Verfassungsschutzreform in Niedersachsen: Comeback der V-Leute
Niedersachsen re-reformiert sein Verfassungsschutzgesetz. Der Dienst soll künftig 14-Jährige beobachten und verstärkt auf bezahlte Informanten setzen.
![Innenminister Boris Pistorius bei der Kabinetts-Pressekonferenz in Hannover. Nur der obere Teil des Kopfes ist zu sehen Innenminister Boris Pistorius bei der Kabinetts-Pressekonferenz in Hannover. Nur der obere Teil des Kopfes ist zu sehen](https://taz.de/picture/4360643/14/pistorius_dpa-1.jpeg)
Die wesentlichsten Änderungen: Der Einsatz von V-Leuten soll wieder leichter möglich sein. Und die Daten von Minderjährigen will Pistorius schon ab dem Alter von 14 Jahren speichern, statt bisher ab 16 Jahren.
Außerdem werden die Regelungen in zwei Punkten an die des Bundes angepasst: Dann könnten auch in Niedersachsen Kontostammdaten abgefragt werden – und Bürger, die selbst neugierig sind und wissen möchten, was der Verfassungsschutz über sie gespeichert hat, müssen ihr Interesse an dieser Auskunft begründen, beziehungsweise darlegen, weshalb sie glauben, ins Visier des Geheimdienstes geraten zu sein.
Die Opposition hat den Vorstoß des rot-schwarzen Kabinetts scharf kritisiert. Von einer „Rolle rückwärts“ sprach Innenexperte Helge Limburg (Grüne). „Erst vor wenigen Jahren wurde der Einsatz von V-Leuten, also von bezahlten Verfassungsfeinden, in Niedersachsen gesetzlich deutlich eingeschränkt. Das war auch eine Lehre aus dem Staatsversagen rund um den NSU.“
Und Minderjährige mit verfassungsfeindlichen Ansichten seien wohl eher ein Fall für die Jugendhilfe, sagt Limburg. Die Landesregierung verweist hier auf den Fall Safia S., die als 15-Jährige einen Polizisten im Hauptbahnhof niedergestochen hatte. Sie hatte allerdings vorher durchaus unter Beobachtung des Verfassungsschutzes gestanden.
Auch FDP-Fraktionschef Stefan Birkner meint: „Die Arbeit des Verfassungsschutzes leidet nicht unter mangelnden gesetzlichen Befugnissen, sondern unter organisatorischen und personellen Defiziten.“ Erst im Juni hatte die stellvertretende Chefin gehen müssen, weil die Behörde – nicht zum ersten Mal – einräumen musste, dass sie den Falschen abgehört hatte.
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