piwik no script img

Verkehrspolitische Vorstöße der CDURein-Raus und Zwangsumarmungen

Unter ihrem Vorsitzenden Kai Wegner will die Berliner CDU das Image vom Autofahrerverein ablegen. Die Sprüche dazu sind allerdings noch etwas gestrig.

Hat's verkehrstechnisch drauf: CDU-Chef Kai Wegner Foto: dpa

Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine kleine PR-Agentur, aber nicht allzu viele zündende Ideen. Wenn jetzt eine Partei zu Ihnen käme, die einen griffigen Spruch zum Thema „Verkehr“ benötigt, was würden Sie da … na? Verkehr? Oho! Ja, vermutlich würden Sie so etwas texten, wie es die Berliner CDU gerade als GIF in den Sozialen Medien rausgehauen hat: „Berliner Pendler: 320.000 Mal rein und raus und kein bisschen Spaß beim Verkehr.“ Dazu ein Autochen mit Gesicht, das erst lacht und dann nicht mehr.

„Anzüglich“ nannte man früher solche Späße, und auch wenn der Slogan nicht im engeren Sinne sexistisch ist (oder doch, weil männliche Perspektive? Nachdenksmiley), müssen sich die Christdemokraten nicht über den vielstimmigen Spott wundern. Ein grüner Twitterer baute gleich ein paar Fake-CDU-Banner mit ähnlichem Tiefgang: „Mein Auto ist genau wie ich: Es raucht, es säuft, und manchmal bumst es auch!“

Schon vor ein paar Tagen kicherte das Netz über einen CDU-Slogan zum Thema Elektroroller: „#Escooter sind toll – wenn Leute nicht rasen wie auf“ – Achtung, festhalten – „LSD.“ Nicht gerade die Droge, die einem außerhalb der größten Berliner Oppositionspartei als erste einfällt, wenn es um rücksichtslose Geschwindigkeit geht. Aber geschenkt.

Schließlich ist positiv hervorzuheben, dass sich der Parteivorstand unter Kai Wegner zuletzt redlich Mühe gegeben hat, das alte Image vom Autofahrerverein aufzulockern. Bei der digitalen Mitgliederkonferenz, auf der am vergangenen Wochenende das Thema Mobilität im Mittelpunkt stand, hatte Wegner neben mehr U-Bahn-Kilometern auch sicherere Radwege gefordert, die Menschen dazu animierten, das Auto künftig mal stehen zu lassen – was seine Partei freilich nicht davon abhält, Stimmung gegen die „Pop-up-Bikelanes“ in einigen Bezirken zu machen.

Jetzt haben sich Wegner und Co. aber auf das „Zwangsticket“ eingeschossen: Zwar ist die allgemeine ÖPNV-Abgabe bislang nicht mehr als ein mögliches Finanzierungsmodell in einer von der rot-rot-grünen Koalition bestellten und noch nicht einmal veröffentlichten Studie – neben Abgaben für ÖPNV-Nutznießer wie Unternehmen und einer City-Maut.

Jetzt doch das 365-Euro-Ticket?

Aber Wegner nutzt die Vorlage dankbar, um einen Keil in die verkehrspolitisch wenig geschlossenen rot-rot-grünen Reihen zu treiben: Er finde ja ein 365-Euro-Ticket ganz gut, sagte er zuletzt in der RBB-Abendschau – weil genau diese Idee des Regierenden Bürgermeisters von besagter Studie nicht vorgeschlagen wird.

Selbst RadfahrerInnen werden von Wegner zwangsumarmt: „Sie werden zusätzlich belastet und erhalten mit dem Zwangsticket einen Anreiz, auf das Fahrrad zu verzichten“, teilte der frischgebackene Verkehrsexperte mit. Vielleicht sollte er sich irgendwann doch mal mit ein paar dieser verrückten „Drahtesel“-BesitzerInnen treffen. Und sie fragen, ob er mit dieser Prognose wirklich richtig liegt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • G
    Gast

    Das ist ja auch eine ganz schlaue Strategie, als CDU denjenigen Vorschlag des RegB vorzuschlagen, den die R2G-Studie nicht empfiehlt. So kann man natürlich erst recht sicherstellen, dass die anderen Vorschläge der Studie mehr Auftrieb gewinnen. oder glaubt er tatsächlich, dass Senat am Ende sagt "Wenn der von der CDU das empfiehlt, dann muss es ja das richtige sein!" ... hätte es die CDU nicht verdient, müsste man um sie weinen... #niemehrCDU