Verhandlungen in Berlin: Klimapolitik unter neuen Vorzeichen
Der Petersberger Klimadialog in Berlin wird überschattet von Trump und der eskalierenden Erderhitzung. Baerbock hofft auf ökonomische Kipppunkte.

Dazu gebe es keine Alternative, sagte der designierte Präsident der nächsten Weltklimakonferenz André Corrêa do Lago auf dem Petersberger Klimadialog, wo am Dienstag und Mittwoch die Länder der Welt über den Weg zu mehr Klimaschutz verhandelten. „Die nächste Weltklimakonferenz kann dann als Erfolg gelten, wenn sie den Multilateralismus stärkt“, sagte er.
„Klimapolitik ist knallharte Sicherheitspolitik“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Die Klimakrise gefährde Leben und befeuere Konflikte. „Aber das heißt auch, dass jedes Zehntelgrad weniger die Welt sicherer macht.“
Auf der nächsten Weltklimakonferenz, die im brasilianischen Belem stattfindet, müssten „die in Dubai vereinbarten Ziele“ vorangebracht werden, sagte Baerbock, unter anderem ein Entwaldungsstopp und die Abkehr von den fossilen Brennstoffen.
Sie überging damit die weniger ambitionierten Ergebnisse der Klimakonferenz 2024 in Baku, wo die in Dubai vereinbarte Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht mehr in der Abschlusserklärung vorkam.
„Zwei kritische Fronten“
Mit Blick auf die USA warnte Baerbock davor, die damit verbundenen Rückschläge der Klimapolitik schönzureden. Es seien aber ökonomische Kipppunkte eingetreten, sodass „manches nicht mehr zurückdrehbar“ sei, weil erneuerbare Energien schlicht billiger als fossile Brennstoffe sind. „Wenn die USA außen vor bleiben wollen, machen wir deutlich, dass wir die Chancen nutzen wollen, die sich präsentieren, nicht nur in Europa, sondern auch in Lateinamerika und Afrika.“
UN-Generalsekretär António Guterres sieht „zwei kritische Fronten“ bei den Klimaverhandlungen in diesem Jahr: Zunächst müssten alle Länder ihre Klimaziele für 2035, die sogenannten Nationally Determined Contributions (NDCs), einreichen, denn „Investoren brauchen Sicherheit und Berechenbarkeit“. Diese Ziele dürften nicht hinter den bis 2030 vereinbarten NDCs zurückbleiben: „Jeder, wirklich jeder muss mehr tun.“
Außerdem müsse es einen „glaubwürdigen“ Pfad zu den 1,3 Billionen Dollar Klimafinanzierung geben, die im vergangenen November in Baku vereinbart wurden. Dazu muss die amtierende Weltklimakonferenz-Präsidentschaft aus Aserbaidschan gemeinsam mit den Brasilianer*innen einen Bericht vorlegen, über den auf der nächsten Weltklimakonferenz verhandelt werden kann.
Zu Inhalten dieses Berichts wollte sich André Corrêa do Lago nicht äußern. Eine Abgabe auf die klimaschädliche See- und Luftfahrtbranche oder die Öl- und Gas-Förderung erwähnte er auch auf Nachfrage nicht, obwohl sie in den vergangenen Jahren mehrfach bei Verhandlungen aufkam.
Zivilgesellschaft soll mehr Druck machen
Der Brasilianer kündigte allerdings an, in Belem zivilgesellschaftliche Organisationen mehr Druck auf die Verhandlungen ausüben zu lassen, auch auf Betreiben des brasilianischen Präsidenten Lula da Silva.
Das markiert einen Bruch mit den Konferenzen der vergangenen Jahre, die in Aserbaidschan, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfanden. Dort klagten Aktivist*innen und NGOs über Repressionen und Sorge um ihre Sicherheit.
Wie die Gastgeber der vergangenen Jahre ist aber auch Brasilien ein Land, in dem viel Erdöl und -gas gefördert wird. „Wir wollen transparent und offen damit umgehen“, sagte Corrêa do Lago. Auch dass der Veranstaltungsort Belem wenige Hotels, schlechte Infrastruktur und soziale Konflikte hat, solle den Delegierten vor Augen führen, mit welchen Problemen Entwicklungsländer im Kampf gegen den Klimawandel konfrontiert sind.
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