Verhinderte Anschläge: Welche Strafe den Verdächtigen droht

Nach den Festnahmen im Sauerland: taz.de beantwortet die wichtigsten Fragen über die Terrorverdächtigen, das Bombenmaterial und die Fahndung nach Hintermännern.

Haftstrafe bis zu zehn Jahren: Beamte bringen Verdächtigen zum Bundesgerichtshof Bild: dpa

Was weiß man über die Festgenommenen?

Der 28-jährige Ulmer Fritz Martin G. soll Rädelsführer der Gruppe sein. Nach Angaben der Ulmer Südwestpresse studierte er im achten Semester Wirtschaftsingenieurwesen. G. war in Ulm aufgewachsen und mit 18 Jahren zum Islam übergetreten. Im Januar hat er eine Deutsche türkischer Abstammung geheiratet, die er im Vorjahr in einer Ulmer Moschee kennengelernt hatte. Er war Mitglied des Islamischen Informationszentrums Ulm, ein früheres Ermittlungsverfahren gegen ihn war eingestellt worden.

Der 21-jährige Daniel S. aus Neunkirchen war vor drei Jahren zum Islam konvertiert. Er lebte nach Angaben der Süddeutschen Zeitung anschließend zweitweise in Ägypten, wo er Arabisch lernte. Später ging er nach Pakistan, wo er wie G. im Vorjahr eine Terrorausbildung erhielt. Im Februar 2007 kam er nach Deutschland zurück, angeblich um sein Fachabitur zu machen. Nach Darstellung der Agentur ddp wohnte er in Neunkirchen in einem Haus, das auch die Moschee "Omar" beherbergt. Die Moschee soll mit den Terrorplänen aber nichts zu tun haben. Über den 28-jährigen Türken Adem Y. ist am wenigsten aus dem Trio bekannt. Er lebte in Langen bei Frankfurt und ist weitgehend in Deutschland aufgewachsen.

Welche Strafe droht den Festgenommenen?

Gegen alle drei wird wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Sie sollen zugleich Mitglied der ausländischen Vereinigung Islamic Jihad Union (IJU) gewesen sein, wie auch einer deutschen Zelle der IJU. Der Ermittlungsrichter hat Haftbefehle erlassen, weil dringender Tatverdacht besteht. Ihnen drohen Haftstrafen zwischen einem und zehn Jahren. Fritz G., der nicht nur Mitglied, sondern "Rädelsführer" der Gruppe gewesen sein soll, droht eine Mindeststrafe von drei Jahren. Da die geplanten Sprengstoffanschläge selbst noch nicht das Versuchsstadium erreicht haben, ist keine Anklage wegen versuchten Mordes möglich. Möglicherweise hat einer der drei bei der Festnahme versucht, einen Polizisten zu erschießen, das wäre zumindest versuchter Totschlag.

Gegen wen wird derzeit noch gefahndet?

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft (BAW) wird derzeit gegen sieben weitere Personen im Zusammenhang mit der UJU ermittelt. Es soll sich um Deutsche, Türken und andere Staatsangehörige handeln. Zwei davon sollen sich im Ausland aufhalten, von ihnen kennt die BAW auch nur die Aliasnamen. In keinem Fall besteht dringender Tatverdacht. Deshalb bestehen derzeit keine weiteren Haftbefehle. Die Beschuldigten hatten sich vor allem dadurch verdächtig gemacht, dass sie zwölf Fässer Wasserstoffperoxid kauften.

Wie können daraus Bomben entstehen?

Durch Zugabe von Säuren und Aceton kann daraus der Sprengstoff Acetonperoxid, auch Apex genannt, hergestellt werden. Bekannt ist vor allem die Untergruppe Triaceton-triperoxid (TATP). Die einzelnen Bestandteile sind frei erhältlich. Bauanleitungen für derartige Bomben stehen im Internet. TATP wird bei den meisten Selbstmordattentaten in Israel benutzt und war auch bei den Anschlägen auf die Londoner U-Bahn 2006 im Einsatz, als 60 Menschen starben.

Das Gemisch ist in seiner Handhabung hochgradig gefährlich. Schon das Blitzlicht einer Kamera oder ein "Fall" aus drei Zentimeter Höhe können zur Explosion führen.

Tatsächlich waren die drei Bombenbastler, die Polizisten und die Nachbarn nicht in Gefahr, da die Polizei bereits im Juli das gekaufte hochkonzentrierte Wasserstoffperoxid am Lagerort gegen eine niederkonzentrierte Lösung der gleichen Chemikalie ausgetauscht hatte.

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