Verschuldung der USA: Ein Risiko für die Weltwirtschaft
Solange der Dollar die Leitwährung bleibt, können sich die Vereinigten Staaten im Ausland weiter Geld leihen. Die versteckte Schuldenlast ist gewaltig.
PEKING taz | Die Republikaner haben den vorläufigen Haushaltskompromiss im US-Repräsentantenhaus zwar in letzter Minute doch noch abgesegnet – die politische Krise um das angebliche Schuldenproblem der USA ist damit auch weiterhin nicht überwunden. Angesicht der schwersten und inzwischen auch langandauerndsten Wirtschaftsflaute, die die USA seit dem Zweiten Weltkrieg durchleben, würde ein reiner Sparhaushalt der Wirtschaft aber noch mehr Schaden zufügen.
Ein Abrutschen der größten Volkswirtschaft der Welt in eine Rezession, die bei einem Scheitern der Verhandlungen eingetreten wäre, ist damit auch weiterhin nicht vom Tisch. Dennoch atmeten Börsianer in aller Welt am Mittwoch zunächst einmal auf. Die Aktienwerte legten am Mittwoch ordentlich zu.
Der DAX stieg am Vormittag um über 2 Prozent und notierte zeitweise bei über 7.770 Punkten – ein Fünfjahreshoch. Auch an anderen europäischen Börsen lagen die Kurse im Plus. Und auch der Ölpreis stieg: Am Mittwoch kostete ein Barrel der Nordseesorte Brent 111,95 Dollar, fast 1 Dollar mehr als am am Montag.
Analysten mit Weitblick wissen aber: Die Krise ist noch nicht überstanden. „Eine kurzfristige Einigung in den USA ist kein Wendepunkt für die globalen Märkte“, sagt etwa Stratege Max King von Investec Asset Management gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. „Weder im Guten noch im Schlechten.“ Politisches Durcheinander, Fehler und Irrglaube seien 2013 genauso ein Bestandteil des Investitionsklimas wie 2012, so der Analyst.
China reagiert zurückhaltend
Der Chefvolkswirt der Ratingagentur Moody’s, Mark Zandi, rechnet durch die beschlossenen Maßnahmen mit einem um 0,6 Prozent niedrigeren Wirtschaftswachstum in 2013. Auch China reagierte zurückhaltend. Die USA bewegten sich auch weiterhin auf einen „Abgrund“ zu, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. „Menschen oder Regierungen können eine Zeitlang mehr ausgeben, aber nicht für immer in geliehenem Wohlstand leben“, hieß es mit Blick auf das US-Haushaltsdefizit.
Tatsächlich sind die Finanzierungsprobleme der USA auch weiter nicht mal in Ansätzen gelöst. Der eigentliche Schuldenstand des Staates von weit über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Jahres ist dabei gar nicht das Hauptproblem. Anders als etwa Griechenland, Spanien oder Portugal hat Washington kein Problem, neue Schulden aufzunehmen und sich zu refinanzieren. Denn als Hüter der Leitwährung übernehmen Länder mit hohen Exportüberschüssen wie etwa China, Südkorea, Taiwan, Japan und die Erdölstaaten am Golf auch weiterhin eifrig Schuldpapiere der USA.
Solange es für diese Staaten keine attraktiven Alternativen zum Dollar gibt, können sich die Vereinigten Staaten im Ausland verschulden. Sehr viel gravierender ist die versteckte Schuldenlast in den Sozialkassen. Sie übertrifft die nationale Wirtschaftsleistung schon um das Zehnfache und ist vor allem auf ein weiterhin ineffizientes Gesundheits- und Sozialsystem zurückzuführen. Weitere notwendige Reformen in diesem Bereich wissen die Republikaner aber zu verhindern.
Lösungsansatz: höhere Steuern
Vor allem aber verfügen die USA über zu wenig Einnahmen. Wie aus einem internationalen Schuldenranking des Freiburger Finanzwissenschaftlers Bernd Raffelhüschen hervorgeht, liegt die Staatsquote – also der Anteil des Staates an der Gesamtwirtschaft – in den USA mit 32 Prozent weit unter dem Niveau anderer OECD-Länder.
Entsprechend sei es für die USA aber auch einfacher möglich, ihre Haushaltsprobleme über eine Steigerung der Einnahmen in den Griff zu bekommen, als etwa für Europas Sorgenkind Griechenland, wird der Finanzwissenschaftler in der Welt zitiert. Sprich: Er sieht die Lösung in höheren Steuern.
Aber auch davon wollen die Republikaner nichts wissen. Mehr als die den Demokraten bereits zugestandenen mickrigen 4,6 Prozentpunkte beim Höchststeuersatz wollen sie nicht zulassen. Die USA bleiben ein großes Risiko für die Weltwirtschaft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen