Vergewaltigung im Strafrecht: „Maas kann sich nicht wegducken“

Die Grünen fordern den Justizminister mit einem Antrag auf, Vergewaltigung im Strafrecht klarer zu definieren. Die Union ist offen dafür.

Ein wegen Vergewaltigung angeklagter Mann sitzt in Dortmund vor Gericht. Bild: dpa

BERLIN taz | Im Bundestag mehren sich die Stimmen, die das Justizministerium auffordern, den Vergewaltigungsparagrafen im Strafrecht zu verschärfen. Die Grünen-Fraktion will einen Antrag einbringen, der die schwarz-rote Regierung auffordert, Artikel 36 der Istanbul-Konvention des Europarats umzusetzen und bestehende Strafbarkeitslücken bei sexueller Gewalt zu schließen.

„Auch Fachleute vom Deutschen Institut für Menschenrechte und dem Deutschen Juristinnenbund sehen hier Handlungsbedarf“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws. „Justizminister Heiko Maas kann sich nicht wegducken.“

Im jetzigen Strafrecht muss eine Vergewaltigung mit Zwang oder Drohungen durchgesetzt werden oder eine „schutzlose Lage“ des Opfers ausgenutzt werden. Die Grünen erklären nun, damit würden Fälle nicht geahndet, in denen das Opfer mit Worten widerspreche, aus Angst erstarrt sei und sich nicht wehre, körperlichen Widerstand als aussichtslos erachte oder weitere Verletzungen befürchte.

„Das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung wird damit nicht voraussetzungslos geschützt“, stellen die Grünen in dem Antrag fest, der der taz vorliegt. Stattdessen müsse es aktiv verteidigt werden. Den voraussetzungslosen Schutz verlangt aber die Europaratskonvention, die Deutschland im Jahr 2011 unterzeichnet hat.

Das Justizministerium hat zwar den Entwurf einer Novelle des Sexualstrafrechts vorgelegt, den Vergewaltigungs-Paragrafen 177 dabei aber nicht angetastet. Die Grünen-Fraktion fordert die Regierung nun auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den entsprechenden Artikel 36 der Konvention umsetze.

Auch die Linke fordert die Regierung zum Handeln auf. Sogar der Koalitionspartner sieht in Maas’ Gesetzentwurf eine Lücke: Elisabeth Winkelmeier-Becker, rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, hatte dem ARD-Magazin „Kontraste“ kürzlich gesagt: „Es kann nicht sein, dass bei einem Fall, in dem klar ist, dass das Verhalten des Täters dem Willen des Opfers widerspricht, der Täter ohne Strafe ausgeht und dem Opfer auch noch der Vorwurf gemacht wird, es hätte sich anders verhalten sollen.“

Nach einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen werden in Deutschland immer weniger Vergewaltiger verurteilt: Vor 20 Jahren hätten 21,6 Prozent der Frauen, die Anzeige erstatteten, die Verurteilung des Täters erlebt – 2012 seien es noch 8,4 Prozent gewesen. Eine Ursache sieht Direktor Christian Pfeiffer in der Rechtsprechung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.