Verkürzung der Wehrdienstzeit: Sozialverbände warnen vor Mini-Zivi
Der Wehrbeauftragte ist für die Verkürzung der Grundwehrdienstzeit von neun auf sechs Monaten. Die VdK-Präsidentin warnt vor den Folgen.
BERLIN taz | Mit gemischten Erwartungen sehen Bundeswehr- und Zivildienstexperten der Verkürzung der Grundwehrdienstzeit von neun auf sechs Monate entgegen. Während der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Reinhold Robbe (SPD), den Plänen der neuen Bundesregierung "nicht ablehnend gegenübersteht", warnen Sozialverbände vor den Folgen eines kürzeren Zivildienstes.
Der Wehrbeauftragte Robbe sagte der taz, er sei für die Verkürzung, wenn dadurch die Zeit in der Bundeswehr sinnvoller genutzt werden könne, als dies bisher zum Teil der Fall gewesen sei. Robbe sagte, auf seinen Truppenbesuchen sei von Wehrdienstleistenden immer wieder "über Gammeldienst" geklagt worden. "Wenn dies nicht anders abgestellt werden kann als durch eine kürzere Dienstzeit, bin ich dafür", sagte Robbe.
In den Sozialverbänden warnten Experten dagegen vor den Folgen der schwarz-gelben Pläne. Rund 70.000 Zivildienstleistende arbeiten in Deutschland aktuell im Altenpflegebereich, in Fahrdiensten oder in der Betreuung von Kindern. "Dies erfordert eine Einarbeitungszeit", sagte Thomas Niermann vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Insbesondere mit geistig oder demenzkranken Menschen könne man normalerweise "nicht von jetzt auf gleich umgehen". Niermann befürchtete, dass sich wegen der Verkürzung nun "zunehmend Einrichtungen dagegen entscheiden werden, Zivildienstleistende noch einzusetzen".
Für übertrieben hält dies Peter Tobiassen von der Zentralstelle der Kriegsdienstverweigerer (KDV). "Bei jeder bisherigen Verkürzung gab es einen Aufschrei, dass dies das Ende des Zivildienstes bedeute", sagte Tobiassen. "Nichts von dem ist eingetreten." In den Bereichen, in denen Zivieldienstleistende arbeiten, sind nur 1,8 Prozent der MitarbeiterInnen Zivis, rechnete Tobiassen vor. "Und diese Stellen werden nicht gestrichen, sondern lediglich verkürzt." Zudem könnten die geringeren Einsatzzeiten der Zivildienstleistenden problemlos durch junge Menschen ausgeglichen werden, die ein Freiwilliges Soziales Jahr antreten. "Hier kommen bisher auf jeden angebotenen Platz drei Bewerberinnen oder Bewerber", sagte Tobiassen.
Argumente, denen die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, nicht widersprechen wollte. Dennoch gab Mascher zu bedenken, dass Zivis oftmals die Aufgaben wahrgenommen haben, für die sonst keine Zeit besteht. "Ausführliche Gespräche oder ein längerer Spaziergang, das sind Dinge, die jetzt zu kurz kommen können", sagte Mascher.
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