Verordnungen gegen Frauen in Burundi: Nicht mehr abends raus
Nicht ohne Ehemann in die Kneipe, nicht mit dem Freund auf die Straße: Mit Restriktionen gegen Frauen bekämpft Burundi den „Sittenverfall“.
Das erste Verbot gelte schon seit März, berichtet die oppositionelle Internetplattform, die im Exil erscheint. Es soll laut den Behörden „unerwünschte Schwangerschaften“ vermeiden, da diese vor allem einträten, wenn junge Männer und Frauen im Schutz der Dunkelheit und der Anonymität miteinander Kontakt aufnähmen.
Hintergrund ist, dass die meisten Burunder zuhause keinen Strom und damit kein elektrisches Licht haben. Schüler und Studenten treffen sich abends zum Lernen unter der Straßenbeleuchtung – ein von den Behörden argwöhnisch beobachtetes Phänomen.
Das zweite Verbot, das am 6. Mai in Musongati verfügt wurde, ist komplexer. Man müsse etwas unternehmen, da junge Burunderinnen zahlreiche nicht mit der traditionellen burundischen Kultur zu vereinbarende Gewohnheiten entwickelt hätten, so gibt Ivomo die Verkündung des Gemeindeverwalters Jean Damascène Arakaza wieder.
Die Opposition mundtot machen
So gingen Frauen allein in die Kneipe, und im betrunkenen Zustand „provozieren sie Streit an der Bar, machen viel Lärm und stören die Sicherheit“. Sie sollten auch nicht abends ohne ihre Ehemänner auf die Märkte gehen.
Die Erlasse werden als verfassungswidrig kritisiert. Sie erfolgen vor dem Hintergrund einer zunehmend autoritären Politik der Regierung von Präsident Pierre Nkurunziza, der seit der Niederschlagung einer breiten Protestbewegung gegen ihn 2015 und seiner umstrittenen Wiederwahl zu einer in der Verfassung nicht vorgesehenen dritten Amtszeit immer diktatorischer herrscht.
Hunderttausende Burunder sind in Nachbarländer geflohen. Menschenrechtsgruppen machen staatliche Sicherheitsorgane sowie die paramilitärischen Verbände der Regierungspartei CNDD-FDD für zahlreiche illegale Tötungen verantwortlich. Nachdem bei den Massenprotesten gegen Nkurunziza 2015 Jugendliche Frauen eine zentrale Rolle spielten, setzt die Regierung auf männerdominierte und autoritäre Traditionen der burundischen Kultur, um die Opposition mundtot zu machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen