Verhandlungen über TTIP: Frankreichs Ultimatum
Vor der nächsten Runde fordert Paris Zugeständnisse von den USA. Ohne Investitionsgerichtshof sei das TTIP-Abkommen nicht akzeptabel.
Die anderen Delegationen in Europa und in Übersee dürften darum nicht überrascht sein. Nicht in allen EU-Staaten wird der Vorstoß aber gleich geschätzt. Die meisten Regierungen auf dem Alten Kontinent teilen zumindest die Einschätzung, dass Europa bereits viele Vorschläge gemacht hat und dass nun die USA vor dem Beginn der neuen Runde an der Reihe seien, in den strittigen Punkten die Bereitschaft zu einem Entgegenkommen zu zeigen.
Alle wissen auch, dass für die Regierung Obama die Zeit für einen positiven Abschluss knapp wird. Das ist ein Handicap für die gegenwärtige Verhandlungsdelegation aus Washington, es könnte aber auch bedeuten, dass das TTIP wegen der Wahltermine in den USA scheitern oder zumindest bis auf Weiteres aufs Eis gelegt werden könnte – was nicht alle in Europa begrüßen würden.
Fekl stellt der Regierung Obama dennoch eine Art Ultimatum: „Wenn es beim Zugang zu den öffentlichen Märkten in den USA, bei geschützten geografischen Herkunftsbezeichnungen und beim Investitionsgericht kein Entgegenkommen (der US-Regierung) gibt, dann stellt sich die Frage, warum überhaupt noch verhandelt wird“, sagte Fekl. Ohne den von der EU vorgeschlagenen Investitionsgerichtshof könne Frankreich das Abkommen nicht akzeptieren. Einen faulen Kompromiss oder ein „Light“-TTIP lehne Frankreich ab.
Es geht dem französischen Staatssekretär (er gilt als enger Vertrauter von Präsident Hollande und hat ebenso viel Gewicht wie ein Minister) nicht nur darum, aus Taktik die Gegenseite zum Einlenken zu bewegen, sondern auch darum, einer gegenüber dem TTIP skeptischen Öffentlichkeit in Frankreich und Europa zu zeigen, dass Paris nicht gewillt ist, für ein Linsengericht schwerwiegende Konzessionen zu machen. Der unterschwellige Antiamerikanismus kommt in Frankreich ohnehin gut an.
Die Drohung mit dem Verhandlungsabbruch muss zudem aufgrund historischer Präzedenzfälle ernst genommen werden. Die Amerikaner sollten nicht vergessen, dass Frankreich unter General de Gaulle schon mal schmollend aus dem Nato-Kommando ausgetreten war. Am Widerstand Frankreichs war zudem in den 90er Jahren bereits das Multilaterale Investitionsabkommen (MIA) gescheitert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“