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Verhandlungen zu UN-LieferkettengesetzEU macht nicht mit

Kommentar von Leila van Rinsum

Die EU blockiert regelmäßig Initiativen aus dem Globalen Süden bei den Vereinten Nationen. Die Länder wollen bei globalen Regeln mit am Tisch sitzen.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim G20 Compact with Africa Gipfel. Die Agenda wird in geschlossenen Foren gesetzt Foto: Sean Gallup/epa

P artnerschaftlich“, „auf Augenhöhe“, „wertebasiert“: In den Beziehungen zum Globalen Süden bemüht sich die EU stets um hochtrabende Worte, und seien sie noch so ausgelutscht. In der Realität sieht das allerdings oft anders aus: Gemeinsam mit ihren westlichen Partnern möchte die EU globale Regeln bestimmen in Foren, in denen sie den Ton angeben. So blockiert die EU auf dem einzigen internationalen Forum, wo fast alle Staaten vertreten sind – den Vereinten Nationen (UNO) – regelmäßig Initiativen aus dem Globalen Süden.

Aktuelles Beispiel: das UN-Lieferkettengesetz. Das wird in dieser Woche in Genf verhandelt, wo die EU zwar mittlerweile mitredet, aber über kein Verhandlungsmandat verfügt.

Nun wird seit zehn Jahren über ein verbindliches Abkommen verhandelt, das sich auf Wirtschaft und Menschenrechte konzentriert. Doch die Idee dazu ist schon viel älter. Bereits in den 1970er Jahren wollten die sogenannten Entwicklungsländer, die gerade ihre Unabhängigkeit erkämpft hatten, die ausbeuterischen Strukturen transnationaler Unternehmen adressieren.

Sie wollten ihre eigenen Märkte vor billigen Importen schützen, betonten aber auch die weitreichenden Folgen der Operationen Transnationaler Unternehmen für ihre Umwelt und die Menschenrechte. Schon damals blockierten die Industriestaaten aus dem Globalen Norden das Vorhaben.

EU blockiert auch Verhandlungen zu Steuerabkommen und Verfahren zu Schulden

Die jüngsten Argumente der EU gegen eine Beteiligung sind mittlerweile alle vom Tisch, etwa, dass sich nicht genug wichtige Staaten am Prozess beteiligten. Selbst die USA und Australien machen jetzt mit. Und die EU hat dieses Jahr ein eigenes Lieferkettengesetz verabschiedet, auch das war ein Einwand, um mit der Beteiligung zu warten.

Das UN-Lieferkettengesetz ist nicht der einzige Fall, bei dem die EU die Hoheit über globale Regeln behalten will. Zusammen mit den USA hat sie sich gegen ein globales Steuerabkommen auf UN-Ebene gewehrt. Denn bislang bestimmt die Organisation der Industriestaaten, die OECD, die Regeln. Zuletzt hat sich die EU zumindest zum Beschluss enthalten.

Ähnlich zurückhaltend agiert die EU auf den Vorstoß einiger Länder aus dem Globalen Süden, einen Rahmen zur Restrukturierung von Schulden in der UNO zu verhandeln. Denn bei den G20, wo es seit 2020 den Versuch gibt das zu regeln, können sie nicht mitreden.

Demokratische Foren, wo auch die ärmeren Staaten – und ihre Zivilgesellschaften – eine Stimme haben, zu blockieren ist nicht partnerschaftlich, auf Augenhöhe oder wertebasiert.

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Wirtschaftsredakteurin
ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft & Umwelt. Dort schreibt sie über Internationalen Handel und Entwicklungspolitik. Sie war zuvor freie Journalistin in Nairobi und Berlin und schrieb über Nord-Süd Beziehungen, Kapitalismus und Queeres.
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3 Kommentare

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  • Die EU ist im Grundsatz ein Segen für uns alle. Für wirklich alle? Für die Gegenparts der sogenannten "Frei"-Handelsverträge nicht. Für die breite Schicht der Arbeitnehmer*innen in der EU auch nicht. Für Klimaverteidiger*innen ganz sicher überhaupt nicht! Für wen denn dann? Für Konzerne und starke Lobbyverbände. Und da wollen unsere damaligen (??) Kolonien auch noch dreinquatschen? Was die sich wohl vorstellen?

  • Tja so ist das mit der Achtung von Menschenrechten und Demokratie durch die EU - global gesehen.



    Dann darf man sich aber auch nicht empören, wenn die Hälfte der Welt nur noch mit den Schultern zuckt, wenn man in den Kampf für "unsere westlichen Werte" zieht - und Solidarität einfordert.

  • "partnerschaftlich, auf Augenhöhe, wertebasiert" sind alles hohle Phrasen.

    Am besten noch "demokratiefördernd" .

    Jeder Staat ist in erster Hinsicht auf den eigenen Vorteil bedacht.

    Das gilt somit auch für Staatenbünde wie die EU.

    Alles andere spielt in der Realpolitik eine untergeordnete Rolle.

    Nur in Reden und in der Selbstdarstellung ist es genau anders herum.

    Das ist auch einer der Gründe für die erneute Wahl Trumps, denn der sagt wenigstens was er denkt.