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Verfassungsschutz und Extremismus„Identitäre“ unter Beobachtung

Die rechte „Identitäre Bewegung“ habe sich weiter radikalisiert, sagt Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Damit rückt sie nun ins Visier seiner Behörde.

Die Gruppe steht bereits in einigen Bundesländern unter Beobachtung Foto: dpa

Berlin dpa | Die rechte „Identitäre Bewegung“ ist ins Visier von Verfassungsschützern des Bundes gerückt. Nach mehreren Landesämtern hat auch das Bundesamt für Verfassungsschutz die Gruppe unter Beobachtung gestellt. „Wir sehen bei der ‚Identitären Bewegung‘ Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“, sagte Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Insbesondere in der Anti-Asyl-Agitation im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise habe sich eine weitere Radikalisierung gezeigt. „So werden Zuwanderer islamischen Glaubens oder aus dem Nahen Osten in extremistischer Weise diffamiert. Deshalb beobachten wir die Bewegung nun auch.“

Die „Identitäre Bewegung“ ist eine Gruppierung mit französischen Wurzeln, die seit 2012 auch in Deutschland aktiv ist. Sie wendet sich gegen „Multikulti-Wahn“, „unkontrollierte Massenzuwanderung“ und den „Verlust der eigenen Identität durch Überfremdung“. Verfassungsschützer in neun Bundesländern – Bremen, Bayern, Hessen, Berlin, Baden-Württemberg, NRW, Niedersachsen, Sachsen und Thüringen – beobachten die „Identitären“ bereits. Maaßen sagte, seine Behörde habe sich bei der Entscheidung eng mit den Landesämtern abgestimmt.

Maaßen: Propaganda mit jugendgerechter Sprache

„Gruppen wie die ‚Identitäre Bewegung‘ versuchen, ihre Zielgruppe da abzuholen, wo sie steht“, sagte der Verfassungsschutzchef. „Generell versuchen Extremisten, sie mit jugendgerechter Sprache anzusprechen, oftmals mit poppiger Musik.“ Das täten Islamisten ebenso wie Rechtsextremisten. „Das ist keine betuliche Werbung für die eigene Sache. Die Propaganda soll die Leute emotional ansprechen. Junge Leute sind da in besonderer Weise anfällig. Das ist gefährlich.“

Zuletzt hatte es aus mehreren Bundesländern Berichte über Kontakte der „Identitären Bewegung“ zu Politikern der AfD gegeben. Maaßen sagte, dazu habe er keine Erkenntnisse. Für den Verfassungsschutz seien mögliche Kontakte dieser Art erst ab einem bestimmten Zeitpunkt relevant. „Es kommt darauf an, ob die jeweilige Partei – in diesem Fall die AfD – durch bestimmte Personen, die extremistisch sind, ihre Zielrichtung ändert und so extremistisch wird. Ausschlaggebend ist also, ob solche Personen steuernden Einfluss auf die Partei haben.“ Dies sei nicht erkennbar.

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3 Kommentare

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  • "Junge Leute sind da in besonderer Weise anfällig. Das ist gefährlich.", sagt der Mann vom Verfassungsschutz. Ja, aber nur, wenn der eigene Papa oder/und die Mama nicht weiter kommen mit Arbeit und Geldverdienen, wenn sie immer der Looser sind. Da ist eben Politik gefragt. Und die "zivilgesellschaftliche Kritik" eben.

  • Die Verfassungsschutzbehörden führen temporäre Hausbesetzung von Aktivisten gegen die aktuelle Wohnungspolitik oder Demonstrationen gegen Naziaufmärsche in Provinzstädten in ihren Berichten auf. Warum hier die freiheitliche Grundordnung gefährdet ist erfährt man dort nicht. Auf die Idee, dass mit zivilgesellschaftlicher Kritik gegen Faschismus die Verfassung geschützt wird kommt der Verfassungsschutz nicht.

     

    Neofaschistische Bewegungen erkennt man dagegen immer erst sehr spät. Wenn Demagogen wie Höcke die Sprache und die Agitation der NPD und der extremen Rechten innerhalb der AfD fortführen verteidigen Verfassungsschützer bisher noch die Verfassungstreue dieser Personen.

    • @clarafcks:

      Ein Blick in die Geschichte der Verfassungsschutzbehörden und schnell ist klar welche Grundordnung dort favorisiert wird.