass saudische Konsulat illegal überwacht zu haben. Andererseits lässt die Polizei immer wieder Details an die Medien durchsickern, die nahelegen, dass man genau Bescheid weiß.
„Mal zum Teetrinken vorbeikommen“
So beschweren sich türkische Ermittler laut Medienberichten darüber, dass Saudi-Arabien zwar offiziell angeboten hat, türkische Offizielle könnten das Konsulat durchsuchen, aber gleichzeitig eine echte Ermittlung verhindern. „Man könne mal zum Teetrinken kommen und dann in ein paar Zimmer schauen“, sei die saudische Vorstellung, sagte ein Ermittler. Tatsächlich will die Polizei das Konsulat und das Haus des Konsuls wie einen Tatort nach Blutspuren und DNA-Spuren von Khashoggi durchsuchen.
Trotz dieser Auseinandersetzungen hat der türkische Präsident Erdoğan am Donnerstag zugestimmt, eine gemeinsame türkisch-saudische Ermittlergruppe einzusetzen, um einen Ausweg aus der verfahrenen Situation zu finden. Gleichzeitig sagt Erdoğan: „Wir können nicht still sein, wenn sich ein solcher Vorfall in unserem Land ereignet.“
Die Situation für die türkische Regierung ist komplex. Sie will nicht hinnehmen, dass die Saudis in der Türkei einen Kritiker des Kronprinzen Mohammed bin Salman ermorden, aber auch vermeiden, dass die Saudis ihre Beziehungen zur Türkei abbrechen, Investitionen aus der Türkei zurückziehen und saudische Touristen das Land zukünftig meiden. „Das Risiko für Erdoğan ist hoch“, sagte Özgür Unluhisarcikli, der Vertreter des German Marshall Fund in Ankara. „Die Saudis könnten die türkische Wirtschaft zum kippen bringen“.
Ähnlich heikel ist die Geschichte für US-Präsident Donald Trump. Er hat mit Mohammed bin Salman große Waffengeschäfte vereinbart und sieht in ihm den besten Verbündeten im Kampf gegen den Iran. Washington fordert deshalb zwar Aufklärung von Saudi-Arabien, allerdings in einem für Trump sehr moderaten Ton.
US-Investoren sagen Konferenzteilnahme ab
Noch scheinen die USA und die Türkei ihr Vorgehen gegenüber Saudi-Arabien nicht miteinander abgestimmt zu haben. Während etliche amerikanische Investoren ihre Teilnahme an einer Konferenz in Saudi-Arabien abgesagt haben, will Trump an den Waffengeschäften mit Mohammed bin Salman festhalten. Auch Erdoğan will den saudischen Kronprinzen nicht endgültig vor den Kopf stoßen.
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