Vergabe des Europäischen Filmpreises: Freundlich winkt die Ehefrau

Wer Glamour sucht, schaut besser nicht auf die Verleihung des Europäischen Filmpreises. Aber die ausgezeichneten Filme sind gut.

Keine Statements für die Öffentlichkeit: Triers Frau Bente Frøge holt seine Trophäen ab. Bild: dpa

Als Lars von Trier vor acht Jahren den Europäischen Filmpreis in der Kategorie "Beste Regie" für seinen Spielfilm "Dogville" erhielt, fuhr er nicht nach Berlin. Stattdessen grüßte er die Gäste, unter ihnen so illustre Persönlichkeiten wie Jeanne Moreau, Isabelle Huppert und Claude Chabrol, per Videoeinspielung.

Es war deshalb wie ein Déjà-vu, dass Lars von Trier am Samstagabend nicht bei der Gala im Berliner Tempodrom zugegen war, obwohl "Melancholia" als bester Film ausgezeichnet wurde und zudem den Preis für die beste Kamera und das beste Setdesign erhielt. Diesmal schickte er kein Video, sondern seine Ehefrau Bente Frøge Trier. "Er sagte, er habe keine Botschaft für Sie", sagte sie, "weil er beschlossen hat, keine Statements mehr abzugeben." Aber sie solle dem Publikum freundlich zuwinken.

Das war sympathisch, wenn auch durch einen stilistischen Fauxpas getrübt: Triers schwarzes Kleid wurde von einer leuchtend roten, fast den Boden berührenden Stola umspielt, die sich an den Rändern wellte wie Krepppapier, sodass man sie sich gut als Dekoration bei einem Kindergeburtstag hätte vorstellen können.

Bester Film: "Melancholia"von Lars von Trier

Beste Regie: Susanne Bier ("In einer besseren Welt")

Beste Schauspielerin: Tilda Swinton ("We need to talk about Kevin")

Bester Schauspiler: Colin Firth ("The Kings Speech"

Bestes Drehbuch: Jean-Pierre und Luc Dardenne ("Der Junge mit dem Fahrrad")

Beste Kamera: Manuel Alberto Claro ( "Melancholia")

Bester Schnitt; Tariq Anwar ("The Kings Speech")

Bester Dokumentarfilm: "Pina" von Wim Wenders

Bester Animationsfilm: "Chico & Rita" von Fernando Trueba, Javier Mariscal, Tono Errando

Ehrenpreise: Michel Piccoli, Stephen Frears für sein Lebenswerk, Mads Mikkelsen für seinen Beitrag zum Weltkino

Das wäre nicht weiter der Rede wert, machte es nicht auf einen entscheidenden Mangel aufmerksam: Wer nach Glamour, Esprit und Eleganz sucht, wird bei den European Film Awards nicht glücklich. Die Redner, allen voran der deutsche Kulturstaatsminister Bernd Neumann, mochten sich viel Mühe geben, die gegenwärtige Eurokrise vergessen zu machen und das "Europa der Herzen" zu beschwören, doch sie ließen dabei die Verve vermissen, die es gebraucht hätte, damit man ihnen Glauben schenkt.

Schon anderswo prämiert

Die Gala schleppte sich länger als bei solchen Veranstaltungen ohnehin üblich hin. Anke Engelke machte als Moderatorin keine allzu gute Figur, bat zum Beispiel die französische Schauspielerin Sylvie Testud im falschen Augenblick auf die Bühne, absolvierte eher peinliche Übungen zur Aussprache des englischen "th" und rangelte in gespielter Zickigkeit mit Nina Hoss oder Heike Makatsch. Schön war ihr erster Auftritt, als sie in einem Brautkleid, das dem von Kirsten Dunst in "Melancholia" nachempfunden war, tat, als könne sie sich nicht von der Stelle bewegen.

Viele Witze zielten auf die Schärfe und Schlagfertigkeit der Screwball Comedy, schafften es aber nur bis zur passiven Aggressivität, und die Momente, in denen so etwas wie Ehrfurcht aufkam, waren rar - etwa als Michel Piccoli einen Ehrenpreis entgegennahm oder als Nina Hoss bei ihrer Vorstellung von "Melancholia" sagte, dass sie diesen Film wirklich liebe.

Die Akademiemitglieder favorisierten Filme, die schon anderswo mit Preisen bedacht wurden; Tom Hoopers Film "The Kings Speech" etwa hat im Februar vier Oscars erhalten und darf sich jetzt noch einmal über drei Auszeichnungen freuen; "In a Better World" von Susanne Bier erhielt am Samstag den Preis für die beste Regie, im Februar den Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film, und "Le Gamin au vélo" der Brüder Dardenne bekam in Cannes den Großen Preis der Jury und nun den Preis fürs beste Drehbuch. Vermutlich ist es naiv, sich zu wünschen, dass die Mehrheitsentscheidung einer Akademie auch einmal etwas Sperriges wie "The Turin Horse" von Béla Tarr belohnen könnte - aber schön wärs doch gewesen!

So war dann das beste Argument für diesen Abend die gute Laune bei der an die Gala anschließenden Party. Der Hamburger Schauspieler Adam Bousdoukos und ein Kumpel sorgten am DJ-Pult mit einer eingängigen Mischung aus Bukovina Beats, den größten Hits der 80er und türkischem Dance-Pop dafür, dass die Tanzfläche noch morgens um halb fünf voll war und die Berichterstatterin sich unausgeschlafen und mit müden Füßen, aber bester Dinge an den Schreibtisch setzte.

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