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Versandhändler AmazonEin Riese macht Miese

Trotz erhöhter Umsätze erreichen die Verluste von Amazon wegen teurer Investitionen einen neuen Rekordwert. Das Minus von 126 Millionen Dollar verärgert die Aktionäre.

Wie die Pfeile es schon prophetisch weisen, geht es bei Amazon gerade nach unten. Bild: ap

NEW YORK afp/dpa | Der Online-Versandhändler Amazon hat seinen Umsatz im zweiten Quartal 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erheblich gesteigert, zugleich erreichte der Verlust wegen teurer Investitionen einen neuen Rekordwert. Der Umsatz stieg um 23 Prozent auf 19,34 Milliarden Dollar (14,3 Milliarden Euro), wie das Unternehmen am Donnerstag nach US-Börsenschluss mitteilte.

Der Verlust belief sich auf 126 Millionen Dollar nach sieben Millionen Dollar Verlust im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das entspricht einem Verlust von 27 Cent pro Aktie. Die Analysten hatten erwartet, er werde unter 15 Cent bleiben.

Der Firmenchef Jeff Bezos erklärte: „Wir arbeiten weiter hart daran, das Einkaufserlebnis bei Amazon stetig zu verbessern.“ Der weltgrößte Internethändler hat unter anderem in einen E-Book-Verleih, erweiterte Streaming-Dienste und ein neues Fire Smartphone investiert, das in den USA am Freitag auf den Markt kommt.

Kritische Stimmen mehren sich

Für das laufende Quartal rechnet Amazon sogar mit einem operativen Verlust von bis zu 810 Millionen Dollar. Im dritten Quartal des Vorjahres waren es 25 Millionen Dollar.

In der Vergangenheit waren die Anleger grundsätzlich einverstanden mit dem Treiben des Firmengründers. Doch die kritischen Stimmen mehren sich. Seit Jahresbeginn hat die Aktie alleine im regulären Handel bereits ein Zehntel ihres Werts verloren. Die Aussicht auf einen noch größeren Verlust im kommenden Quartal ließ die Investoren nun reihenweise flüchten.

Kritik muss sich Amazon auch aus anderen Ecken gefallen lassen: Gewerkschafter kritisieren die Arbeitsbedingungen, und einzelne Buchverlage beklagen eine Gängelung durch den Versandriesen, der Preissenkungen bei elektronischen Büchern durchsetzen will. Jüngst hatte Amazon in den USA sogar eine E-Book-Flatrate eingeführt, bei der Kunden für knapp zehn Dollar im Monat Zugang zu 600 000 Titeln bekommen.

Auch für das laufende Quartal peilt Amazon ein kräftiges Umsatzplus zwischen 15 bis 26 Prozent an. Um das stemmen zu können, eröffnet der Konzern reihenweise neue Versandzentren oder entwickelt neue Produkte wie das eigene Smartphone Fire. In ausgesuchten US-Städten liefert Amazon mittlerweile sogar Lebensmittel aus. Dadurch stieg die Zahl der Mitarbeiter bis Ende Juni auf 132 600 an, 35 600 mehr als vor einem Jahr.

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4 Kommentare

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  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    amazon die Jobmaschine. Genau, wie McDonalds.

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    die strategischen Steuervorteile bei amazon werden übrigens an die Kunden weiter gegeben, das wird eigentlich nie erwähnt - es sind so de facto Steuersenkungen durch die Weitergabe an die Kunden, es gibt dabei keine Kapitalakkumulation, es führt zu einer Kundenakkumulation, wenn die Kunden drüber nachdenken würden. Komischerweise denken die vermeintlich aufgeklärten Kunden nicht drüber nach und verlassen teils amazon und andere denken auch nicht drüber nach und bleiben Kunden, ohne die Hintergründe zu reflektieren - Anleger müssten eigentlich wissen, wie amazon funktioniert

    • @5393 (Profil gelöscht):

      Vielleicht verlassen manche Kunden u.a. auch gerade deshalb den Laden, weil das den unfairen Wettbewerb noch ein ganzes Stück unfairer macht, und weil mancher vielleicht auch in fünf Jahren noch gerne durch die Innenstädte flanieren möchte, ohne nur Nagelstudios dort vorzufinden... so isses jedenfalls bei mir. Lieber etwas mehr ausgeben für reale Menschen als für das Silicon Valley.

  • Im Kapitalismus sind die Pfründe wichtiger als das Gewissen. Die Aktionäre tun mir nicht leid.